Entscheidungsstichwort (Thema)

Fälligkeit einer Abfindung

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Fälligkeit der Abfindung bei einem Abfindungsvergleich im Rahmen einer Kündigungsschutzklage, der vor vereinbarter Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschlossen wird, kommt es mangels einer getroffenen Fälligkeitsregelung auf die Umstände an, unter denen die Abfindungsregelung getroffen worden ist.

Regelmäßig ist davon auszugehen, dass die Abfindung erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig wird.

 

Normenkette

BGB § 271

 

Verfahrensgang

ArbG Lingen (Urteil vom 05.02.2003; Aktenzeichen 2 Ca 502/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.07.2004; Aktenzeichen 2 AZR 630/03)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen vom 5.02.2003, Az. 2 Ca 502/02, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage des Fälligkeitszeitpunktes einer Abfindung.

Der Beklagte war bei dem Kläger seit dem 01.08.1987 als Angestellter beschäftigt. Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis zum Beklagten mit Schreiben vom 27.12.2001 zum 30.06.2002 auf. Hiergegen wandte sich der Beklagte mit der Klage vor dem Arbeitsgericht Lingen unter dem Aktenzeichen 2 Ca 1/02. Am 31.05.2002 schlossen die Parteien in diesem Vorprozess umgekehrten Rubrums folgenden Vergleich:

  1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet aufgrund ordentlicher fristgerechter Kündigung des Beklagten vom 27.12.2001 aus betrieblichen Gründen mit Ablauf des 31.12.2002.
  2. Bis zu dem genannten Zeitpunkt wird das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgewickelt, wobei die Parteien sich darüber einig sind, dass der Kläger von der Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der normalen Bezüge freigestellt bleibt unter Anrechnung von Urlaubs- und sonstigen Freizeitansprüchen.

    Einigkeit besteht, dass für 2002 kein Anspruch auf Weihnachtszuwendung besteht.

  3. Der Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen.
  4. Der Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger zum Ausgleich für denVerlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG, 3 Ziff. 9 EstG in Höhe von 37.000,00 EUR (i. W.: Siebenunddreißigtausend Euro) zu zahlen.

Mit Schreiben vom 01.07.2002 forderte der Beklagte den Kläger auf, den Abfindungsbetrag in Höhe von 37.000,00 EUR zu zahlen. Der Kläger lehnte mit Schreiben vom 04.07.2002 die Zahlung vor dem 31.12.2002 ab mit der Begründung, dass der Betrag noch nicht fällig sei. Insoweit wird auf dieses Schreiben (Blatt 7 bis 9 d. A.) verwiesen.

Daraufhin betrieb der Beklagte die Zwangsvollstreckung und erwirkte ein vorläufiges Zahlungsverbot. Daraufhin beantragte der Kläger im vorliegenden Verfahren, die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs vor dem Arbeitsgericht Lingen, Az. 2 Ca 1/02 für unzulässig zu erklären und außerdem im Wege der einstweiligen Anordnung die Einstellung der Zwangsvollstreckung zu beschließen. Durch Beschluss vom 09.09.2002 wurde sodann die Zwangsvollstreckung aus Ziffer 4 des Vergleichs einstweilen bis zum Erlass des Urteils im vorliegenden Verfahren eingestellt. Insoweit wird auf diesen Beschluss (Blatt 20, 20 R d. A.) verwiesen.

Der Kläger zahlte die Abfindung am 02.01.2003 an den Beklagten aus. Da eine verspätete Auszahlung erfolgte, zahlte der Kläger außerdem 15,00 EUR Zinsen an den Beklagten.

Der Beklagte erhob sodann mit Schriftsatz vom 07.01.2003 Widerklage, indem er Zinsen von dem Kläger wegen der verspäteten Zahlung verlangte.

Im Kammertermin vom 05.02.2003 nahm der Kläger die Klage zurück.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Abfindung sei mit Vergleichsabschluss sofort fällig gewesen. Es sei keine Festlegung einer späteren Fälligkeit im Vergleich erfolgt, so dass sich für sieben Verzugsmonate von Juni bis einschließlich Dezember 2001 ein Zinsbetrag in Höhe von 1.615,36 EUR ergebe. Insoweit wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 07.01.2003, Seite 4 (Blatt 50 d. A.) verwiesen.

Hätte die Fälligkeit der Abfindungssumme bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31.12.2002 hinausgeschoben werden sollen, hätten die Parteien dieses ausdrücklich vereinbaren müssen. Ohne eine solche Vereinbarung habe sich der Kläger zur sofortigen Zahlung verpflichtet. Für die sofortige Fälligkeit der Forderung spreche der besondere Sinn und Zweck des § 62 ArbGG, wonach in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten eine sofortige Vollstreckungsmöglichkeit grundsätzlich gegeben sei. Damit trage das Gesetz dem Umstand Rechnung, dass Arbeitnehmer in der Regel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts auf ihr Arbeitseinkommen angewiesen seien. Angesichts des Alters des Beklagten sei es für ihn schwierig, einen vergleichbaren Arbeitsplatz zu finden. Der Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes sei nur dann gewährleistet, wenn der Beklagte über den von ihm vergleichsweise erstrittenen Betrag auch sofort verfügen könne. Er sei auch darauf angewiesen, dass die Abfindungssumme Erträge erwirtschafte. Zudem mü...

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