Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Aktenzeichen 2 Ga 10/95)

 

Tenor

Die Kosten des Rechtsstreits 9 Sa 484/95 werden der Berufungsklägerin nach § 91 a ZPO auferlegt.

 

Tatbestand

I. Die Antragstellerin ist ein Unternehmen, das sich mit dem Vertrieb von Hard- und Software aus dem Bereich der Medizintechnik befaßt. Der Antragsgegner war seit dem 15. März 1993 bei ihr als Vertriebsleiter beschäftigt. Nach Ziffer 9 des Arbeitsvertrages ist er – auch über das Ende der Beschäftigung hinaus – verpflichtet, über alle vertraulichen Angelegenheiten, die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, Stillschweigen zu bewahren. Mit Schreiben vom 15. Februar 1995 kündigte die Antragstellerin das Arbeitsverhältnis fristlos. Sie habe am 13. Februar 1995 erfahren, daß der Antragsgegner versuche, unter Abwerbung von Mitarbeitern ihr den Vertrieb der Produkte der Fa., für die sie die Alleinvertretungsrechte für Europa hat, zu entziehen. Gegen die Kündigung erhob der Antragsgegner unter dem 3. März 1995 Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Herne.

Die Antragstellerin hat behauptet, der Antragsgegner nütze Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin aus; er habe Geschäftsunterlagen und Speichermedien, die sich nach dem 15. Februar 1995 noch in seinem Besitz befanden, kopiert und vervielfältigt und über eine Firma … mbH eine Konkurrenztätigkeit gegenüber der Antragstellerin entfaltet.

Mit ihrem am 10. April 1995 beim Arbeitsgericht Siegburg eingegangenen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung hat die Antragstellerin beantragt,

dem Antragsgegner aufzugeben,

I.

  1. sich des Wettbewerbs zum Nachteil der Antragstellerin zu enthalten und insbesondere es zu unterlassen, Kunden der Antragstellerin abzuwerben, Verhandlungen der Antragstellerin mit Kunden durch Abgabe von Angeboten eines Konkurrenzunternehmens zu erschweren oder zu vereiteln, mit Kunden der Antragstellerin zum Zwecke der Akquirierung für ein Konkurrenzunternehmen in Kontakt zu treten und die Kenntnisse über den Kundenstamm der Antragstellerin sowie über betriebsinterne Abläufe und betriebsinterne Kalkulationsgrundlagen zum Zwecke der Wettbewerbs zu Gunsten eines Konkurrenzunternehmens oder für sich zu verwerten,
  2. seine Tätigkeit im Bereich der Medizintechnik für die Firma … mbH, …, einzustellen.

II. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eines der obengenannten Verbote wird dem Antragsgegner ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird – jedenfalls aber DM 100.000,– – ersatzweise Ordnungshaft –, angedroht.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht Siegburg hat durch Urteil auf die mündliche Verhandlung vom 19. April 1995 die Anträge zurückgewiesen. Gegen dieses am 27. April 1995 zugestellte Urteil hat die Antragstellerin am 15. Mai 1995 Berufung eingelegt; sie hat beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg den ursprünglichen Anträgen der Antragstellerin zu entsprechen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom 23. Mai 1995 kündigte der Antragsgegner seinerseits das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien fristlos. Nunmehr erklären die Parteien das Verfahren in der Hauptsache für erledigt.

Die Antragstellerin beantragt,

die Kosten des Rechtsstreits dem Antragsgegner aufzuerlegen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Kosten des Rechtsstreits der Antragstellerin aufzuerlegen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Kosten des Rechtsstreits waren nach § 91 a ZPO analog der Antragstellerin aufzuerlegen. Es fehlte von Anfang an an einem Verfügungsanspruch für die Anträge der Antragstellerin. Sie konnte nach dem 15. Februar 1995 von dem Antragsgegner nicht mehr die Unterlassung von Wettbewerb verlangen.

Ein Verfügungsanspruch ergab sich nicht aus § 60 HGB.

Zwar besteht nach der Rechtspechung des BAG (NZA 1992, 212 ff.) der Anspruch auf Unterlassung von Wettbewerb auch dann fort, wenn der Arbeitgeber fristlos kündigt und der Arbeitnehmer gegen diese Kündigung Kündigungsschutzklage erhebt. Dies kann jedoch nach Auffassung des Berufungsgerichts nur gelten, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gleichzeitig mit der fristlosen Kündigung die Zahlung einer dem § 74 Abs. 2 HGB entsprechenden Entschädigung gem. § 75 Abs. 1 HGB analog anbietet (vgl. Röhsler/Borrmann, Wettbewerbsbeschränkungen für Arbeitnehmer und Handelsvertreter, S. 43, 48). Dies ist vorliegend unstreitig nicht geschehen.

Die Notwendigkeit des Angebots einer Entschädigungsleistung folgt aus der zum Zeitpunkt der Kündigung gegebenen Interessenlage:

Das Arbeitsgericht weist hierzu zu Recht darauf hin, daß sich die Antragstellerin widersprüchlich verhält, wenn sie einerseits durch die Aufrechterhaltung ihrer eigenen fristlosen Kündigung von der rechtlichen und tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgeht und andererseits einen Unterlassungsanspruch verfolgt, der an den Bestand des Arbeitsverhältnisses gebunden ist und der erst mit seiner Beendigung erlischt. Aber auch der Antragsgegner verhält sich widersprüchl...

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