Entscheidungsstichwort (Thema)

Wartezeit nach § 622 BGB. Ausbildungszeit. Wartezeit. Kündigungsfrist

 

Leitsatz (amtlich)

Die beim Arbeitgeber abgeleistete Ausbildungszeit ist bei Berechnung der Wartezeit nach § 622 BGB mitzuberücksichtigen.

 

Normenkette

BGB § 622

 

Verfahrensgang

ArbG Augsburg (Urteil vom 23.04.1998; Aktenzeichen 1 Ca 4619/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 02.12.1999; Aktenzeichen 2 AZR 139/99)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten vom 28. Mai 1998 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 23. April 1998 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Für die Beklagte wird die Revision zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob bei Berechnung der Wartezeit nach § 622 BGB die beim Arbeitgeber abgeleistete Ausbildungszeit mitzuberücksichtigen ist.

Der Kläger war bei der Beklagten seit 2. September 1991 als Auszubildender und im Anschluß daran seit 1. September 1993 als Technischer Angestellter beschäftigt. Sein monatliches Bruttogehalt belief sich zuletzt auf DM 4.030,–.

Als ihm die Beklagte mit Schreiben vom 19. November 1997, zugegangen am gleichen Tag, zum 31. Dezember 1997 eine ordentliche Kündigung aussprach, ließ der Kläger dagegen mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 10. November 1997 (richtig: 10. Dezember 1997, da am 10. Dezember 1997 beim Arbeitsgericht auch eingegangen) Kündigungsschutzklage erheben, über das angerufene Arbeitsgericht Augsburg wie folgt entschieden hat:

  1. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 14. November 1997 (richtig: 19. November 1997) erst zum 31. Januar 1998 geendet hat.
  2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
  3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt jede Partei zur Hälfte.
  4. Der Streitwert wird auf DM 12.090,– festgesetzt.

Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Endurteils vom 23. April 1998 wird Bezug genommen.

Mit der am 2. Juni 1998 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen und zugleich begründeten Berufung gegen das den Parteien am 25. Mai 1998 zugestellte Ersturteil verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Aus ihrer Sicht war bei Ausspruch der Kündigung vom 19. November 1997 lediglich die Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende des Kalendermonats einzuhalten mit der Folge, daß das Arbeitsverhältnis bereits zum 31. Dezember 1997 sein Ende gefunden hat. In der Zeit vom 2. September 1991 bis 31. August 1993 sei der Kläger bei der Beklagte zwar schon in Ausbildung gewesen; er habe dafür jedoch keine Ausbildungsvergütung, sondern Lohn von der Bundeswehr erhalten. Und da ein Beruf sausbildungsverhältnis mit einem Arbeitsverhältnis auch nicht vergleichbar sei, dürfe die Ausbildungszeit auf die „Dauer des Arbeitsverhältnisses” im Sinne von § 622 EGE nicht angerechnet werden.

Die Berufungsanträge lauten damit:

  1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 24.4.1998 wird aufgehoben.
  2. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger läßt beantragen:

die Berufung zurückzuweisen.

Den Überlegungen des Erstgerichts in der angefochtenen Entscheidung pflichtet er bei, den Ausführungen in der Berufungsbegründung tritt er entgegen. Aus seiner Sicht muß bei Berechnung der Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 2 Ziff. 2 BGB auch das zwischen den Parteien vom 2. September 1991 bis 31. August 1993 bestandene Berufsausbildungsverhältnis mitberücksichtigt werden.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf den Berufungsschriftsatz vom 28. Mai 1998 (Blatt 36 bis 39 der Akte), auf die Berufungsbeantwortung vom 14. Juli 1998 (Blatt 47/48 der Akte) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 17. November 1998 (Blatt 54/55 der Akte).

 

Entscheidungsgründe

Die nach dem Wert ihres Beschwerdegegenstandes statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 64 Abs. 2, Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG; §§ 516, 518, 519 ZPO; hat bei Ermittlung der einzuhaltenden Kündigungsfrist die Dauer der vom Kläger bei der Beklagten zurückgelegten Ausbildungszeit zu Recht mitberücksichtigt; seinen Überlegungen schließt sich die Berufungskammer zunächst einmal an (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Die zu § 1 KSchG vertretene Ansicht, bei Berechnung der 6-monatigen Wartezeit Zeiten der beruflichen Ausbildung mitzuberücksichtigen, wenn das Arbeitsverhältnis dem Ausbildungsverhältnis unmittelbar folgt, kann auf die Berechnung der Wartezeit nach § 622 BGB übertragen werden. Da nach § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB bei Berechnung der Beschäftigungsdauer Zeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmer liegen, nicht berücksichtigt werden, stellt sich in der betrieblichen Praxis diese Anrechnungsfrage regelmäßig nicht. Anders dagegen im Streitfall, denn der Kläger war zur Beklagten erst nach seiner Bundeswehrzeit gekommen und deshalb zum 1. September 1991 bereits älter als 25 Jahre gewesen. Daß dem Kläger während seiner Ausbildung vom 2. September 1991 bis 31. August 1993 von der Beklagten keine Ausbildungsvergütung bezahlt worden ist, steht einer Bewertung dieser Monate als berufliche Ausbildungszeit nicht entgegen.

Entsprechen...

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