Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnungserfordernis bei verhaltensbedingter Kündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Beruht die Vertragspflichtverletzung auf einem steuerbaren Verhalten der Arbeitnehmerin, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ihr künftiges Verhalten bereits durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann; die Arbeitgeberin hat daher nach dem das gesamte Kündigungsrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ein zu beanstandendes Verhalten der Arbeitnehmerin zum Anlass für eine Abmahnung zu nehmen.

 

Normenkette

KSchG §§ 1, 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 2; BGB § 314 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Entscheidung vom 19.03.2014; Aktenzeichen 4 Ca 1407/13)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19.03.2014 - 4 Ca 1407/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung sein Ende gefunden hat oder aber nicht, sowie um Zahlungsansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten.

Die Beklagte betreibt verschiedene Spielhallen. Die Klägerin war seit dem Jahr 2000 bei ihr beschäftigt; ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht abgeschlossen. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Mitarbeiterzahl im Betrieb Anwendung.

Zwischen der Klägerin und dem gleichfalls bei der Beklagten beschäftigten Herrn E., der als Hallenleiter tätig ist, kam es zu Konflikten. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin richtete am 20.08.2013 außergerichtlich ein Schreiben an die Beklagte, in dem er mitteilte, die Klägerin sowie eine im Parallelverfahren klagende weitere Kollegin fühlten sich durch das Verhalten des Herrn E. "schikaniert". Er bat in diesem Schreiben die Beklagte "dafür Sorge zu tragen, dass die Verhaltensweisen des Herrn E. sich umgehend ändern."

Mit Schreiben vom 18.09.2013 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt und die Klägerin von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Abmahnungen wurden im zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis zuvor der Klägerin gegenüber nicht ausgesprochen.

Mit Schreiben vom 18.09.2013 hat die Beklagte zudem der Klägerin eine schriftliche "Lohnabfindung" erstellt, in der sie anhand des von ihr benannten Durchschnittslohns der letzten drei Monate die an die Klägerin zu leistenden Zahlungen bis zum Ablauf der Kündigungsfrist beziffert hat.

Die Klägerin hat vorgetragen,

die Kündigung sei unwirksam. Nicht sie habe sich falsch verhalten, sondern Herr E. Der von der Beklagten in der Lohnabrechnung ermittelte Betrag sei zu niedrig. Ihr stünden höhere Annahmeverzugsansprüche zu,

Die Klägerin, soweit für das Berufungsverfahren noch von Belang, beantragt,

  1. festzustellen, dass die Kündigung vom 18.09.2013 unwirksam ist und das bestehende Arbeitsverhältnis fortbesteht,
  2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Restlohn für den Monat August 2013 in Höhe von 487,76,-€ brutto zu zahlen, zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage aus dem sich ergebenden Nettobetrag,
  3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Restlohn für den Monat September 2013 in Höhe von 604,11€ brutto zu zahlen, zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage aus dem sich ergebenden Nettobetrag,
  4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Restlohn für den Monat Oktober 2013 in Höhe von 840,11€ brutto zu zahlen, zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageerweiterung aus dem sich ergebenden Nettobetrag,
  5. ....

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Kündigung sei aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Das Schreiben des Klägerprozessbevollmächtigten vom 20.08.2013 habe dazu Anlass gegeben. Außerdem habe sich die Klägerin den Anweisungen des Herrn E. zu Unrecht widersetzt, in dem sie Schichten nach Belieben getauscht habe.

Das Arbeitsgericht Trier hat daraufhin durch Urteil vom 19.03.2014 - 4 Ca 1407/13 - festgestellt, dass die Kündigung vom 18.09.2013 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Des Weiteren hat es die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Restlohn zu zahlen. Hinsichtlich des weiteren Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 39 bis 45 d. A. Bezug genommen.

Gegen das ihr am 11.04.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am Montag, dem 12.05.2014 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 11.07.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor durch Beschluss vom 12.06.2014 auf ihren begründeten Antrag hin die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 11.07.2014 einschließlich verlängert worden war.

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, zwar fehle vorliegend eine Ab...

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