Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an den Aushang des Wahlausschreibens für die Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen

 

Leitsatz (amtlich)

Das Wahlausschreiben für die Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen ist an einer den Wahlberechtigten zugänglichen und geeigneten Stelle im Betrieb auszuhängen. Geeignet ist die Stelle regelmäßig, wenn sie von einer möglichst großen Zahl der Beschäftigten aufgesucht und eingesehen werden kann, damit möglichst viele Wahlberechtigte von der Durchführung der Wahl Kenntnis erlangen.

 

Normenkette

SGB IX § 177 Abs. 6 S. 2; SchwbVWO § 5 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 25.04.2019; Aktenzeichen 6 BV 226/18)

 

Tenor

  1. Die Beschwerden der Beteiligten zu 2 und 3 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 25. April 2019 (6 BV 226/18) werden zurückgewiesen.
  2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Anfechtung über die Wirksamkeit der Wahl zur Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und über die Wirksamkeit der Wahl für die stellvertretende Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen.

Die antragstellende Arbeitgeberin ist ein IT-Unternehmen. In deren Betriebsstätte B. sind ca. 900 Beschäftigte (davon 29 Wahlberechtigte) tätig, in deren Betriebsstätte W. ca. 30 Beschäftigte (davon drei Wahlberechtigte). Letztere Betriebsstätte war bislang bei Betriebsratswahlen und Wahlen zur Schwerbehindertenvertretung dem Standort B. zugeordnet.

Am 19. Oktober 2018 fand die Wahl zur Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und die Wahl der stellvertretenden Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen statt. Nach dem am 19. Oktober 2018 bekannt gemachten Ergebnis wurde die Beteiligte zu 2 zur Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und der Beteiligte zu 3 zur stellvertretenden Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen gewählt.

Die Wahl wurde wie folgt vorbereitet:

Auf dem Betriebsgelände in B. befinden sich zwei Gebäudeteile mit jeweils fünf Stockwerksebenen. Die Gebäudeteile sind über Übergänge miteinander verbunden. Es gibt insgesamt vier Zugänge, nämlich einen Eingang mit Empfangsbereich im Erdgeschoss des Gebäudes 07, einen Nebeneingang im Gebäude 07, einen Eingang im Durchgangsbereich zwischen den Gebäudeteilen und einen Eingang beim Gebäude 06. Je nachdem, mit welchem Verkehrsmittel die Mitarbeiter zur Arbeit kommen, und je nachdem, in welchem Gebäudeteil und im welchem Stockwerk sie arbeiten, benutzen sie unterschiedliche Eingänge. Auf die Planskizze (Bl. 25 der arbeitsgerichtlichen Akte) wird Bezug genommen.

Der Wahlvorstand hängte das Wahlausschreiben in der Kaffeeecke im Gebäude 07 aus, nahe dem Eingang, in dem sich auch der Empfangsbereich befindet. Vom Empfangsbereich führen direkt Treppen in die Stockwerksebenen. Am Ende des Empfangsbereich befindet sich eine Tür. Erst hinter der Tür auf der rechten Seite befindet sich die Kaffeeecke, die in Richtung Flur durch Glasscheiben einsehbar ist. Für den Aushang stellte der Wahlvorstand eine ca. 4 m2 große Stellwand in der Kaffeeecke auf, vor welche sie zu deren Sicherheit ein Sofa schob. Üblicherweise befinden sich in dieser Kaffeeecke keine Stellwände und keine Aushänge. An dieser Stellwand befestigte der Wahlvorstand das Wahlausschreiben. Wegen der Örtlichkeiten wird auf die Planskizze (Bl. 25 der arbeitsgerichtlichen Akte), den Stockwerksplan (Bl. 114 der arbeitsgerichtlichen Akte), die vorgelegten Lichtbilder (Bl. 115-117 der arbeitsgerichtlichen Akte) sowie die im Beschwerdeverfahren im Anhörungstermin übergebenen Lichtbilder Bezug genommen.

Es gibt in den beiden Gebäudeteilen insgesamt vier dezentrale Kaffeeecken. Ein (zentrales) "Café N." befindet sich im Durchgangsbereich zwischen den Gebäudeteilen 06 und 07. Die Kantine befindet sich am Ende des Durchgangsbereichs direkt im Anschluss an das "Café N." bereits (zentral) im Gebäude 07.

Unter Nr. 4 des Wahlausschreibens wurde darauf hingewiesen, dass die Liste der Wahlberechtigten und die Wahlordnung ab dem 6. September 2018 an jedem Arbeitstag bis zum Abschluss der Stimmabgabe jeweils von 11:00 Uhr bis 13:00 Uhr im Konferenzraum Bizet eingesehen werden können. Im Übrigen sei die Liste und die Wahlordnung nach telefonischer Vereinbarung bei dem Beteiligten zu 2 und 3 arbeitstäglich von 9:00 Uhr bis 16:00 Uhr einsehbar. Der Konferenzraum Bizet wurde vom Wahlvorstand tatsächlich nur für die Dauer der Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge vorreserviert.

Ausgeschrieben im Wahlausschreiben war die Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und die Wahl von zwei Stellvertretern. Beworben haben sich innerhalb der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen nur die Beteiligte zu 2 als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen sowie die Beteiligten zu 2 und 3 als stellvertretende Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen. Eine Nachfrist zur Einreichung weiterer Wahlvorschläge wurde nicht gesetzt.

Der Wahlvorstand hat di...

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