Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang bei Erbringung der Dienstleisung gegenüber Dritten durch konzernangehörige Tochtergesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Betriebsübergang wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Tochtergesellschaft die Dienstleistung gegenüber Dritten aufgrund eines Dienstleistungsvertrags mit der Muttergesellschaft und nicht aufgrund eigener Vertragsbeziehung erbringt. Durch die gesellschaftsrechtliche Aufspaltung und das Dazwischenschalten eines Diensleistungsvertrages zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft lässt sich ein Betriebsübergang nicht verhindern.

2. Bei einem Betriebsübergang kommt es entscheidend darauf an, dass der Arbeitnehmer dem übertragenen Betriebsteil angehört (st. Rspr. des BAG). Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach Wegfall einer Beschäftigungsmöglichkeit in einem später nichtübertragenen Betriebsteil eine Tätigkeit in einen später Übergehenden Betriebsteil zu, liegt darin in der Regel die Zuordnung zu diesem Betriebsteil.

 

Normenkette

BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Mannheim (Urteil vom 12.05.2010; Aktenzeichen 11 Ca 504/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.06.2012; Aktenzeichen 8 AZR 243/11)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten zu 1 sowie der Beklagten zu 2 gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 12.05.2010, Az. 11 Ca 504/09, werden zurückgewiesen.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

3. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird für die Beklagten zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung des beklagten Insolvenzverwalters über das Vermögen der Arbeitgeberin des Klägers sowie um einen Weiterbeschäftigungsanspruch gegen die potentielle Betriebserwerberin.

Der Kläger ist 1958 geboren. Sein mit Wirkung vom 01.09.1984 mit der B. AG begründetes Arbeitsverhältnis ist durch mehrere Betriebsübergänge zuletzt auf die Insolvenzschuldnerin übergegangen. Zum Zeitpunkt der Kündigung war er als Servicemitarbeiter im sog. „S.L.S.” eingesetzt. Sein monatliches Durchschnittsgehalt belief sich auf ca. EUR 4900,00. Ihm stand ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung; der geldwerte Vorteil belief sich auf EUR 253,77 monatlich.

Die Insolvenzschuldnerin wurde 2003 als 100 %-ige Tochter aus der C. D. GmbH ausgegliedert. Ihr Hauptbetätigungsfeld war die Installation und Wartung von EDV-Produkten (Hard/Software). Sie unterhielt hierfür bundesweit 10 Standorte. Zuletzt beschäftigte sie 80 Arbeitnehmer. Etwa 90 % der Serviceleistungen erbrachte die Insolvenzschuldnerin aufgrund eines Dienstleistungsvertrags mit der Muttergesellschaft gegenüber deren Kunden. Die Insolvenzschuldnerin hatte die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Bis zum 31.05.2009 überließ sie acht ihrer Mitarbeiter, u.a. den Kläger, der I.-Tochter i. zur Druckerstraßenwartung. Vier Arbeitnehmer waren anderweitig zur Druckerwartung eingesetzt. Nachdem der Überlassungsvertrag mit i. zum 31.05.2009 ausgelaufen war, setzte die Insolvenzschuldnerin den Kläger in ihrem Service D. C. ein, wo er Serviceanforderungen der Kunden entgegennahm und an die Servicetechniker weiterleitete.

Am 18.09.2009 vereinbarten der Bekl. Ziff. 1 als vorläufiger Insolvenzverwalter der C. S. GmbH und der vorläufige Insolvenzverwalter der C. D. GmbH mit der Beklagten Ziff. 2, die seinerzeit als A. I. S. firmierte, die Übertragung der Service- und Wartungsverträge sowie der zu deren Durchführung erforderlichen Teile (Ersatzteillager, Werkzeuge, PC's, Laptops, Büroausstattung) mit Wirkung zum 05.10.2009. Außerdem verpflichtete sich die Beklagte Ziff. 2, 56 Arbeitnehmern der Insolvenzschuldnerin Arbeitsverträge anzubieten. Die Beklagte Ziff. 2 bezahlte für die beweglichen Wirtschaftsgüter der Insolvenzschuldnerin T EUR 499,8 und für deren eigenen Kundenstamm T EUR 47,6. Für den Kundenstamm (Service- und Wartungsverträge) der Muttergesellschaft wurden T EUR 476 vergütet. Entsprechend dem Erwerberkonzept wurde ausdrücklich ausgenommen der Bereich „Druck”, in dem die Beklagte Ziff. 2 weder Serviceleistungen noch Arbeitnehmerüberlassung erbringen wollte. Ziff. 11 des Kaufvertrags mit dem Beklagten Ziff. 1 lautet dementsprechend:

„Die Vertragsparteien sind sich ausdrücklich darüber einig, dass es sich bei dem Betriebsteil „Druck” um einen eigenständigen Betriebsteil handelt, von denen keine Wirtschaftsgüter und auch keinerlei Vertragsbeziehungen zu Kunden der Schuldnerin übernommen werden. Die Arbeitnehmer, die dem Betriebsteil „Druck” zuzuordnen sind, ergeben sich aus der Anlage 3b. Der Erwerber hat keinen Willen, diese Arbeitnehmer zu übernehmen.” (Abl. 156 der erstinstanzlichen Akte)

Der Kläger ist in Anlage 3b namentlich aufgeführt.

Am 01.10.2009 wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte Ziff. 1 zum Insolvenzverwalter bestellt. Am gleichen Tag wurde auch über das Vermögen der C. D. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Ebenfalls am 01.10.2009 wurde mit dem Betriebsrat der Insolvenzs...

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