Entscheidungsstichwort (Thema)

Tariflicher Zusatzurlaub. tarifliche Altersfreizeit für ein freigestelltes Betriebsratsmitglied. Forderung

 

Leitsatz (amtlich)

Auch einem freigestellten Betriebsratsmitglied, das seine Betriebsratsarbeit nicht während der Wechselschichtarbeitszeiten, sondern im Rahmen einer Gleichzeitregelung erledigt, kann nach § 12 Abs. 2 Ziff. 2 1. HS 1 des Manteltarifvertrages für die chemische Industrie vom 24.06.1992 ein Anspruch auf tariflichen Zusatzurlaub und nach § 2 a Ziff. 3 ein Anspruch auf wöchentliche Altersfreizeit zustehen.

 

Normenkette

BetrVG § 78 Abs. 2, § 37 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 11.06.1997; Aktenzeichen 3 Ca 398/97)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom11.06.97 Az.: 3 Ca 398/97 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Zusatzurlaub für die Zeit vom 02.03. bis 12.03.98 zu gewähren.
  2. Desweiteren wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab sofort eine wöchentliche Altersfreizeit von 2 1/2 Stunden während jener Zeiten zu gewähren, die der betrieblichen Übung entsprechen.
  3. Es wird festgestellt, daß dem Kläger während jedes Kalenderjahres ein Zusatzurlaub von 3 Tagen zusteht.
  4. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
  5. Der Kläger hat 1/6 und die Beklagte 5/6 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  6. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 14.301,00 DM festgesetzt.

II. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Der Kläger hat 1/6 und die Beklagte hat 5/6 der Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Anspruch eines freigestellten Betriebsratsmitgliedes auf Gewährung von tariflicher Altersfreizeit und tariflichem Zusatzurlaub.

Der am 06.06.1941 geborene Kläger ist seit 1959 bei der Beklagten, einem Unternehmen der chemischen Industrie, als Chemiearbeiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet, kraft beiderseitiger Verbands Zugehörigkeit, der Manteltarifvertrag für die chemische Industrie vom 24.06.1992, zuletzt geändert durch Tarifvertrag vom 18.12.1996 (im folgenden: MTV) Anwendung, der unter anderem folgende Regelungen enthält:

§ 2 a

Altersfreizeiten

1. Arbeitnehmer, die das 57. Lebensjahr vollendet haben, erhalten eine 2 1/2 stündige Altersfreizeit je Woche.

2. Die Lage der Altersfreizeiten kann zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat unter Beachtung des § 76 Abs. 6 BetrVG vereinbart werden. Vorrangig sollen Altersfreizeiten am Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag gewährt werden. Ist aus Gründen des Arbeitsablaufs eine Zusammenfassung der Altersfreizeiten zu freien Tagen erforderlich, können sich die Betriebsparteien hierauf einigen.

3. Arbeitnehmer in voll- oder teilkontinuierlicher Wechselschichtarbeit sowie Arbeitnehmer im Zweischichtbetrieb, wenn sie regelmäßig auch Spätschichten leisten, erhalten abweichend von Ziff. 1 bereits ab Vollendung des 55. Lebensjahres eine 2 1/2 stündige Altersfreizeit je Woche.

§ 12

Urlaub

I. …

II.

  1. Der Urlaub beträgt 30 Urlaubstage.
  2. Arbeitnehmer, die im Urlaubsjahr überwiegend in vollkontinuierlicher Wechselschichtarbeit eingesetzt sind und die deshalb regelmäßig nach ihrem Schichtplan Sonntagsarbeit leisten, erhalten einen Zusatzurlaub von drei Arbeitstagen.

Der Kläger arbeitete von 1959 bis 1982 bei der Beklagten in teilkontinuierlicher Wechselschicht auf der Grundlage eines 3-Schicht-Systems in der Steuerwarte der sogenannten MIAK-Zentrale. Im Jahr 1982 wurde er in den Betriebsrat der Beklagten gewählt und gleichzeitig von der Arbeit freigestellt. Er verrichtet seit dieser Zeit seine Betriebsratstätigkeit im Rahmen der gleitenden Arbeitszeit, welche bei der Beklagten für Angestellte gilt.

Im früheren Tätigkeitsbereich des Klägers führte die Beklagte im September 1995 eine vollkontinuierliche Schicht während sieben Tagen in der Woche nach dem 4 × 12-Stunden-Schicht-Modell (sogenannte Fliegerschicht) ein. Dabei arbeiten die früheren Arbeitskollegen des Klägers in folgendem Rhythmus: Tagschicht von 06.00 bis 18.00 Uhr, 24 Stunden frei, Nachtschicht von 18.00 bis 06.00 Uhr, 48 Stunden frei. Für sie besteht eine Arbeitspflicht während 26 Sonntagen und mehreren Wochenfeiertagen im Jahr.

Die Beklagte vergütet den Kläger entsprechend den vergleichbaren früheren Arbeitskollegen mit folgenden monatlichen Leistungen: Tarifentgelt zuletzt in Höhe von 3.722,00 DM brutto, tarifliche Entgeltgarantie in Höhe von 744,00 DM brutto, Schichtzulage in Höhe von 372,00 DM brutto und Prämie für vollkontinuierlich beschäftigte Arbeitnehmer in Höhe von 100,00 DM brutto. Ob darüberhinaus eine Pauschale zur Abgeltung von Schichtzuschlägen in Höhe von 654,00 DM brutto geleistet wird, ist im Verlauf der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht zwischen den Parteien streitig geworden.

Der Kläger machte im Jahr 1996 gegenüber der Beklagten die Gewährung von Zusatzurlaub in Höhe von drei Arbeitstagen sowie einer wöchentlichen Altersfreizeit in Höhe von 2,5 Stunden erfolglos geltend. Ans...

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