Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei einem Betrieb mit dem Zweck der Serviceleistungen im Zusammenhang mit der Wartung von EDV-Systemen, sind eine eigene Buchhaltung, ein eigenes Controlling, ein eigenes Kostenmanagement, ein eigener Vertrieb, ein eigenes Marketing und eine eigene Stammdatenverwaltung Hilfstätigkeiten zur Führung des Betriebs mit dem Zweck, EDV-Wartungsdienstleistungen zu erbringen. Die Kundenakquise ist dabei nur ein notwendiger Zwischenschritt bei der Erbringung der Wartungsdienstleistungen bei den anzuwerbenden Kunden. Aus diesem Grund ist auch die Betreuung der Dienstleistungsverträge mit den Kunden lediglich eine reine Hilfstätigkeit zur Erfüllung des eigentlichen Betriebszwecks.

2. Nach dem Schutzzweck des § 613a BGB, der in erster Linie darin besteht, die vorhandenen Arbeitsplätze zu schützen, ist es nicht erforderlich, dass ein Rechtsgeschäft unmittelbar zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber zustande kommt. Ein rechtsgeschäftlicher Betriebsübergang kann daher auch dann angenommen werden, wenn er durch eine Reihe von verschiedenen Rechtsgeschäften veranlasst wird. Der Begriff des Rechtsgeschäfts ist weit zu verstehen und erfasst alle Fälle, in denen die für den Betrieb verantwortliche natürliche oder juristische Person, die die Arbeitgeberverpflichtung gegenüber den Beschäftigen eingeht, im Rahmen vertraglicher oder sonst rechtsgeschäftlicher Beziehungen wechselt, ohne dass unmittelbare Vertragsbeziehungen zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber bestehen müssen. Dieser Schutzgedanke ist auch übertragbar auf die Fälle, in denen der Veräußerer faktisch die Service- und Wartungsabteilung der Muttergesellschaft darstellt und lediglich geringfügig eigenen Umsatz erwirtschaftet. Durch die gesellschaftsrechtliche Aufspaltung und das Dazwischenschalten eines Dienstleistungsvertrags zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft lässt sich ein Betriebsübergang deshalb nicht verhindern.

 

Normenkette

BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Osnabrück (Urteil vom 22.03.2010; Aktenzeichen 6 Ca 543/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.06.2012; Aktenzeichen 8 AZR 181/11)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 22. März 2010, Az. 6 Ca 543/09, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) und Berufungsbeklagten seit 05. Oktober 2009 ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der C. GmbH besteht.

Die Beklagte zu 2) und Berufungsbeklagte wird verurteilt, den Kläger zu den im Arbeitsverhältnis des Klägers mit der C. GmbH zuletzt geltenden Arbeitsbedingungen als EDV-Service-Mitarbeiter zu beschäftigen.

Im Übrigen wird die gegen die Beklagte zu 2) und Berufungsbeklagte gerichtete Klage abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz trägt die Beklagte zu 2) und Berufungsbeklagte zu 40 %, der Beklagte zu 1) zu 60 %.

2. Die Kosten der Berufung tragen der Kläger zu 3%, die Beklagte zu 2) und Berufungsbeklagte zu 97 %.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Übergang des Arbeitsverhältnisses nach § 613 a BGB und um Beschäftigung.

Der Kläger war bei der C. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) seit 01. August 1968 als IT-Systemtechniker und EDV-Service-Mitarbeiter in der Serviceniederlassung D. der Schuldnerin beschäftigt. Er wurde von der Geschäftsstelle der Schuldnerin in E. aus eingesetzt.

Der Geschäftsbereich der Schuldnerin war die Installation und Wartung von EDV-Produkten (Hardware und Software), Schulung, Callhandling/User Help Desk und Central Support. Sie war als Subunternehmer für ihre Muttergesellschaft CD GmbH (im Folgenden: CD) tätig. Dabei erbrachte die Schuldnerin ihre Serviceleistung bei den Kunden der CD. Diese zahlten an die CD die vereinbarte Vergütung. Die CD leitete einen Teil der Zahlungen, nämlich die Einnahmen abzüglich einer Verwaltungspauschale von 15 %, an die Schuldnerin weiter.

Ein weiterer Tätigkeitsbereich der Schuldnerin war die Druckerwartung. Die Schuldnerin hatte eine Genehmigung zur Arbeitnehmerüberlassung, in deren Rahmen sie einen Teil ihrer Arbeitnehmer an die Firma H. und später an die H.-Tochtergesellschaft G. überließ. Für den Bereich der Druckerwartung waren bei der Schuldnerin eine eigene Einsatzsteuerung, eigene Produktbetreuung und eigene Ausbildungsmaßnahmen vorhanden, die nicht auf andere Mitarbeiter ausgedehnt wurden. Der Serviceauftrag der G. wurde zum 31. Mai 2009 gekündigt.

Weitere Tätigkeitsbereiche der Schuldnerin waren Netzwerk-Support H3C (Support und Service in LAN, Netzwerk) und Graudata Storage Systeme.

Der Kläger war vom 01. Oktober 2005 bis 30. März 2008 im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung bei H. tätig. Er nahm von April 2008 bis Juli 2009 an folgenden acht Schulungen teil, die nicht auf die Tätigkeit Drucken oder auf Drucker bezogen waren, nämlich

EMC² Clarion CX4

EMC² Clarion CX3

L700 Libraries

SUN Server

H. DS4000

EMC² EDL

H. P-Series...

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