Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Änderungskündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einem vorfristigen Änderungsangebot ist regelmäßig nicht von einem entsprechenden mutmaßlichen Willen des Arbeitgebers auszugehen, die neuen Arbeitsbedingungen, wenn sie nicht vorfristig durchsetzbar sind, jedenfalls mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gelten zu lassen.

 

Normenkette

KSchG § 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 28.03.2007; Aktenzeichen 10 Ca 5030/06)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 28.03.2007 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 10 Ca 5030/06 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung, die der Kläger nicht unter Vorbehalt angenommen hat.

Der am 20.12.1964 geborene Kläger, der verheiratet ist und drei Kinder hat, ist seit dem 01.07.1991 bei der Beklagten beschäftigt. Der Kläger war zunächst auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 06.05.1991 (Bl. 292 bis 293 d. A.) als Sachbearbeiter im K. Betrieb der Beklagten tätig. Im Jahre 2000 rückte der Kläger als Teamleiter auf, zuletzt als Assistent Sales Office Professional. Seine Tätigkeit ist dem Bereich PSE im Kölner Betrieb der Beklagten zugeordnet. Grundlage der Tätigkeit des Klägers seit dem Jahr 2000 ist der Anstellungsvertrag vom 24./27.07.2000 (Bl. 4 bis 5 d. A.). Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden gemäß Ziffer 12 des Anstellungsvertrages und aufgrund Allgemeinverbindlichkeit die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer im Groß- und Außenhandel NRW Anwendung.

Am 09.11.2005 beschloss die Konzernleitung, dass die Beklagte im Verlauf des Geschäftsjahres 2006 ihren Firmensitz und die unternehmerischen Aktivitäten von K. nach B. verlagert. Vor diesem Hintergrund vereinbarte die Beklagte mit dem Betriebsrat am 21.04.2006 einen Interessenausgleich (Bl. 28 bis 37 d. A.), der unter anderem die schrittweise Verlegung der Arbeitsplätze nach B. regelt. Für die Arbeitsplätze im PSE-Bereich war die Verlegung auf den 22.01.2007 festgelegt. Eine Rahmenbetriebsvereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat vom 31.01.2006 (Bl. 38 bis 54 d. A.) sieht unter anderem Abfindungen für die Arbeitnehmer vor, die eine Weiterbeschäftigung in B. ablehnen.

Mit Schreiben vom 12.05.2006 erstattete die Beklagte vorsorglich die Anzeige von Entlassungen gemäß § 17 KSchG für den Fall, dass sich die Mitarbeiter nicht auf das Angebot einlassen, das Arbeitsverhältnis in B. fortzusetzen. Wegen der Einzelheiten der Massenentlassungsanzeige wird auf Bl. 109 bis 120 d. A. Bezug genommen. Der Kläger lehnte das Angebot auf einvernehmliche Versetzung nach Berlin ab. Mit Schreiben vom 26.05.2006 (Bl. 55 bis 60 d. A.) hörte die Beklagte den Betriebsrat zur ordentlichen, fristgerechten Änderungskündigung unter Bezugnahme auf den Interessenausgleich an. Der Betriebsrat gab keine Stellungnahme ab.

Mit Schreiben vom 02.06.2006, das dem Kläger am 06.06.2006 übergeben wurde, sprach die Beklagte eine Änderungskündigung aus. In dem Kündigungsschreiben (Bl. 6 bis 7 d. A.) heißt es, soweit es hier interessiert:

„(…)

hiermit kündigen wir den zwischen Ihnen und uns bestehenden Arbeitsvertrag aus betriebsbedingten Gründen fristgerecht zum 22.01.2007.

(…)

Gleichzeitig bieten wir Ihnen an, das Arbeitsverhältnis am Standort S. C. B., P., zu ansonsten unveränderten Konditionen weiterzuführen. sollten Sie unser Angebot annehmen, so bitten wir eine Kopie dieses Schreibens unterschrieben bis spätestens 3 Wochen nach Erhalt an die Personalabteilung zurück zu geben. Sollten Sie Ihr Einverständnis bis zu diesem Zeitpunkt nicht erklärt und fristgerecht an Human Resources gesandt haben, so endet das Arbeitsverhältnis gemäß Interessenausgleich Ziffer 4 mit dem Ablauf des Monats, in den die Verlagerung des Bereichs fällt, d. h. in Ihrem Fall endet das Arbeitsverhältnis mit dem 31.07.2007. Hierfür gelten die Bedingungen des Sozialplans vom 31.01.2006 sowie des Interessenausgleiches vom 21.04.2006.”

(…)”

Gegen diese Kündigung hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben. Er hält die Kündigung für sozialwidrig. Das Änderungsangebot sei unangemessen, da das Arbeitsverhältnis nur mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Quartalsende beendet werden könne. Unter Berücksichtung des Umzugstermins am 22.01.2007 folge daraus, dass die Änderungskündigung frühestens zum 31.03.2007 hätte ausgesprochen werden dürfen. Darüber hinaus habe die Beklagte als milderes Mittel einen Wechsel auf einen Home Office Arbeitsplatz anbieten müssen. Die Grundsätze der sozialen Auswahl seien nicht hinreichend beachtet worden, denn die mit ihm vergleichbare Mitarbeiterin K. aus dem am Standort Köln verbleibenden Bereich „PSE Technical Operation Centre D-A-CH” sei weniger sozial schutzwürdig. Die Beklagte habe ihre Konsultations- und Anzeigepflicht nach § 17 KSchG nicht ordnungsgemäß erfüllt und den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das ...

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