Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung der Zweckbestimmung bei freiwilligen Leistungen. Maßregelungsverbot

 

Leitsatz (amtlich)

Ändert der Arbeitgeber die Zweckbestimmung einer jahrelang unter Freiwilligkeitsvorbehalt erbrachten übertariflichen Leistung und schließt dadurch solche Arbeitnehmer, die sich einer vom Arbeitgeber angestrebten Veränderung ihrer Arbeitszeit veweigern für die Zukunft von der übertariflichen Leistung aus, verstößt dies nicht gegen das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB, wenn der Arbeitgeber für seine Zweckbestimmung sachliche Gründe hat.

 

Normenkette

BGB § 612a

 

Verfahrensgang

ArbG Kempten (Urteil vom 28.09.2000; Aktenzeichen 5 Ca 1232/99 M)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 28.9.2000 – Az.: 5 Ca 1232/99 M – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin eine Beteiligung am Umsatz für Januar 1999 bis Juni 1999 am Gewinn für Juli 1998 bis Juni 1999 sowie am Umsatz für Juli 1999 bis Dezember 1999 zusteht.

Die Klägerin ist seit 12.2.1990 bei der Beklagten als Montiererin beschäftigt. Die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit beträgt 36 Stunden pro Woche.

Mit „Information für die Betriebsangehörigen” (im folgenden Mitarbeiter-Info Nr. 77/8, Bl. 133 d.A.) hatte die Beklagte 1977 die „Einführung einer Erfolgsbeteiligung” geregelt. Danach war unter anderem geregelt:

„Ab dem Geschäftsjahr 1977/78, d. h. ab 1.7.77, sollen Sie am Erfolg unserer Firma beteiligt werden durch Bezüge, die direkt abhängig sind von Umsatz (EBU) und Gewinn (EBG).

Diese Bezüge berühren nicht Ihren Lohn oder Ihr Gehalt, sondern sind zusätzlich.

Die Zahlungen erfolgen zu drei Terminen: (Jahreszahlen als Beispiele)

Oktober: Umsatzbeteiligung für April – September (1. Zahlung nach Einführung der EB: Aus Umsatzbeteiligung Juli – September 1977).

April (1978): Umsatzbeteiligung für Oktober 1977 – März 1978.

Januar (1979): Gewinnbeteiligung des vorangegangenen Geschäftsjahres (1977/78)

Die Firma behält sich das Recht des jederzeitiges Widerrufes dieser freiwilligen Einrichtung vor”.

1997 bemühte sich die Beklagte um die Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit derjenigen Mitarbeiter, die nicht im Drei-Schicht-Betrieb arbeiten, von 36 auf 38 Wochenstunden ohne Gehalts- bzw. Lohnausgleich. Auch die Klägerin wurde mit Schreiben vom 6.11.1997 aufgefordert, einer entsprechenden Verlängerung ihrer Arbeitszeit zuzustimmen. Die Klägerin sowie zuletzt sechs andere Mitarbeiter lehnten dies ab; die übrigen betroffenen Belegschaftsangehörigen (ca. 95 %) vereinbarten mit der Beklagten eine Verlängerung ihrer Arbeitszeit ohne Lohnausgleich. Die Arbeitszeit der Mitarbeiter blieb unverändert bei 36 Stunden; ihre Schicht Zulage wurde aber im Drei-Schicht-Betrieb mit Mitteilung vom 1.1.1998 gekürzt. Mit Schreiben vom 6.3.1998 erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin, dass diese ab 1.1.1998 nicht mehr an der Auszahlung der Erfolgsbeteiligung teilnehme. Mit Mitarbeiter-Info 54/98 regelte die Beklagte die „Erfolgsbeteiligung ab 1.1.1998 wie folgt:

„… Ab 1.1.1998 wird die Erfolgsbeteiligung am Umsatz allen Mitarbeiter(inne)n … gewährt.

Auszahlungen folgen unmittelbar auf den Leistungszeitraum:

EB Umsatz 1. Januar – Juni

im Juli

EB Gewinn Juli – Juni

im September

EB Umsatz 2. Juli – Dezember

im Januar des Folgejahres

… Wir verweisen wieder auf die Freiwilligkeit. Auch bei wiederholter Zahlung entsteht kein Rechtsanspruch für die Zukunft.” (Mitarbeiter-Info Nr. 54/98 vorgelegt im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Kempten Az. 5 Ca 798/99 M dort Bl. 6)

Gerichtigt mit Beschluss vom 23.07.01.

Die Klägerin sowie andere betroffene Arbeitnehmer der Beklagten klagten gegen diesen Ausschluß von der Erfolgsbeteiligung 1998. Das Arbeitsgericht Kempten verurteilte die Beklagte in einem Parallelverfahren mit Urteil vom 28.10.1999 zur Zahlung der Erfolgsbeteiligung Umsatz und Erfolgsbeteiligung Gewinn für das Jahr 1998 (Az. 5 Ca 798/99 M). Die Beklagte nahm ihre hiergegen gerichtete Berufung Az. 10 Sa 1299/99 in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht München zurück und zahlte für das Jahr 1998 allen betroffenen Mitarbeitern – so auch der Klägerin – die Erfolgsbeteiligung aus.

Im April 1999 verteilte die Beklagte an ihre Arbeitnehmer, darunter auch die Klägerin, die Mitarbeiter-Info Nr. 59/99, die folgenden Inhalt hatte:

Erfolgsbeteiligung Umsatz und Gewinn (EBU/G)

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

Die Erfolgsbeteiligung – ist wie bekannt – 1977/8 „freiwillig und jederzeit widerruflich” und ohne Anerkennung eines Rechtsanspruches auch bei wiederholter Zahlung gewährt worden. Die EBG(ewinn) ist – mangels Gewinn – gelegentlich ausgefallen. 1982/83 mussten wir sogar die EBU (msatz) in einem schwierigen Moment aussetzen.

Eine große Mehrheit bietet 1999 unserer Solidaritätsgemeinschaft besonderen Einsatz im Drei-Schicht-Betrieb oder mit 38 Stunden pro Woche. Dafür bekommen diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 1999 die Leis...

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