Tarifliche Corona-Prämie darf gepfändet werden

Eine tarifliche Corona-Prämie, die unabhängig von der individuellen Arbeitsbelastung gezahlt wird, gehört zum pfändbaren Arbeitseinkommen. Das hat das LAG Berlin im Fall eines Omnibusfahrers festgestellt.

Beschäftigte der Pflege erhalten auch in diesem Jahr wieder eine Corona-Prämie. Auch in anderen Bereichen gewähren Arbeitgeber ihren Beschäftigten wegen der Belastungen durch die Coronapandemie eine Sonderzahlung. Bei der Frage nach der Pfändbarkeit einer Corona-Prämie muss unterschieden werden: Während eine Corona-Sonderzahlung in der Pflege grundsätzlich nicht pfändbar ist, kann dies bei Prämien, die nicht in direktem Zusammenhang mit der besonderen Arbeitsbelastung bei der Betreuung von Patienten zusammenhängen, anders aussehen. Nach einer neuen Entscheidung des LAG Berlin dürfen tarifliche Corona-Prämien im öffentlichen Nahverkehr unter Beachtung der Pfändungsfreigrenzen gepfändet werden.

Wegen Pfändung: Arbeitgeber verweigert vollständige Auszahlung der Corona-Prämie

Der Arbeitgeber, ein öffentliches Personennahverkehrsunternehmen, zahlte einem Omnibusfahrer nur einen Teil der tariflich geregelten Corona-Prämien für die Jahre 2021 und 2022. Dies geschah unter Hinweis darauf, dass der Fahrer im Rahmen eines Insolvenzverfahrens über sein Vermögen Teile seines Arbeitseinkommens an den Insolvenzverwalter abgetreten habe. Grundsätzlich ist für die Zahlung nach der tarifvertraglichen Regelung nur ein bestehendes Arbeitsverhältnis an einem bestimmten Stichtag sowie der Anspruch auf Arbeitsentgelt an mindestens einem Tag in einem festgelegten Referenzzeitraum Voraussetzung. Der Arbeitnehmer verlangte vor Gericht, die vollständige Auszahlung seiner Corona-Prämien. Nach seiner Auffassung könne man diese nicht zum pfändbaren Arbeitseinkommen rechnen.

LAG Berlin: Tarifliche Corona-Prämie ist pfändbar

Das LAG Berlin entschied, dass der Arbeitgeber den pfändbaren Teil der Corona-Prämien zu Recht nicht an den Arbeitnehmer ausgezahlt habe. Aufgrund der Ausgestaltung der tariflichen Regelung folgerte das Gericht, dass es sich bei den tariflichen Prämien im Nahverkehr nicht um unpfändbares Arbeitseinkommen im Sinne von § 850 BGB handele. Diese stellten insbesondere keine unpfändbare Gefahren- oder Erschwerniszulage oder Aufwandsentschädigung im Sinne dieser Vorschrift dar. Zur Begründung führte das Gericht an, dass die tarifliche Regelung vorliegend gerade nicht unterscheide, wie stark Beschäftigte besonderen Belastungen aufgrund der Coronakrise ausgesetzt seien.

Tarifliche Corona-Prämie unabhängig von Arbeitsbelastung

Vielmehr sollten von der Sonderzahlung alle Beschäftigten gleichermaßen profitieren, unabhängig von den Umständen der Arbeitsleistung. Damit sei die tarifliche Regelung hier nicht vergleichbar mit den Prämien im Pflegebereich nach § 150a Sozialgesetzbuch XI, bei denen es für Zahlungsansprüche darauf ankomme, in welchem Maße eine direkte Betreuung von Pflegebedürftigen erfolgt sei.

Das Landesarbeitsgericht hat zur Klärung der Frage der Pfändbarkeit der tariflichen Corona-Prämie die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Hinweis: LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Februar 2022, Az: 23 Sa 1254/21

Ergänzung: Das BAG hat hierzu einen anders lautenden Grundsatzentscheid gefällt: Corona-Sonderzahlung ist nicht pfändbar.


Das könnte Sie auch interessieren: 

Ist eine Corona-Sonderzahlung pfändbar?

Rückforderung einer Corona-Prämie nach Kündigung ist unzulässig

Schlagworte zum Thema:  Urteil, Coronavirus, Pfändung