Entscheidungsstichwort (Thema)

Wahrung der 2-Wochen-Frist gem. § 78a Abs. 4 S. 1 BetrVG

 

Leitsatz (amtlich)

Stellt ein Mitarbeiter des Arbeitgebers den Antrag gem. § 78 a Abs. 4 BetrVG, so wird die Ausschlussfrist von 2 Wochen nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nur gewahrt, wenn bis zu ihrem Ablauf eine Vollmacht beim Arbeitsgericht eingereicht wird.

 

Normenkette

BetrVG § 78a Abs. 4; BPersVG § 9; ZPO § 89 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 16.02.2016; Aktenzeichen 2 BV 19/15)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 18.09.2019; Aktenzeichen 7 ABR 44/17)

 

Tenor

  1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 16.02.2016 - 2 BV 19/15 - aufgehoben.
  2. Der Antrag der Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.
  3. Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen.
 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten vorliegend darüber, ob das zwischen dem Beteiligten zu 2) und der Beteiligten zu 1) begründete Arbeitsverhältnis gemäß § 78 a Abs.4 BetrVG aufzulösen ist.

Der Beteiligte zu 2) nahm am 01.10.2012 eine Ausbildung zum "Praxisintegrierten Dualen Studium" in Kooperation mit der dualen Hochschule Baden-Württemberg, M. in dem Studiengang "Business Administration and Information Technology" bei der Beteiligten zu 1) auf. In der Zeit vom 17.02.2014 bis zum 03.05.2014 war der Beteiligte zu 2) im Rahmen seiner Ausbildung in Italien eingesetzt. Aufgrund einer Vereinbarung vom 14.02.2014 erhielt er für diesen Zeitraum neben seiner weiterlaufenden Ausbildungsvergütung eine Verpflegungspauschale von 14 EUR netto pro Kalendertag (ohne Urlaubstage) sowie eine einmalige Kostenpauschale in Höhe von 200,00 EUR netto. Eine möblierte Unterkunft sowie die anfallenden Nebenkosten wurden von der Beteiligten zu 1) getragen. Der Beteiligte zu 2) beantragte vereinbarungsgemäß eine Firmenkreditkarte der XY Bank mit einem Limit von 5.000,00 EUR. Die B. haftet gesamtschuldnerisch für diese Kreditkartenforderung. Die mit der Kreditkarte getätigten Ausgaben werden grundsätzlich dem Privatkonto des Mitarbeiters belastet. Dieser macht im Rahmen der Reisekostenabrechnung die Kostenübernahme geltend und erhält die Kosten sodann auf sein Privatkonto erstattet. Der Beteiligte zu 2) hat während seines Italienaufenthalts Ausgaben in Höhe von insgesamt 3.457,54 € mit der Firmenkreditkarte getätigt. Davon wurden die Beteiligte zu 1) 2.459,35 EUR erstattet. Im Februar 2014 fielen erstattungsfähige Ausgaben in Höhe von 75,00 EUR an. Der Beteiligte zu 2) erhielt am 28.02.2014 zusätzlich 168,00 EUR. Im März 2014 hatte er dienstliche Ausgaben in Höhe von 831,28 EUR. Für diesen Monat wurden ihm 1.532,00 EUR (inklusive eines Vorschusses von 877,00 EUR) überwiesen. Im April fielen erstattungsfähige Ausgaben in Höhe von 831,30 EUR an, er erhielt 1.251,28 EUR; im Mai fielen 546,07 EUR dienstlich veranlasster Kosten an, er erhielt 1.529,28 EUR. Ein Ausgleich der mit der Kreditkarte getätigten Ausgaben gegenüber der XY Bank erfolgte nicht. Der Beteiligte zu 2) wurde am 15.01.2015 von der B. GmbH, deshalb wegen des offenen Betrages in Höhe von 3.457,54 EUR angeschrieben und um Aufklärung bzw. Begleichung gebeten. Der Beteiligte zu 2) begann am 07.04.2015 mit der Tilgung der Verbindlichkeiten durch Zahlung von 200,00 EUR im April 2015 und sodann monatlich 100,00 EUR. Die Beteiligte zu 1) mahnte den Beteiligten zu 2) mit Schreiben vom 25.06.2015 wegen des unbefugten Gebrauchs der Kreditkarte für private Zwecke sowie der unterlassenen Weitergabe der erstatteten Beträge an die Kreditkartenfirma ab.

Aufgrund der nicht rechtzeitigen Abgabe seiner Bachelorarbeit und deren Bewertung als nicht bestanden verlängerte sich das Ausbildungsende des Beteiligten zu 2) bis zur Bekanntgabe seines Prüfungsergebnisses. Am 05.11.2015 wurden der Beteiligten zu 1) die Ergebnisse, die Noten des Studiums des Beteiligten zu 2) seitens der Dualen Hochschule M. schriftlich mitgeteilt.

Der Beteiligte zu 2) ist seit der Betriebsratswahl im Jahr 2014 Ersatzmitglied des Betriebsrats und nahm am 20.10.2015 an der Betriebsratssitzung für ein verhindertes Mitglied teil. Mit Schreiben vom 04.11.2015 verlangte er die Übernahme in ein Vollzeitarbeitsverhältnis nach § 78 a BetrVG nach Ende seiner Ausbildung.

Der vorliegende Antrag der Beteiligten zu 1) auf Auflösung des mit dem Beteiligten zu 2) zustande gekommenen Arbeitsverhältnisses wurde am 17.11.2015 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen eingereicht. Er wurde von der Prozessbevollmächtigten unterzeichnet, die ausweislich Bl. 1 d. A. "Unter Versicherung ordnungsgemäßer Bevollmächtigung" die Vertretung der B.GmbH, "die Mitglied unseres Arbeitgeberverbandes ist" anzeigte. Sodann heißt es: "Prozessvollmacht wird nachgereicht."

Die Beteiligte zu 1) hat vorgetragen,

eine Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2) sei ihr nicht zumutbar. Dieser habe die Kreditkarte unberechtigt für private Ausgaben genutzt und sich einen finanziellen Vorteil dadurch verschafft, dass er für die XY Bank bestimmten Gelder f...

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