Entscheidungsstichwort (Thema)

Beleidigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch im Bereich der Beleidigung gibt es keine absoluten Kündigungsgründe.

2. Es ist nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden, ob eine Beleidigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar macht.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Aktenzeichen 7 Ca 8889/09)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu 50 % die Klägerin und zu 50 % die Beklagten zu 1) und 2).

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung.

Die Beklagte zu 1) betreibt eine Kette von Textilfilialen, in denen sie Young-Fashion-Mode und Accessoires vertreibt. Sie betreibt insgesamt mehr als 100 Filialen im ganzen Bundesgebiet und beschäftigt mehr als 10 Arbeitnehmer. Die Beklagte zu 1) firmierte ursprünglich unter dem Namen F. F. G. mit Sitz in B. Im Lauf des Rechtsstreits hat die Beklagte zu 1) ihren Sitz nach W. verlegt und firmiert nunmehr unter dem Namen m G.. Auf Antrag der Beklagtenseite ist das Rubrum insoweit berichtigt worden.

Die Beklagte zu 2), die an derselben Geschäftsadresse in B. ansässig ist, bei der ursprünglich auch die Beklagte zu 1) ansässig war, und die von demselben Geschäftsführer wie die Beklagte zu 1) geleitet wird, hat insgesamt 3 Textilfilialen betrieben.

Die am 15.03.1974 geborene Klägerin war gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag vom 30.09.2008 (Bl. 4 ff. d. A.) unter Anerkennung einer früheren Betriebszugehörigkeit ab dem 15.09.1995 für die Beklagte zu 1) als Store-Managerin tätig. Ihr oblag die Leitung der Filiale S. in K.

Leiterin der weiteren Filiale H. S. in K. ist die Zeugin G. Am 10.09.2009 hatte die Klägerin einen freien Tag. An diesem Tag besuchte die Zeugin G., die nach der Darlegung der Beklagten zu 1) die Filiale S. mit betreuen sollte, diese Filiale und überprüfte u. a. die Personaleinsatzpläne. Dabei stellte sie fest, dass die Klägerin und ihre Vertreterin in derselben Schicht eingeteilt waren.

Die Zeugin G. hinterließ eine Nachricht in der Filiale mit der Aufforderung, diese Schichteinteilung zu ändern.

Am 11.09.2009 telefonierte die Klägerin wegen der Personaleinsatzplanung mit der Zeugin G., wobei eine Einigung nicht erzielt werden konnte.

Noch am selben Tag suchte die Zeugin G. die Filiale S. auf und änderte die Einsatzplanung. Bei diesem Besuch kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und der Zeugin G., die Anlass der ausgesprochenen Kündigung ist.

Im Einzelnen ist unstreitig, dass die Klägerin im Verlauf der Auseinandersetzung der Zeugin G. den Mittelfinger zeigte und erklärte, dass sie das Kotzen bekomme, wenn sie die Visage der Frau G. sehe. Ferner erklärte die Klägerin im Verlauf dieser Auseinandersetzung, dass sie so etwas Falsches und Hinterhältiges wie Frau G. noch nie gesehen habe. Die weiteren Einzelheiten der Auseinandersetzung sind zwischen den Parteien streitig.

Mit E-Mail vom 14.09.2009 hörte die Beklagte zu 1) die Klägerin zu der stattgefundenen Auseinandersetzung an (Bl. 31 f. d. A.).

Die Klägerin nahm daraufhin mit E-Mail ebenfalls vom 14.09.2009 (Bl. 31 d. A.) Stellung und führte hierzu aus:

„Hier meine Sicht der Dinge die vorgefallen sind!

Ich lasse mich nicht als Lügnerin darstellen, unfähig eine Filiale zu leiten und dass ich meine Mitarbeiter nicht richtig behandle! Dass ich nicht im Stande bin richtig Pep zu machen. Dass die Mitarbeiter nicht die Schichten bekommen, die ihnen zustehen! Sie können sich alle Peps gerne anschauen um festzustellen, wer wie gearbeitet hat!!!

Ich habe seit Jahren erfolgreich meine Filialen geleitet und nie Probleme gehabt bis die Frau G. kam.

Mehr habe ich nicht zu der Geschichte zu sagen!”

Die Beklagte zu 1) kündigte daraufhin mit Schreiben vom 15.09.2009 (Bl. 11 d. A.) das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstzulässigen Termin (Bl. 11 d. A.).

Das Arbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeuginnen Frau G. und Frau B. (Bl. 82 ff. d. A.) der Klage teilweise stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht fristlos aufgelöst worden sei, sondern bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 28.02.2010 fortbestanden habe.

Im Übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils erhielt die Klägerin von der Beklagten zu 2) ein Kündigungsschreiben unter dem Datum 29.03.2010, in dem das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31.08.2010 gekündigt wurde (Bl. 183 d. A.). Gegen diese Kündigung hat die Klägerin Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht B. erhoben.

Am 26.04.2010 (Bl. 181 d. A.) erhielt die Klägerin ein undatiertes Schreiben der Beklagten zu 1), indem mitgeteilt wurde, dass ein Betriebsübergang auf die Firma C zum 14.05.2009 stattgefunden habe (Bl. 181 d. A.). Ferner erhielt di...

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