Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungskündigung mit „vorfristigem” Änderungsangebot

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine ordentliche Änderungskündigung, die auf eine vor Ablauf der Kündigungsfrist des betreffenden Arbeitnehmers wirksam werdende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen zielt, ist nach § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 KSchG sozial ungerechtfertigt (wie BAG, Urteil vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969; LAG Köln, Urteil vom 03.08.2007 – 4 Sa 233/07).

2. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits wenige Tage nach dem Zugang der Änderungskündigung schriftlich mitteilt, dass die Änderungskündigung bzw. das in ihr enthaltene Änderungsangebot nicht „vorfristig”, sondern erst zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gelten solle.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2 S. 1, § 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 28.03.2007; Aktenzeichen 10 Ca 5034/06)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 28.03.2007 – 10 Ca 5034/06 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung.

Die am 28.09.1966 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Klägerin war seit dem 01.09.1999 bei der Beklagten auf der Grundlage eines mit dem 17.07./21.07.2000 datierten Anstellungsvertrags zuletzt als Sachbearbeiterin im Bereich Cusomer Marketing in K mit einem jährlichen Bruttoeinkommen in Höhe von 34.087,50 EUR beschäftigt.

Am 21.04.2006 vereinbarten die Beklagte und der in ihrem Betrieb in Köln bestehende Betriebsrat einen Interessenausgleich, in dem u.a. die schrittweise Verlagerung der Arbeitsplätze nach B geregelt wurde. Für den Bereich Cusomer Marketing sieht die Anlage 1 zu dem Interessenausgleich einen Umzug nach B am 17.07.2006 vor. In Köln sollte der Bereich „PSE (Professional Solutions Europe)” verbleiben, der professionelle Kunden, wie R, W, S, V und Krankenhäuser in der Region betreut. Die Mitarbeiter, die aus diesem Bereich dort bleiben sollten, sind in der Anlage 3 zum Interessenausgleich namentlich benannt. Für weitere, in der Anlage 2 zum Interessenausgleich namentlich benannte Arbeitnehmer war eine Verlagerung der Arbeitsplätze in ein Home Office vorgesehen. In Nr. V des Interessenausgleichs heißt es u.a., der Betriebsrat und der Arbeitgeber kommen überein, dass bei Änderungskündigungen eine Liste der betroffenen Arbeitnehmer mit vollständigen Sozialdaten und eine § 102 BetrVG genügende Begründung sowie bei Anhörung zur Massenentlassungsanzeige eine Liste der betroffenen Arbeitnehmer sowie eine § 17 KSchG genügende Begründung jeweils ausreichten. Gemäß Nr. VI des Interessenausgleichs findet zum Ausgleich bzw. der Milderung wirtschaftlicher Nachteile der von der Betriebsänderung betroffenen Mitarbeiter der Rahmensozialplan vom 31.01.2006 „Rahmenvereinbarung zum Ausgleich möglicher wirtschaftlicher Nachteile für Mitarbeiter durch Änderungen der betrieblichen Organisation”) bis zum Abschluss der Betriebsänderung Anwendung. Dieser sieht u.a. Abfindungen für die Mitarbeiter vor, die eine Weiterbeschäftigung in B ablehnen. Die Klägerin hätte danach einen Abfindungsanspruch in Höhe von 24.200,00 EUR brutto.

Mit Schreiben vom 12.05.2006 zeigte die Beklagte bei der Agentur für Arbeit K vorsorglich eine geplante Massenentlassung für den Fall an, dass die Mitarbeiter das Angebot nicht annehmen, das Arbeitsverhältnis in B fortzusetzen. In dem Schreiben heißt es u.a., dass ein „Exemplar des Interessenausgleichs als Stellungnahme des Betriebsrates” anbei übersandt werde. In dem Anzeigeformular ist unter Nr. 5 angegeben, dass keine Stellungnahme des Betriebsrats zu den angezeigten Entlassungen beigefügt sei.

Nachdem die Klägerin ein einvernehmliches Versetzungsangebot nicht angenommen hatte, hörte die Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 26.05.2006 zu den beabsichtigten „ordentlichen fristgerechten Änderungskündigungen gemäß Interessenausgleich vom 21.04.2006” der in der Anlage zu diesem Schreiben aufgelisteten Arbeitnehmer, unter denen sich auch die Klägerin befindet, an. Die Liste enthält die jeweiligen Sozialdaten und Kündigungstermine der betroffenen Arbeitnehmer.

Mit Schreiben vom 02.06.2006, das der Klägerin am 06.06.2006 zuging, sprach die Beklagte eine Änderungskündigung aus. Darin heißt es u.a.:

„Sehr geehrte Frau G.,

hiermit kündigen wir den zwischen Ihnen und uns bestehenden Arbeitsvertrag aus betriebsbedingten Gründen fristgerecht zum 17.07.2006.

Der Betriebsrat wurde ordnungsgemäß zu dieser Kündigung angehört und hat der Kündigung nicht widersprochen.

Gleichzeitig bieten wir Ihnen an, das Arbeitsverhältnis am Standort S B, zu ansonsten unveränderten Konditionen weiterzuführen. Sollten Sie unser Angebot annehmen, so bitten wir eine Kopie dieses Schreibens unterschrieben bis spätestens drei Wochen nach Erhalt an die Personalabteilung zurück zu geben. Sollten Sie Ihr Einverständnis bis zu diesem Zei...

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