Entscheidungsstichwort (Thema)

Pfändungsschutz von Arbeitseinkommen

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Begriff des Arbeitseinkommens im Rahmen der Pfändungsfreigrenzen der §§ 850 ff. ZPO bei Zahlung einer Abfindung.

 

Normenkette

ZPO § 850 ff.

 

Verfahrensgang

AG Lingen (Urteil vom 21.05.2003; Aktenzeichen 2 Ca 530/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen (Ems) vom 21.05.2003, Az. 2 Ca 530/02, abgeändert.

Die Klage wird in Höhe von 1.291,81 EUR nebst Zinsen abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit der Klage Zahlung von restlichem Arbeitsentgelt aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

Der Kläger war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 21.01.1992 beschäftigt. Grundlage der arbeitsvertraglichen Beziehungen war der Arbeitsvertrag vom 30.12.1994/31.03.1995. Wegen des Inhalts wird auf diesen (Blatt 57 bis 63 d. A.) verwiesen.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 26.03.2002 zum 31.07.2002. Gegen diese Kündigung wehrte sich der Kläger vor dem Arbeitsgericht Lingen mit seiner Klage unter dem Az. 2 Ca 180/02. Am 19.06.2002 schlossen die Parteien in diesem Verfahren einen Vergleich, nach dem das Arbeitsverhältnis der Parteien auf Grund ordentlicher fristgerechter Kündigung der Beklagten vom 26.03.2002 aus betrieblichen Gründen mit Ablauf des 31.07.2002 endete. Es wurde weiter vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis bis zu dem genannten Termin ordnungsgemäß abgewickelt wird unter Freistellung des Klägers von der Arbeitsleistung. Die Beklagte verpflichtete sich darüber hinaus, an den Kläger zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 9.200,– EUR zu zahlen sowie ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen.

Die Beklagte rechnete das Juligehalt für das Jahr 2002 ab. Im Rahmen dieser Abrechnungen für den Monat Juli verrechnete die Beklagte versehentlich nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge für die Monate April bis Juni 2002 in Höhe von 1.291,81 EUR. Hierbei handelte es sich um die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung, die für diese Monate, wie im Übrigen auch für die Monate Februar und März 2002, direkt an den Kläger ausgezahlt wurden.

Zudem erfolgte eine Verrechnung mit Rundfunkgebühren in Höhe von insgesamt 17,80 EUR. Wegen der Abrechnungen für den Monat Juli 2002 sowie bezüglich der Lohnabrechnungen für den Zeitraum von Februar bis Juni 2002 wird auf diese (Blatt 18 bis 26 d. A.) verwiesen.

Der Fehler wurde von der Beklagten im Juli 2002 festgestellt. Die Arbeitnehmeranteile musste die Beklagte an die Krankenkasse des Klägers nachentrichten. Von der Vergütung für den Monat Juli 2002 zahlte deshalb die Beklagte an den Kläger nur 12,– EUR aus. Die Abfindungssumme in Höhe von 9.200,– EUR zahlte die Beklagte in vollem Umfange an den Prozessbevollmächtigten des Klägers.

Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger deshalb die Zahlung von 1.979,80 EUR brutto, den sich aus der Abrechnung Juli 2002 ergebenden Bruttobetrag.

Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe die Pfändungsfreigrenzen nicht eingehalten, da es sich rechtlich um eine Aufrechnung mit Ansprüchen der Beklagten handele. Die Zahlung der Abfindungssumme spiele insofern keine Rolle, da keine Leistungsbestimmung vorgenommen worden sei und diese nicht dem Juligehalt hinzuaddiert werden könne.

Er hat ferner die Rechtsauffassung vertreten, die Rundfunkgebühren schulde der Eigentümer des Fahrzeugs und nicht der Kläger.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.997,70 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB ab Zustellung des Mahnbescheids (12.09.2002) zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Pfändungsfreigrenzen würden der Verrechnung mit dem Juligehalt nicht entgegenstehen, weil die Abfindungssumme von 9.200,– EUR hinzugerechnet werden müsse.

Zudem habe die Beklagte einen eigenen Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 670 BGB, mit dem die Aufrechnung erklärt werden könne.

Bezüglich der Rundfunkgebühren sei mit den Fahrern die Erstattung der Gebühren vereinbart.

Durch Urteil des Arbeitsgerichts Lingen (Ems) vom 21.05.2003 wurde die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.291,81 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.09.2002 zu zahlen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu 7/20 und der Beklagten zu 13/20 auferlegt und der Streitwert auf 1.985,70 EUR festgesetzt.

Wegen des Inhalts des erstinstanzlichen Urteils wird auf dieses (Blatt 81 bis 88 d. A.) verwiesen.

Dieses Urteil wurde der Beklagten am 11.07.2003 zugestellt. Hiergegen legte diese am 15.07.2003 Berufung ein und begründete diese gleichzeitig.

Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor, das Arbeitseinkommen im Sinne von § 850 ZPO umfasse alle Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers. Hier...

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