Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung. Sozialauswahl. Vergleichbarkeit. Zustimmung der Hauptfürsorgestelle. Aussetzung

 

Leitsatz (amtlich)

1) Zu Fragen der Sozialauswahl bei der betriebsbedingten Kündigung, insbesondere zur „horizontalen Vergleichbarkeit”.

2) Zur Frage der Aussetzung des Kündigungsschutzverfahrens eines Schwerbehinderten bei nicht rechtskräftiger Zustimmung der Hauptfürsorgestelle.

 

Normenkette

KSchG §§ 1, 1 Abs. 5 a.F.; SchwbG § 15; BetrVG § 111; ZPO § 148

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 30.09.1998; Aktenzeichen 2 Ca 104/98 EU)

ArbG Aachen (Aktenzeichen 2 Ca 104/98)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 30.09.1998 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten arbeitgeberseitigen Kündigung und das Verlangen des Klägers auf Weiterbeschäftigung.

Der im Jahre 1950 geborene, verheiratete Kläger, der mit einem Grad der Behinderung von 70 % als Schwerbehinderter anerkannt ist, steht seit Januar 1975 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten. Er wurde zunächst als Betriebselektriker eingestellt. Ab Juni 1982 wurde ihm unter Übernahme in das Angestelltenverhältnis die Funktion eines Produktionsmeisters übertragen, die er jedoch einige Zeit später einvernehmlich wieder abgab. Nachdem er sodann als Fertigungskontrolleur gearbeitet hatte, wurde er Mitte 1996 zum Leiter der dreiköpfigen Versandabteilung eingesetzt. Bei den beiden, dem Kläger in der Versandabteilung unterstellten Mitarbeitern, handelte es sich zum einen unstreitig um den Arbeitnehmer Josef O, zum anderen nach der Behauptung des Klägers um den Mitarbeiter M, nach der Behauptung der Beklagten um den Mitarbeiter R. Der Kläger erzielte zuletzt ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 4.610,– DM.

Nebenher wurde der Kläger abwechselnd mit den beiden hauptamtlich tätigen Betriebselektrikern V und W zu einem außerhalb der regulären Arbeitszeiten des Betriebes eingerichteten Rufbereitschaftsdienst herangezogen, zu dessen Aufgaben es gehörte, bei Betriebsstörungen einzugreifen, aber auch bei auf arbeitsfreie Tage fallenden Monatswechseln Zählerstände für Gas, Wasser und Elektrizität abzulesen etc.

Die Beklagte produziert säure- und feuerfeste Steine für den Kamin- und Stahlwerksbau. Sie beschäftigte am Standort Arloff 31 Arbeiter und 8 Angestellte. Die Beklagte verfügt über eine weitere Betriebsstätte in Breitscheid/Westerwald.

Am 29.09.1997 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat der Zweigniederlassung Bad Münstereifel-Arloff eine Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan (Bl.38 ff., 45ff.d.A.). Gegenstand dieser Betriebsvereinbarungen war ein geplanter Personalabbau, dessen Notwendigkeit damit begründet wurde, dass sich für das Geschäftsjahr 1997/1998 (01.10.1997 bis 30.09.1998) eine schlechte Auftragslage abzeichne, die bedinge, dass die Kosten um mindestens 20 % abgesenkt werden müssten. Dem Interessenausgleich war als Anlage eine Namensliste mit neun zu kündigenden Arbeitnehmern beigefügt, auf der sich auch der Name des Klägers befindet.

Unter dem 11.12.1997 stimmte die Hauptfürsorgestelle der beantragten Kündigung des Klägers zu. Nachdem auch der nunmehr nochmals angehörte Betriebsrat mit Schreiben vom 18.12.1997 der Kündigung zugestimmt hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 27.12.1997, dem Kläger zugegangen am 29.12.1997, fristgerecht zum 31.07.1998. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden, am 12.01.1998 beim Arbeitsgericht Bonn eingegangenen Kündigungsschutzklage. Zwei der neun auf der Namensliste des Interessenausgleichs stehenden Mitarbeiter wurden nicht gekündigt, statt dessen jedoch das Arbeitsverhältnis mit zwei anderen, nicht auf der Namensliste stehenden Mitarbeitern aufgelöst.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass der Interessenausgleich nicht wirksam zustandegekommen und dass die Namensliste nicht wirksam Inhalt des Interessenausgleichs geworden sei. Jedenfalls bedeute die Weiterbeschäftigung der auf der Namensliste stehenden Mitarbeiter D und V eine wesentliche Änderung der Sachlage. Der Kläger hat weiter eingewandt, die durch die Verschiebung eines thailändischen Großauftrages bedingte Verschlechterung der Auftragslage sei nur vorübergehend. Die Versandabteilung sei auch nicht geschlossen worden; denn die dort anfallenden Arbeiten fielen weiter an und würden auch weiter von dem nach wie vor ausschließlich in der Verpackung tätigen Mitarbeiter M erledigt.

Weiter hat der Kläger die Sozialauswahl gerügt. Unter anderem seien der Mitarbeiter M, den die Beklagte nur deshalb weiter beschäftigte, weil er wesentlich „billiger” sei als er, der Kläger, sowie die Betriebselektriker W und V sowohl vergleichbar, als auch weniger sozial schutzwürdig.

Der Kläger hat beantragt,

1.) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 27.12.1997, dem Kläger zugestellt am 29.12.1997, nicht auf...

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