Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der isolierten Anfechtung der Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Anfechtungsantrag ist auf die Anfechtung der Wahl der Vertrauensperson und nicht auf die Wahl der Schwerbehindertenvertretung insgesamt gerichtet. Die Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten ist isoliert anfechtbar, da die stellvertretenden Mitglieder in einer eigenständigen Wahl gewählt werden. Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 22 LPVG NRW.

2. Die stellvertretenden Mitglieder der Vertrauensperson der Schwerbehinderten sind ebenso wenig wie der Personalrat zu beteiligen. Die Wahl der Stellvertreter ist ausdrücklich nicht angefochten und der Personalrat ist nicht in seinen Rechten betroffen.

3. § 5 Abs. 2 SchwbVWO fordert, dass das Ausschreiben bis zur Wahl auszuhängen und gut lesbar zu erhalten ist. Der Wahlvorstand muss den Aushang und seinen Zustand daher ggf. regelmäßig kontrollieren. Hierbei handelt es sich um eine wesentliche Verfahrensnorm, deren Missachtung grundsätzlich geeignet ist, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

 

Normenkette

SGB IX § 94; LPVG NRW § 22; SchbVWO § 5 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 07.05.2015; Aktenzeichen 6 BV 358/14)

 

Tenor

  1. Die Beschwerde der Vertrauensperson der Schwerbehinderten gegen den Beschluss des Arbeitgerichts Köln vom 7. Mai 2015 - 6 BV 358/14 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten.

Die Arbeitgeberin - eine Körperschaft öffentlichen Rechts - betreibt u. a. eine Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Sie unterhält hierfür fünf Standorte - einen Hauptstandort und vier Außenstellen. Der Hauptstandort, in dem die meisten Arbeitnehmer beschäftigt werden, befindet sich in K - . Die Antragstellerinnen - sämtlich schwerbehindert - und die Vertrauensperson der Schwerbehinderten sind bei der Arbeitgeberin beschäftigt.

Die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung lief Ende November 2014 ab. Anfang September 2014 wurde ein Wahlvorstand zur Durchführung der Wahl gebildet.

Am 5. September 2014 erstellte der Wahlvorstand das Wahlausschreiben und teilte hierin mit, dass die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung durch schriftliche Stimmabgabe bis zum 20. November 2014 15.00 Uhr erfolgen solle. Er bat die Wahlberechtigten innerhalb von zwei Wochen seit dem Erlass des Wahlausschreibens, also spätestens bis zum 19. September 2014 13.00 Uhr, schriftliche Wahlvorschläge einzureichen. Es würden eine Vertrauensperson und drei Stellvertreter gewählt.

Das Wahlausschreiben wurde durch den Wahlvorstand jedenfalls in den Außenstellen am 5. September 2014 ausgehängt. Außerdem wurde das Wahlausschreiben im Intranet veröffentlich und per E-Mail an nahezu alle Beschäftigten - bis auf die Stationsgehilfinnen, die über keinen Outlook-Zugang verfügen - verschickt.

Am 21. November 2014 wurde das Wahlergebnis bekanntgegeben. Zur Vertrauensperson für die schwerbehinderten Menschen wurde die Beschwerdeführerin gewählt.

Mit ihrer am 3. Dezember 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift, die am 4. Dezember 2014 hinsichtlich sämtlicher die Prozessvollmacht unterschreibenden Antragstellerinnen ergänzt wurde, haben diese die Wahl angefochten.

Die Antragstellerinnen haben geltend gemacht, das Wahlausschreiben habe in dem Hauptstandort nicht während der gesamten Zeit ausgehangen. Über mehrere Tage habe es sich dort nicht in den Schaukästen in der Nähe der Poststelle befunden. Dadurch sei gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen worden, so dass die Wahl unwirksam sei. Dies gelte selbst dann, wenn ursprünglich ein Aushang erfolgt sein sollte, das Wahlausschreiben aber zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr ausgehangen habe.

Die Antragstellerinnen haben beantragt,

die Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen in der L -K K für ungültig zu erklären.

Die Vertrauensperson der Schwerbehinderten hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Am Ende der Sitzung hat sie allerdings ausweislich des Protokolls erklärt, keine Anträge zu stellen.

Die Vertrauensperson hat vorgetragen, das Wahlausschreiben sei auch im Hauptstandort der Klinik ordnungsgemäß ausgehangen worden. Die Wahl sei nicht zu beanstanden. Die Vorsitzende des Wahlvorstands habe das Wahlausschreiben am 5. September 2014 an die Schaukästen neben der Poststelle angebracht. Wenn das Schreiben zu einem späteren Zeitpunkt zeitweise nicht ausgehangen habe, könne dies nicht zur Unwirksamkeit der Wahl führen. Es stelle sich die Frage, inwieweit ein dauerhafter, lückenloser und nicht zu beanstandender Aushang durch den Wahlvorstand nach Maßgabe der Wahlvorschriften überhaupt zu gewährleisten sei. Zudem sei zu beachten, dass das Wahlausschreiben auch auf elektronischem Wege bekannt gemacht worden und zur Kenntnisnahme im Intranet verfügbar gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat über den Aushang Beweis erhoben und dem Antrag stattgegeben. Das Wahlausschre...

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