Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlen von Klageanträgen in der Berufungsbegründung. Zustandekommen von Verträgen. Auslegung von Willenserklärungen. Kein Rechtsbindungswille bei noch zu erstellendem Arbeitsvertragsentwurf

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Erklärung, inwieweit das angefochtene Urteil angefochten wird und welche Abänderungen beantragt werden, genügt es, dass sich aus dem Berufungsantrag in der Berufungsbegründung eindeutig ergibt, dass der Kläger das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts insgesamt angefochten hat und die erstinstanzlich zuletzt gestellten Klageanträge weiterverfolgt.

2. Verträge kommen durch auf den Vertragsschluss gerichtete, einander entsprechende Willenserklärungen zustande, in dem ein Angebot ("Antrag") der einen Vertragspartei gemäß den §§ 146 bis 149 BGB von der anderen Vertragspartei angenommen wird. Eine Willenserklärung ist eine Äußerung, die auf die Herbeiführung eines rechtsgeschäftlichen Erfolgs gerichtet ist.

3. Ob eine Äußerung oder ein Verhalten als Willenserklärung zu verstehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Nach den §§ 133, 157 BGB sind Willenserklärungen und Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten, wobei vom Wortlaut auszugehen ist. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen.

4. Sollte ein rechtsverbindliches Angebot erst auf der Grundlage eines noch zu erstellenden Vertragsentwurfs erfolgen, fehlt es für die Annahme eines Vorvertrags oder einer rechtsgeschäftlichen Zusage an dem erforderlichen Rechtsbindungswillen.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 145, 157, 249, 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1; DBGrG § 12 Abs. 2, 4 S. 2, Abs. 6 S. 1, § 23; ZPO § 520 Abs. 3 S. 2 Nrn. 1-2; BGB §§ 146, 149

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 27.06.2022; Aktenzeichen 8 Ca 574/21)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 27.06.2022 - 8 Ca 574/21 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  • II.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Lohn ab März 2021 und Aushändigung einer Niederschrift der wesentlichen Vertragsbedingungen des seiner Auffassung nach seit 01. März 2021 bestehenden außertariflichen Arbeitsvertrags in Anspruch. Daneben verlangt er von der Beklagten, seine unbefristete Beurlaubung gegenüber seinem Dienstherrn (Bundeseisenbahnvermögen) zu befürworten.

Der Kläger ist als Bundesbahnamtsrat Beamter auf Lebenszeit beim Bundeseisenbahnvermögen und der Beklagten als Beamter zur Dienstleistung zugewiesen worden. Anfang 2021 begangen Verhandlungen zwischen den Parteien über die Besetzung der Stelle "Projektleiter automatisierte Befundung" mit dem Kläger. Per E-Mail vom 17. Februar 2021 (Bl. 36 d. A.) wurde dem Kläger von Seiten der Beklagten Folgendes mitgeteilt:

"Guten Morgen, Herr A.,

gute Nachrichten: wir würden Sie gerne als AT-Kraft auf dem Arbeitsplatz Projektleiter automatisierte Befundung (L.CBS 32) besetzen !

Die Aktivitäten zu Ihrer AT-Besetzung laufen; der Personalvorstand hat bereits zugestimmt; die Zustimmung des BR ist noch offen.

Sobald mir alle Zustimmungen vorliegen, kann ich die weiteren Schritte zur Vertragserstellung einleiten; dies werden wir heute Mittag im Termin noch besprechen.

Um die Vorbereitungen für den Vertrag und weitere Dokumente zum 01.03. schon einmal starten zu können, möchte ich Sie bitten, noch heute das beigefügte im oberen Teil zu unterzeichnen und asap an Frau Moos weiterzuleiten, damit ich von ihr die Daten von Ihnen erhalten kann.

Bitte teilen Sie mir auch jetzt schon mit, ob Sie das Wahlmodell (6 zusätzliche Urlaubstage) für Ihre AT-Tätigkeit nutzen wollen. Dies würde dann mit einer Gehaltskürzung von 2,5 % einhergehen.

Vielen Dank."

Am 17. Februar 2021 fand ferner eine Besprechung statt, in der dem Kläger von Seiten der Beklagten mitgeteilt wurde, dass er für die Stelle des Projektleiters "automatisierte Befundung" ausgewählt sei und sowohl der Vorstand als auch der Betriebsrat der Beklagten der Besetzung der Stelle des Projektleiters mit seiner Person zugestimmt hätten. In diesem Gespräch ließ sich sein Vorgesetzter, Herr X., bestätigen, dass der Kläger sofort als Projektleiter eingesetzt werden könne. Seit dem 18. Februar 2021 ist der Kläger als "Projektleiter automatisierte Befundung" eingesetzt.

Am 18. Februar 2021 übersandte der Kläger seinem Vorgesetzten, Herrn X., den Antrag auf Beurlaubung aus dem Beamtenverhältnis an das Bundeseisenbahnvermögen (Bl. 6 d. A.). In einer weiteren Besprechung am 26. Februar 2021 wurde der Kläger von der Personalabteilung der Beklagten (Frau S.) gefragt, ob er an der Beantragung der Beurlaubung festhielte.

Per E-Mail vom 25. März 2021 (Bl. 39 d. A.) teilte der Kläger der Beklagten Folgendes mit:

"Hallo Frau S., hallo Frau N.,

seit unserem ...

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