Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestellung eines Wahlvorstandes für abgespaltenen Betriebsteil. Betriebsteilabspaltung. Betriebsteile. Wahlvorstand

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Beurteilung, ob ein Betriebsteil räumlich weit entfernt vom Hauptbetrieb ist, ist nicht allein auf den Gesichtspunkt der tatsächlichen (objektiven) Entfernung abzustellen; entscheidend ist vielmehr, ob eine ordnungsgemäße Betreuung der Belegschaft trotz der gegebenen Entfernung durch den Betriebsrat des Hauptbetriebes möglich ist.

 

Normenkette

BetrVG § 18 Abs. 2, § 4

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Beschluss vom 23.06.2004; Aktenzeichen 4 BV 2/04)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats der Firma T., C-Stadt gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom23.06.2004 – 4 BV 2/04 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren (nur noch) darum, ob ein abgespaltener und übergegangener Betriebsteil eine betriebsratsfähige Organisationseinheit darstellt und ein Recht zur Bestellung eines Wahlvorstandes besteht.

Die Beteiligte zu 1) – die Fa. A., A-Stadt. – ist innerhalb des H.-Konzerns, die in Deutschland zuständige Organisationseinheit für den Betrieb „Vertrieb” mit Sitz in A-Stadt. Die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter aus dem Logistikbereich u. a. der Fa. T., C-Stadt sind im Wege des Betriebsübergangs auf die Fa. A., A-Stadt, übergegangen. Hiervon waren ca. 80 Mitarbeiter betroffen.

Der Beteiligte zu 2) ist der örtlich zuständige Betriebsrat des Schwesterunternehmens in C-Stadt.

Der Beteiligte zu 3) ist der für A-Stadt zuständige Betriebsrat der Fa. A., A-Stadt.

Der Beteiligte zu 4) ist der vom Betriebsrat der Fa. T., C-Stadt, bestellte Wahlvorstand zur Durchführung einer Betriebsratswahl im Werk C-Stadt.

Die Beteiligte zu 1) – Fa. A., A-Stadt, – entschied im Laufe des Jahres 2003, die Logistikbereiche der Schwesterunternehmen in E. und C-Stadt unter ihrer Leitung am Standort A-Stadt zu konzentrieren. Die Leitungsfunktion für den gesamten Logistikbereich wird einheitlich durch den Leiter Logistik in A-Stadt wahrgenommen.

Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1) – Fa. A., A-Stadt, – stritten erstinstanzlich um ein vom Betriebsrat der Fa. T., C-Stadt, beanspruchtes Übergangsmandat, im übrigen auch darum, ob der Betriebsrat der Fa. A., A-Stadt, der zuständige Betriebsrat für den übergegangenen Betriebsteil geworden sei; insofern wurde erstinstanzlich u. a. geltend gemacht, dass der Betriebsrat der Fa. A., A-Stadt, der für den abgespaltenen Betrieb zuständige Betriebsrat sei, ein nicht vom zuständigen Organ gebildeter Wahlvorstand gebildet worden sei und keine Veranlassung für ein Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG bestünde. Entscheidend sei, dass seit dem 01.01.2004 eine einheitliche Leitung in der Person des Leiters Logistik in A-Stadt bestünde.

Der Beteiligte zu 1) hat erstinstanzlich beantragt,

  1. es wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 2) kein Übergangsmandat hinsichtlich des aus der Betriebsspaltung vom 01.01.04 hervorgegangenen Betriebsteils „Logistik” am Standort C-Stadt besitzt.
  2. Es wird weiter festgestellt, dass der Beteiligte zu 2) nicht für die Bestellung des Beteiligten zu 4) zuständig war.
  3. Es wird weiter festgestellt, dass der Beteiligte zu 4) nicht für die Durchführung der Betriebsratswahl im Betriebsteil der Beteiligten zu 1) am Standort C-Stadt zuständig war.

Der Beteiligte zu 2) und der zu 4) haben

Zurückweisung des Antrages

beantragt.

Der Betriebsrat der Fa. T., C-Stadt, – Beteiligter zu 2 – hat die Auffassung vertreten, dass für den Betriebsteil „Vertrieb” ein eigenständiger Betriebsrat im Hinblick auf § 4 BetrVG zu wählen sei. Die tatsächlichen Führungsstrukturen für den Bereich Logistik in C-Stadt seien die gleichen wie vor dem Übergang. Die Überführung der Arbeitsverhältnisse gem. § 613 a BGB hätte keinerlei tatsächliche Änderungen der Arbeitsabläufe und Zuständigkeit ergeben. Frau S. sei die zuständige Personalbetreuerin. Für die Betriebsstätte C-Stadt lägen im übrigen die Voraussetzungen des § 4 BetrVG vor. Eigenständig im Sinne des § 4 BetrVG sei eine Organisation dann, wenn für den Einsatz der Arbeitnehmer eine eigene Leitung auf der Ebene des verselbständigten Teils des Betriebes existiere. Auch sei eine räumliche Entfernung vom Betriebsteil A-Stadt wegen der Entfernung von 50 km mit der üblichen Fahrzeit von 45 Minuten anzunehmen. Eine Verkehrsverbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln bestünde praktisch nicht.

Der Betriebsrat der Fa. A., A-Stadt, – Beteiligter zu 3) – macht u. a. geltend, der Zweck der Regelung des § 4 BetrVG bestünde darin, den Arbeitnehmern von Betriebsteilen eine effektive Vertretung durch einen eigenen Betriebsrat zu ermöglichen, wenn wegen der räumlichen Trennung des Hauptbetriebes von dem Betriebsteil die persönliche Kontaktaufnahme zwischen dem dortigen Betriebsrat und den Arbeitnehmern im Betriebsteil so erschwert sei, dass der Betriebsrat des Hauptbetriebes die Interessen der...

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