Entscheidungsstichwort (Thema)

AGB. Befristung. Blue-Pencil-Test. Probezeit. Probezeit und Befristung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine arbeitsvertraglich vereinbarte Probezeit, die genauso lange dauert wie aufgrund der zugleich vereinbarten Befristung das Arbeitsverhältnis selbst, stellt keine Umgehung des § 14 TzBfG dar. Die Vereinbarung einer Probezeit mit Kündigungsmöglichkeit neben der Vereinbarung einer Befristung ist ebenfalls zulässig.

2. Die gleichzeitige Vereinbarung einer Befristung und einer entsprechend langen Probezeit mit Kündigungsmöglichkeit benachteiligt den Arbeitnehmer nicht unangemessen.

3. Die Unwirksamkeit eines Klauselteils führt nicht zur Unwirksamkeit des restlichen Inhalts der Klausel, wenn der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist (sog. „Blue-Pencil-Test”).

 

Normenkette

BGB § 307 ff., § 622 Abs. 3; TzBfG § 14 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 26.02.2009; Aktenzeichen 8 Ca 1666/08)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.02.2009, Az.: 8 Ca 1666/08 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 26.05.2008 erst mit Ablauf des 30.06.2008 oder aber in Anwendung der arbeitsvertraglich vereinbarten Probezeit bereits mit Ablauf des 11.06.2008 geendet hat. Ferner begehrt der Kläger die Zahlung weiteren Gehalts für den Monat Juni 2008 in Höhe von 824,60 EUR nebst Zinsen. Der (Formular-)Arbeitsvertrag der Parteien vom 17.01.2008 sieht u. a. vor:

„§ 1 Beginn des Arbeitsverhältnisses / Tätigkeit

Herr J. wird mit Wirkung ab dem 17.01.2008 (Vertragsbeginn) als Verpacker/in eingestellt.

§ 9 Probezeit / Kündigungen

Die ersten 6 Monate des Anstellungsverhältnisses gelten als Probezeit. Während der Probezeit können beide Parteien den Anstellungsvertrag kündigen. In der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist während der ersten zwei Wochen einen Werktag, bis zum Ende des ersten Monats zwei Werktage, während des zweiten Monats drei Werktage, danach bis zum Ende des dritten Monats eine Woche, vom vierten bis sechsten Monat zwei Wochen. Nach der Probezeit gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen.”

Zur weiteren Darstellung des unstreitigen Sachverhalts sowie des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird im Übrigen Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.02.2009, Az: 8 Ca 1666/08 (Bl. 102 ff. d. A.). Soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, hat das Arbeitsgericht insoweit durch so genanntes unechtes Versäumnisurteil die Klage mit den Anträgen

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 26.05.2008, zugegangen am 28.05.2008, nicht sein Ende gefunden, sondern zu unveränderten Bedingungen bis zum 30.06.2008 fortbesteht;

2 …

e) Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weiteres Gehalt für den Monat Juni 2008 in Höhe von 1.302,00 EUR nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.08.2008 zu bezahlen,

abgewiesen. Zur Begründung dieser Klageabweisung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen und zusammengefasst ausgeführt:

Das Arbeitsverhältnis des Klägers habe aufgrund der ordentlichen, innerhalb der Probezeit ausgesprochenen Kündigung vom 26.05.2008 in Wahrung der während der Probezeit geltenden Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB zum 11.06.2008 seine Beendigung gefunden. Dem stehe die gleichfalls vereinbarte Befristung nicht entgegen. Die Vereinbarung einer Probezeit hänge außer von der Einhaltung der in § 622 Abs. 3 BGB vorgegebenen Höchstgrenze von sechs Monaten von keinen weiteren Voraussetzungen ab. Gegen eine weitere Einschränkung der Probezeitvereinbarung bei befristeten Arbeitsverträgen je nach vereinbarter Befristungsdauer spreche bereits der Zweck der Probezeit. Der Arbeitgeber solle während der Probezeit die Gelegenheit erhalten, den Arbeitnehmer auf seine Leistungsfähigkeit zu testen. Ebenso solle dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt werden, sein Tätigkeitsgebiet sowie sein Arbeitsumfeld näher kennenzulernen. Auch bei einem befristeten Arbeitsverhältnis bestehe ein Bedürfnis für die Überprüfung der Fähigkeiten des Arbeitnehmers. Ein Ausschöpfen der gesetzlich maximal zulässigen Probezeit von sechs Monaten bei einer Befristungsdauer des Arbeitsverhältnisses von ebenfalls sechs Monaten sei daher jedenfalls dann nicht rechtsmissbräuchlich, wenn nicht von Anfang an feststehe, dass eine Verlängerung des Arbeitsvertrages nicht in Betracht komme. Der Gleichlauf von Probezeit und Befristung könne auch nicht als einseitige Benachteiligung des Arbeitnehmers gewertet werden, weil die Vereinbarung einer Probezeit und die sich daraus ergebenden verkürzten Kündigungsmöglichkeiten gerade für beide Vertragsparteien Wirksamkeit entfalteten.

Die arbeitsvertraglichen Regelungen hielten auch einer Inhaltskontrolle nach dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen stand. Die Vereinbarung...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge