Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit einer Einigungsstelle im Verfahren zwischen Gesamtbetriebsrat und Konzernunternehmen nach Beauftragung des Konzernbetriebsrats durch den Gesamtbetriebsrat

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine in einem Verfahren zwischen dem Gesamtbetriebsrat und einem Konzernunternehmen zu berufende Einigungsstelle (hier: für Verhandlungen über einen Interessenausgleich) wäre offensichtlich unzuständig im Sinne von § 100 Abs. 1 ArbGG, wenn der Betriebsrat den Konzernbetriebsrat mit den Verhandlungen über einen Interessenausgleich einschließlich der Durchführung eines möglichen Einigungsstellenverfahrens beauftragt hat.

 

Normenkette

ArbGG § 100 Abs. 1 S. 2, § 48 Abs. 1 Nr. 1; BetrVG § 58 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Entscheidung vom 23.12.2020; Aktenzeichen 3 BV 17/20)

 

Tenor

  1. Auf die Beschwerde des zu 2) beteiligten Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 23. Dezember 2020 - 3 BV 17/20 - abgeändert:
  2. Die Anträge werden zurückgewiesen.
 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Errichtung einer Einigungsstelle nach § 100 ArbGG.

Antragstellerin ist die zu 1) beteiligte Arbeitgeberin, die in A-Stadt im Wege des sog. "Offset-Drucks" insbesondere Verpackungen für die Zigarettenindustrie produziert. Der Beteiligte zu 2) ist der für ihre Betriebsstätte gebildete Betriebsrat. Die Arbeitgeberin gehört zu einem Konzern, für den ein Konzernbetriebsrat bei der Konzernobergesellschaft mit Sitz in D-Stadt errichtet ist. Ein Gesamtbetriebsrat besteht bei der Arbeitgeberin nicht.

Am 13. Oktober 2020 informierte die Arbeitgeberin den Betriebsrat mit einer Präsentation über ihre Planung, die Betriebsteile Einkauf, Sales sowie QMS/IMS im Wege eines Betriebsteilübergangs auf das - ebenfalls konzernzugehörige - Unternehmen R.-M. G. GmbH (nachfolgend: M.) auszulagern und die ausgelagerten Aufgaben im Wege eines Dienstleistungsvertrags durch die M. erfüllen zu lassen. Diese produziert in ihrer Betriebsstätte in A-Stadt, wenige 100 m von der Arbeitgeberin entfernt, ebenfalls insbesondere Zigarettenverpackungen, jedoch im Wege des sog. Tiefdrucks. Die von der Arbeitgeberin laut Präsentation zum 01. November 2020 geplante Betriebsänderung sollte 43 Mitarbeiter (2 im Einkauf, 10 im Bereich Sales und 31 betreffend die Abteilung QMS/IMS) betreffen. Am 19. Oktober 2020 übergab die Arbeitgeberin dem Betriebsrat den Entwurf eines Interessenausgleichs (Bl. 37 - 44 d. A.). Im Anschluss fanden Gespräche zwischen den Beteiligten zu Vorabfragen des Betriebsrats statt. Am 03. November 2020 übergab der Betriebsrat einen Fragenkatalog, der von der Arbeitgeberin beantwortet wurde. Am 20. November 2020 übersandte der Betriebsrat per E-Mail der Arbeitgeberin einen eigenen Entwurf eines Interessenausgleichs (Bl. 47 - 52 d. A.). In dem übersandten Entwurf des Betriebsrats ist der Bereich QMS/IMS von dem Betriebsteilübergang ausgenommen und unter Ziffer VII und VIII ein Ausgleich von Vergütungsdifferenzen sowie Abfindungen für den Fall der betriebsbedingten Kündigung bei Widerspruch gegen den Betriebsübergang aufgenommen. In der Verhandlung vom 24. November 2020 kam eine Einigung der Beteiligten nicht zustande. Mit Schreiben vom 27. November 2020 (Bl. 60 d. A.) teilte die Arbeitgeberin dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats mit, dass aufgrund der gescheiterten Interessenausgleichsverhandlungen nunmehr die Einigungsstelle anzurufen wäre, und bat um Mitteilung bis zum 02. Dezember 2020, ob Einverständnis mit dem Vorschlag bestehe, die Einigungsstelle mit dem P., als Vorsitzenden und zwei Beisitzern je Betriebspartei zu besetzen. Daraufhin teilte der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats mit Schreiben vom 01. Dezember 2020 (Bl. 61, 62 d. A.) mit, dass er den Konzernbetriebsrat als originär zuständig ansehe (mangels Bestehens eines Gesamtbetriebsrats) und zur Zeit keinen Anlass erkenne, sich auf die gewünschte Einigungsstelle einzulassen.

Mit Schriftsatz vom 03. Dezember 2020, beim Arbeitsgericht Trier am gleichen Tag eingegangen und dem Betriebsrat am 09. Dezember 2020 zugestellt, hat die Arbeitgeberin das vorliegende Beschlussverfahren gegen den Betriebsrat zur Errichtung einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Abschluss eines Interessenausgleichs betreffend eine geplante Betriebsänderung (Outsourcing) zum schnellstmöglichen Zeitpunkt" eingeleitet. Am 04. Dezember 2020 beschloss der Betriebsrat, den Konzernbetriebsrat gemäß § 58 Abs. 2 BetrVG mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich einschließlich der Durchführung eines möglichen Einigungsstellenverfahrens zu beauftragen. Der vom Vorsitzenden des Betriebsrats unterzeichnete Beschluss vom 04. Dezember 2020 (Bl. 75 d. A.) lautet wie folgt:

"Beschlussfassung: Der Betriebsrat beschließt, den Konzernbetriebsrat gem. § 58 Abs. 2 Betr.VG mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich einschließlich der Durchführung eines möglichen Einigungsstellenverfahrens zu beauftragen.

Sehr geehrter Herr P., sehr geehrte Frau X., sehr geehrter Herr ...

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