Entscheidungsstichwort (Thema)

Ansprüche des in Insolvenz gefallenen Arbeitgebers gegen einen Pensionsverein auf Auskehr der Rückkaufwerte von Rückdeckungsversicherungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist die Mitgliedschaft des Arbeitgebers in einem Pensionsverein durch die Insolvenz des Arbeitgebers beendet worden, so sind die Rückkaufwerte von Rückdeckungsversicherungen für noch nicht unverfallbar gewordene Anwartschaften von Arbeitnehmern in der betrieblichen Altersversorgung an die Insolvenzmasse auszukehren.

 

Normenkette

BGB § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 04.09.2015; Aktenzeichen 1 Ca 9771/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.10.2018; Aktenzeichen 3 AZR 402/16)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 04.09.2015 - 1 Ca 9771/14 - abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 73.222,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 16.08.2013 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der klagende Insolvenzverwalter und der Beklagte streiten darüber, ob der Beklagte, ein eingetragener Verein, dessen Zweck es ist, für seine Mitglieder (Trägerunternehmen) Versorgungsleistungen unter anderem an deren versorgungsberechtigte ehemalige Arbeitnehmer zu erbringen, streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, die Rückkaufwerte aus einer Rückdeckversicherung für zwei Arbeitnehmer der Schuldnerin, deren Mitgliedschaft als Trägerunternehmen auf Grund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens satzungsgemäß beim Beklagten erloschen ist, an die Insolvenzmaße auszukehren.

Wegen des insgesamt unstreitigen Parteivorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Bezug genommen wird insbesondere auch auf den betrieblichen Leistungsplan für die Schuldnerin (Bl. 22 bis 26 d. A.) und die Satzung des Beklagten (Bl. 31 bis 37 d. A.).

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 04.09.2015 die Klage abgewiesen.

Gegen dieses ihm am 28.09.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.10.2015 Berufung eingelegt und diese am 30.11.2015 begründet.

Beide Parteien verfolgen ausschließlich mit Rechtsausführungen ihr jeweiliges Prozessziel weiter. Insoweit wird auf die Berufungsbegründung des Klägers (Bl. 126 bis 138 d. A.) sowie dessen Schriftsatz vom 22.02.2016 (Bl. 153 bis 157 d. A.) und auf die Berufungsbeantwortung des Beklagten (Bl. 143 bis 147 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 73,222,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 16.08.2013 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätzen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hatte in der Sache Erfolg. Der Anspruch ergibt sich aus§ 812 Abs. 1 S. 2, 1. Alternative (späterer Wegfall des rechtlichen Grundes).

I. Der Beklagte hat die Beitragszahlungen der Schuldnerin für die Arbeitnehmer A und B in Höhe von insgesamt 91.113,75 € erhalten, die jedenfalls zum Teil für den Abschluss und die Bedienung der Rückdeckungsversicherungen für die beiden Arbeitnehmer verwandt wurden und deren Rückkaufwerte zum Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft der Schuldnerin beim Beklagten 73.222,64 € betrugen. Die Rückdeckungsversicherungen dienten dazu, die im Leistungsplan festgelegten Leistungen rückzudecken. Dieser Zweck konnte nach Erlöschen der Mitgliedschaft der Schuldnerin beim Beklagten nicht mehr erreicht werden. Der Beklagte ist insoweit auch nicht entreichert, weil er Versicherungsnehmer der Rückdeckungsversicherungen ist und sich der Wert der Rückdeckungsversicherung noch in seinem Vermögen befindet. Der Anspruch des Klägers ist auch weder durch eine anderweitige gesetzliche Zuordnung des Vermögens, nämlich zum Pensionssicherungsverein, ausgeschlossen, noch durch Vertrag bzw. mitgliedschaftsrechtliche Regelungen in der Satzung des Beklagten. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Der Beklagte hat das mit der Klage zurückgeforderte Geld im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB durch Leistung erlangt. Der Beklagte hat unstreitig die von der Schuldnerin gezahlten 91.113,75 € erhalten. Das Geld hat er - unter Abzug von Unkosten, Gebühren, etc. - für den Abschluss der Rückdeckungsversicherungen ausgegeben. Das aber ändert nichts daran, dass der Beklagte das Geld erlangt hat. Das Geld hat auch der Beklagte und nicht etwa das Versicherungsunternehmen, bei dem die Rückdeckungsversicherung abgeschlossen wurde, erlangt. Denn die Schuldnerin leistete im Rahmen des Deckungsverhältnisses an den Beklagten. Gemäß VIII 3. erster Absatz des Leistun...

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