Kein Ende der Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung
Die Schwerbehindertenvertretung ist die Interessenvertretung der schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Menschen im Betrieb und wird für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt. Nachdem die Anzahl der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem Kölner Betrieb im August 2020 von ursprünglich fünf auf vier abgesunken war, stritten die Beteiligten um die Fortdauer der laufenden Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung. Die Vorinstanzen hatten angenommen, dass das Absinken der Zahl der schwerbehinderten Beschäftigten unter fünf in einem Betrieb zu einer vorzeitigen Beendigung der Amtszeit führt. Diese Auffassung hat das Bundesarbeitsgericht mit seiner aktuellen Entscheidung korrigiert.
Weniger als fünf: Automatisches Ende der Amtszeit?
Bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung am 13. November 2019 waren fünf Schwerbehinderte und ihnen Gleichgestellte in dem Betrieb beschäftigt. Zum 1. August 2020 sank diese Zahl auf vier ab. Der Arbeitgeber vertrat die Auffassung, dass aufgrund der Tatsache, dass nur noch weniger als fünf schwerbehinderte Menschen im Betrieb beschäftigt seien, die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung vorzeitig ende. Er informierte diese darüber, dass sie nicht mehr existiere und die schwerbehinderten Beschäftigten von der Schwerbehindertenvertretung in einem anderen Betrieb vertreten würden. Die Schwerbehindertenvertretung wehrte sich vor Gericht und wollte festgestellt wissen, dass ihre Amtszeit nicht vorzeitig beendet sei.
Gleichbehandlung mit dem Betriebsrat?
Sowohl das Arbeitsgericht Köln als auch das LAG Köln hatten den Antrag der Schwerbehindertenvertretung zurückgewiesen, da der Grundsatz im Betriebsverfassungsrecht, dass bei Absinken der wahlberechtigten Beschäftigtenzahl unter fünf die Amtszeit des Betriebsrats ende, auch auf die Schwerbehindertenvertretung übertragbar sei. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hatte das LAG die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht zugelassen.
BAG: Kein vorzeitiges Ende der Schwerbehindertenvertretung
Diese hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Das oberste Arbeitsgericht stellte fest, dass das Amt der Schwerbehindertenvertretung nicht vorzeitig beendet ist. Es wies in seiner Begründung daraufhin, dass es keine ausdrückliche Regelung im Gesetz gebe, die das Erlöschen der Schwerbehindertenvertretung bei Absinken der Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter unter den Schwellenwert von fünf Beschäftigten, den § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorsieht.
Grundsätze für Betriebsrat nicht übertragbar
Anders als die Vorinstanzen hielt das BAG eine vorzeitige Beendigung der Amtszeit aus gesetzessystematischen Gründen oder im Hinblick auf Sinn und Zweck des Schwellenwerts nicht für geboten.
Hinweis: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 19. Oktober 2022, Az: 7 ABR 27/21; Vorinstanzen: LAG Köln, Beschluss vom 31. August 2021, Az: 4 TaBV 19/21, Arbeitsgericht Köln, Beschluss vom 10. März 2021, Az: 20 BV 134/20
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