Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.10.1991; Aktenzeichen 2 AZR 197/91)

 

Tenor

Die Entscheidung im Versäumnisurteil vom 23.8.1989 wird aufrechterhalten.

Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger, geboren 1939, war ab 1.7.1980 Technischer Leiter im Unternehmen der Beklagten (Fahrzeugaufbauten, damals rund 250 Arbeitnehmer) mit Prokura gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag vom 29.08.1980 gegen ein Monatsgehalt von zuletzt 7.347,– DM und anderen Bezügen. Gemäß Bescheid vom 10.11.1982 ist er schwerbehindert (60 % ME). Seit April/Mai 1987 wurde die Beklagte von Rechtsanwalt K., später Rechtsanwalt S., liquidiert, nachdem ein Konkursantrag mangels Masse abgelehnt worden war. Die Zahl der Arbeitnehmer wurde auf ca. 100 reduziert. Dem Kläger wurde die Prokura entzogen, und er wurde ab 12.5.1987 von der Arbeit freigestellt. Er erhielt kein Arbeitsentgelt. Am 1.10.1987 trat er eine Stelle bei einem anderen Unternehmen an mit einem Monatsverdienst von 7.708,33 DM. Unter dem 2.12.1987 hat die Beklagte dem Kläger in Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zum 30.6.1988 gekündigt. In einem Vorprozeß beim Arbeitsgericht Köln – 14 Ca 9148/87 – wurde festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung nicht beendet wird, sondern darüber hinaus fortbesteht, und die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen. Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil wurde zurückgewiesen mit der Begründung, die Beklagte hätte den Kläger zu geänderten – verschlechterten – Bedingungen weiterbeschäftigen können, nämlich auf der Stelle des ausgeschiedenen Betriebsleiters R. bei entsprechend herabgesetztem Gehalt (Bl. 140 und 143 d.A.). In einem weiteren Rechtsstreit beim Arbeitsgericht Köln – 13 Ca 3847/88 – wurde dem Kläger als Gehalt für die Zeit bis zum 30.9.1987 und als weitere Bezüge ein Betrag von 45.016,63 DM brutto abzüglich 16.069,50 DM Arbeitslosengeld zugesprochen durch Urteil vom 24.11.1988 (Bl. 144 d.A.).

Unter dem 1.12.1988 hat daraufhin der Liquidator den Kläger aufgefordert, seine Tätigkeit bei der Beklagten wieder aufzunehmen und zwar gemäß dem Urteil des Landesarbeitsgerichts auf dem Ersatzarbeitsplatz eines Betriebsleiters neben dem Angestellten M. gegen eine entsprechend geminderte Vergütung, und den Kläger auf § 12 KSchG verwiesen (Bl. 149–152 d.A.). Der Kläger hat darauf unter dem 7.12.1988 erwidert, daß er von § 12 KSchG keinen Gebrauch machen wolle, sondern das Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB ausübe und er ja ausgesprochen töricht sein mußte, der Aufforderung des Liquidators Folge zu leisten, nachdem er ausdrücklich erklärt habe, die kumulierten rückständigen Ansprüche des Klägers nicht befriedigen zu wollen (Bl. 154 f d.A.). Eine weitere Aufforderung der Beklagten vom 9.12.1988 wurde vom Kläger unter dem 14.12.1988 abgelehnt. Die Beklagte hat daraufhin unter dem 31.1.1989 bei der Hauptfürsorgestelle die Zustimmung zu einer fristlosen Kündigung beantragt (Bl. 9 d.A.), der Kläger hierzu gemäß Schriftsatz vom 11.2.1989 Stellung genommen (Bl. 166 d.A.), die Hauptfürsorgestelle durch Bescheid vom 14.2.1989 die Zustimmung erteilt (Bl. 11 d.A.), die Beklagte unter dem 21.2.1989 den Kläger nochmals zur Wiederaufnahme der Tätigkeit aufgefordert (Bl. 15 d.A.) und unter dem 6.3.1989 schließlich fristlos gekündigt (Bl. 157 d.A.). Hiergegen hat der Kläger am 20.3.1989 Klage erhoben.

Der Kläger hat vorgetragen: Die Aufforderung der Beklagten, der Kläger möge bei ihr seine Tätigkeit wieder aufnehmen, könne keine Wirkung haben, als und solange die Beklagte nicht sämtliche Folgen des unstreitigen Schuldnerverzuges beseitigt habe und die erhobenen Einreden des Klägers gegen das Ansinnen der Aufnahme seiner Arbeit gemäß §§ 320, 321 BGB ausgeräumt habe. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die Beklagte wolle sich unter allen Umständen von dem Kläger trennen, damit sie unbehelligt ihre undurchsichtigen Liquidationsmanöver beenden könne. Dem werde der Kläger entgegenzutreten wissen. Er habe glücklicherweise inzwischen eine neue Arbeitsstelle in Espelkamp gefunden, erleide jedoch ganz erhebliche Einkommenseinbußen in Höhe von ca. 20.000,– DM jährlich, für die er sich an der Beklagten schadlos halten wolle.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 6.3.1989, zugegangen am 7.3.1989, nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Bei dem vorgebrachten Zurückbehaltungsrecht handele es sich um ein Scheinargument. Der Kläger wolle tatsächlich bei der Beklagten die Arbeit nicht wieder aufnehmen. Die Gehaltsforderung des Klägers aus seiner früheren Tätigkeit für die Beklagte könne infolge Insolvenz bisher nicht ausgeglichen werden. Die Beklagte habe dem Kläger ausdrücklich zugesichert, daß bei Wiederaufnahme der Tätigkeit der Kläger das verein...

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