Entscheidungsstichwort (Thema)

Zielsetzung des Aufhebungsverfahrens nach § 101 Satz 1 BetrVG. Zuordnung des Arbeitnehmers zu einem Betriebsteil beim Betriebsübergang

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Entscheidungen im Aufhebungsverfahren haben nur Wirkung für die Zukunft. Es geht nicht darum, ob die Maßnahme bei ihrer Durchführung betriebsverfassungsrechtlich zulässig war. Die Aufhebung einer Versetzung durch den Arbeitgeber kann demnach nur dann erfolgen, wenn der Arbeitgeber noch Zugriff auf das Arbeitsverhältnis hat. Ist dieses aufgelöst oder auf einen Dritten übergegangen, ist die Aufhebung der Versetzung nicht mehr möglich, ein Anspruch darauf nicht mehr gegeben und der Antrag deshalb abzuweisen.

2. Für die Zuordnung eines Arbeitsverhältnisses ist in erster Linie auf den Willen der Arbeitsvertragsparteien, d.h. auf eine zwischen Veräußerer und Arbeitnehmer getroffene Vereinbarung abzustellen. Fehlt eine solche, erfolgt die Zuordnung grundsätzlich durch den Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts. Fehlt es auch daran oder ist die Zuordnung nicht eindeutig, ist nach objektiven Kriterien zu ermitteln, wobei eine wertende Gesamtbetrachtung aller Elemente vorzunehmen ist.

 

Normenkette

BetrVG § 100 S. 1; BGB § 613a Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 16.12.2019; Aktenzeichen 29 BV 288/19)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 15.11.2022; Aktenzeichen 1 ABR 15/21)

 

Tenor

I. Das Verfahren hinsichtlich Herrn A wird infolge Erledigterklärung eingestellt.

II. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 16.12.2019, Az. 29 BV 288/19, in Ziffern 2) und 4) abgeändert und der Antrag insoweit abgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten zuletzt noch um die Aufhebung einer Versetzung.

Die Beteiligte zu 2) betreibt ein Mobilfunk- und Telefoniefestnetz und unterhält neben anderen einen Betrieb "Z" mit derzeit etwa 545 Arbeitnehmern. Der Beteiligte zu 1) ist der in diesem Betrieb installierte Betriebsrat.

Im Betrieb "Z" wurde zur effizienteren Bewirtschaftung der genutzten Grundstücks- und Dachflächen innerhalb des Geschäftsbereichs Technik ein neuer Bereich Y installiert, dem die damit zusammenhängenden Assets und Aufgaben aus den bisherigen Organisationseinheiten, u.a. den Abteilungen TDI und TDR, zugewiesen wurden. Die mit den Aufgaben betrauten Arbeitnehmer wurden zum 01.05.2019 durch die Beteiligte zu 2) dem neuen Bereich zugeordnet und der Beteiligte zu 1) darüber informiert. Betroffen davon waren unter anderem die Herren X und W, die aus der Abteilung TDIF bzw. TDRB-S in die neue Abteilung TCIO bzw. TCII transferiert werden sollten und daher in die von der Beteiligten zu 2) dem Betriebsrat übersandte Liste aufgenommen waren.

Mit Email vom 08.05.2019 nahm der Beteiligte zu 1) für die Maßnahmen ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG in Anspruch, weil es sich nach seiner Auffassung um Versetzungen handle, was die Beteiligte zu 2) zurückwies.

Mit seinem Antrag vom 30.07.2019 hat der Beteiligte zu 1) die Aufhebung der Versetzungen und die Androhung von Zwangsgeld verfolgt.

Er hat zuletzt beantragt:

1. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, die Versetzung des Arbeitnehmers X aus dem Bereich "TDIF" in den Bereich "TCIO" aufzuheben.

2. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, die Versetzung des Arbeitnehmers W aus dem Bereich "TDRB-S" in den Bereich "TCII" aufzuheben.

3. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, es unter Androhung eines der Höhe nach vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, ohne durch den Beteiligten zu 1) vorherige - erteilte, als erteilt geltende oder gerichtlich ersetzt - Zustimmung Arbeitnehmer aus dem Bereich "TDIF" in dem Bereich "TCIO" einzusetzen, sofern nicht die Maßnahme aus sachlichen Gründen im Sinne von § 100 BetrVG dringend erforderlich ist. die Versetzung des Arbeitnehmers X aus dem Bereich "TDIF" in den Bereich "TCIO" aufzuheben.

4. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, es unter Androhung eines der Höhe nach vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, ohne durch den Beteiligten zu 1) vorherige - erteilte, als erteilt geltende oder gerichtlich ersetzt - Zustimmung Arbeitnehmer aus dem Bereich "TRDB-S" in dem Bereich "TCII" einzusetzen, sofern nicht die Maßnahme aus sachlichen Gründen im Sinne von § 100 BetrVG dringend erforderlich ist. die Versetzung des Arbeitnehmers W aus dem Bereich "TDRB-S" in den Bereich "TCII" aufzuheben.

Das Arbeitsgericht München hat unter dem Aktenzeichen 29 BV 288/19 mit Beschluss vom 16.12.2019, auf den hinsichtlich seiner Sachverhaltsdarstellung wie rechtlichen Ausführungen ergänzend Bezug genommen wird, den ersten beiden Anträgen im vollen und den beiden letzten teilweise, nämlich in Bezug auf die beiden konkreten Personen, stattgegeben, weil es sich bei den Maßnahmen um Versetzungen gehandelt habe.

Gegen diese ihr am 11.05.2020 zugestellte Entscheidung hat die Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz vom 10.06.2020, der am selben Ta...

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