Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellungsklage. Kündigungsschutzklage, nachträgliche. Zulassung. Antrag auf nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage bei fehlender Fristversäumung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine – neben einer Kündigungsschutzklage gemäß § 4 S. 1 KSchG gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erhobene allgemeine Feststellungsklage kann dahingehend auszulegen sein, dass sie sich nicht nur auf solche Beendigungs-Tatbestände bezieht, die nach Klageerhebung entreten, sondern auch auf solche, die vor diesem Zeitpunkt liegen.

2.

  1. Der Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage (gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 KSchG) ist stets ein Hilfsantrag für den Fall, dass die Klage verspätet ist.
  2. Liegt keine Fristversäumung vor, darf das Arbeitsgericht über den Antrag nicht entscheiden.
  3. Entscheidet es in einem derartigen Fall gleichwohl, ist der Beschluss – bei zulässiger Beschwerde – im Beschwerdeverfahren ersatzlos aufzuheben.
 

Normenkette

GKG § 5; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Beschluss vom 22.03.2007; Aktenzeichen 2 Ca 236/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 22.03.2007 – 2 Ca 236/07 – aufgehoben.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen.

Die Klägerin ist seit dem 22.02.2000 bei der Beklagten als Brief- und Paketzustellerin beschäftigt. Unter dem Datum vom 17.01.2007 verfasste die Beklagte zwei Kündigungsschreiben, die jeweils sowohl den Ausspruch einer fristlosen als auch den vorsorglichen Ausspruch einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.04.2007 beinhalten. In einem der beiden Schreiben führt die Beklagte zur Begründung der Kündigung aus, die Klägerin sei überführt, in ihrer Eigenschaft als Postzustellerin Nachnahmebeträge unterschlagen zu haben. Im zweiten Kündigungsschreiben begründete die Beklagte die Kündigung demgegenüber wie folgt: „Aufgrund des zwingenden und begründeten Verdachts der Unterschlagung von zahlreichen Nachnahmebeträgen ist das Vertrauensverhältnis zerstört.”

Beide Kündigungsschreiben wurden nach Behauptung der Beklagten am 18.01.2007 in den Hausbriefkasten der Klägerin eingelegt.

Am 02.02.2007 hat die Klägerin beim Arbeitsgericht Klage eingereicht mit folgenden Anträgen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche noch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 17.01.2007 beendet wird.
  2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht.

Der Klageschrift als Anlage beigefügt war eine Kopie des Kündigungsschreibens vom 17.01.2007, in welchem die Beklagte die Kündigung damit begründet, die Klägerin sei der Unterschlagung von Nachnahmebeträgen überführt. Die Existenz eines weiteren, anderslautenden Kündigungsschreibens lässt sich der Klageschrift nicht entnehmen. Zur Begründung des Klageantrages zu 2) hat die Klägerin in ihrer Klageschrift vorgetragen, sie wolle sich mit diesem allgemeinen Feststellungsantrag vor weiteren Kündigungen schützen. Darüber hinaus hat die Klägerin die Beklagte in der Klageschrift aufgefordert zu erklären, ob sie sich über die angegriffene Kündigung hinaus auf weitere Beendigungstatbestände berufen wolle.

Nachdem die Beklagte in ihrer Klageerwiderung auf die Existenz zweier Kündigungserklärungen hingewiesen hatte, teilte das Arbeitsgericht der Klägerin mit Hinweisbeschluss vom 01.03.2007 mit, die Klage richtet sich (bislang) wohl nicht gegen die seitens der Beklagten ausgesprochene Verdachtskündigung. Im Hinblick auf diesen, ihr am 02.03.2007 zugestellten Hinweisbeschluss hat die Klägerin am 15.03.2007 im Wege der Klageerweiterung beantragt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch die fristlose, hilfsweise ordentliche Verdachtskündigung der Beklagten vom 17.01.2007 beendet worden ist bzw. wird. Zugleich hat die Klägerin insoweit die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage beantragt.

Mit Beschluss vom 22.03.2007 hat das Arbeitsgericht den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage zurückgewiesen. Gegen diesen, ihr am 23.04.2007 zugestellten Beschluss richtet sich die von der Klägerin am 07.05.2007 eingegangene sofortige Beschwerde.

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei die am 02.02.2007 eingereichte Klage von vorneherein auch gegen die seitens der Beklagten ausgesprochene Verdachtskündigung gerichtet gewesen. Dies ergebe sich bereits bei richtiger Auslegung des Kündigungsschutzantrages (Klageantrag zu 1.). Darüber hinaus stelle sich eine Verdachtskündigung im Verhältnis zur Tatkündigung als wesensgleiches Minus dar, so dass sie nicht gesondert mit einer Klage angegriffen werden müsse, weil sie bereits von der gegen die Tatkündigung erhobenen Klage mit umfasst werde. Jedenfalls sei jedoch die dreiwöchige Klagefrist auch bezüglich der Verdachtskündigung durch die...

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