Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung der Wahl der Schwerbehindertenvertretung

 

Leitsatz (amtlich)

Anfechtung der Wahl der Schwerbehindertenvertretung wegen fehlender Bekanntgabe von Ort und Zeitpunkt der öffentlichen Sitzung, in der die Wahlbriefe geöffnet wurden.

 

Normenkette

SGB IX § 94 Abs. 6; SchwbVWO §§ 5, 12

 

Verfahrensgang

ArbG Regensburg (Beschluss vom 12.04.2011; Aktenzeichen 2 BV 46/10)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 4 und 5 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Regensburg (Az.: 2 BV 46/10) vom 12.04.11 wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Anfechtung der Wahl einer Schwerbehindertenvertretung.

Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind Beschäftigte der B. AG (der Beteiligten zu 6) in deren Werk 0, Standort Re. Sie sind Schwerbehinderte im Sinne des § 2 SGB IX und wahlberechtigt zur Schwerbehindertenvertretung. Im Werk der Beteiligten zu 6 sind ca. 813 schwerbehinderte Menschen beschäftigt. Die Beteiligten zu 4 und 5 sind die im Rahmen einer am 26.10.2010 durchgeführten Wahl gewählten Schwerbehindertenvertreter, der Beteiligte zu 4 die gewählte Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen, die Beteiligte zu 5 die erste stellvertretende Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen.

Für die am 26.10.2010 turnusgemäß stattfindende Wahl zur Schwerbehindertenvertretung wurde von der früheren Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen ein Wahlvorstand bestellt, bestehend aus Herrn B. als Vorsitzenden, Herrn M. als stellvertretenden Vorsitzenden, Frau Ry., Frau Kö. und Herrn Ku. als weitere Mitglieder.

Der Wahlvorstand erstellte am 07.09.2010 ein Wahlausschreiben für die Neuwahl der Schwerbehindertenvertretung. In Ziffern 7 bis 9 des Wahlausschreibens sind folgende Mitteilungen enthalten:

„7.

Der Wahlvorstand hat schriftliche Stimmabgabe beschlossen. Die Unterlagen zur Briefwahl werden den Wahlberechtigten an die Heimatadresse geschickt und müssen bis spätestens 26. Oktober 2010, um 12.00 Uhr an den Wahlvorstand zurückgesendet bzw. übergeben werden. Die Zusendung der Wahlunterlagen entbindet den Wähler aber nicht von der Möglichkeit, sollte er keine Unterlagen erhalten, diese beim Wahlvorstand zu beantragen.

8.

Die öffentliche Sitzung des Wahlvorstandes zur Auszählung der Stimmen und Feststellung des Wahlergebnisses findet am 26. Oktober 2010, 13.00 Uhr im B. AG Werk 0.1, Geb. 0.0 OG (R-B, Besprechungsraum) statt.

9.

Einsprüche, Wahlvorschläge, Anträge und sonstige Erklärungen sind an den Wahlvorstand zu richten. Der Wahlvorstand ist an Arbeitstagen (Mo. bis Fr.) zu erreichen von 9.30 Uhr bis 13.00 Uhr im B. AG Werk 0.1, Geb. 0.0, OG-Zimmer 0, Tel. 000/000-000 oder Geb. 0.2, OG-Zimmer 0, Tel. 000/000-000.”

Am 29.09.2010 fand eine Sitzung des Wahlvorstandes statt. Dabei wurde der Beschluss gefasst, die Briefwahlunterlagen in der 40. Kalenderwoche zu erstellen und an die Wahlberechtigten zu verschicken. Des Weiteren wurde der Beschluss gefasst, die Briefwahlunterlagen (Freiumschläge) am 26.10.2010 unmittelbar vor Wahlabschluss zu öffnen. Der Wahlvorstand sowie die eingeteilten Wahlhelfer, Frau L. und Herr Rö., sollten sich dazu am 26.10.2010 um 11.00 Uhr im Besprechungsraum des Betriebsrates treffen.

Die Wahlvorschläge wurden am 01.10.2010 ausgehängt.

Am 26.10.2010 ab 11.00 Uhr wurden die bis dahin eingegangenen Freiumschläge geöffnet. Das Öffnen der Freiumschläge erfolgte dabei in dem Raum, in dem auch die Stimmauszählung durchgeführt werden sollte. Die schriftlichen Erklärungen, die in den Freiumschlägen enthalten waren, wurden auf Vollständigkeit geprüft, die verschlossenen grünen Wahlumschläge wurden in die mit einem Vorhängeschloss gesicherte Wahlurne geworfen. Das Öffnen der Freiumschläge, die Prüfung der Erklärungen und die Eintragung in das elektronische Wählerverzeichnis dauerten bis ca. 12.45 Uhr. Die Tür des Raumes, in dem die Behandlung der Freiumschläge stattfand, stand während der ganzen Zeit geöffnet. Um 12.45 Uhr verließen sämtliche Mitglieder des Wahlvorstandes den Raum. Der Raum wurde verschlossen. Die Wahlurne war in dieser Zeit unversiegelt.

Ab 13.00 Uhr fand die Auszählung der Stimmen statt. Im Rahmen der Auszählung der Stimmen wurden auch Briefwahlunterlagen, deren Gültigkeit bei der Eröffnung der Freiumschläge nicht eindeutig geklärt werden konnte, öffentlich behandelt.

Durch Aushang am 27.10.2010 wurde das Wahlergebnis bekanntgemacht. Zur Vertrauensperson wurde der Beteiligte zu 4, zur ersten Stellvertreterin die Beteiligte zu 5 und zum zweiten Stellvertreter der Beteiligte zu 2 gewählt.

Seit ca. zehn Jahren benutzen die verschiedenen Wahlvorstände für die Wahl des Betriebsrates sowie für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung den im Wahlausschreiben angegebenen Besprechungsraum, B. AG Werk 0.1, Geb. 0.0 OG (R-B Besprechungsraum) für die Wahlvorgänge, Öffnung der Briefunterlagen und Stimmauszählung.

Die Beteiligten zu 1 bis 3 haben mit Antrag vom 09.11.2010 die Wahl der Schwerbehindertenvertretung vom 26.10....

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