Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Beschlussverfahren. Feststellung Gemeinschaftsbetrieb

 

Leitsatz (amtlich)

Die im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anfallenden Streitsachen sind typischerweise nichtvermögensrechtlicher Natur (Wenzel,, a.a.0., § 12 Rz. 445).

Bei der Bewertung des Verfahrens nach § 18 Abs. 2 BetrVG ist zu beachten, dass es in einem engen Zusammenhang zum Wahlanfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG steht. Die Frage der Zuordnung der Arbeitnehmer zum Betrieb stellt eine wesentliche Vorfrage auch für das Wahlanfechtungsverfahren dar. Es erscheint deshalb sachgerecht, bei der Wertfestsetzung für diese Zuordnungsverfahren an die für Wahlanfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG entwickelten Grundsätze anzuknüpfen (vgl. LAG Köln, Beschluss vom 24.02.1989 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 11; LAG Hammburg, Beschluss vom 17.12.1996 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 37).

Auch in einem Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG erscheint dabei der Rückgriff auf die Stufen des § 9 BetrVG angemessen, weil sich in diesen Stufen und der dort jeweils festgelegten Anzahl der Mitglieder des Betriebsrates die Bedeutung der Angelegenheit widerspiegelt (LAG Bremen, Beschluss vom 12.05.1999 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 43; LAG Hamm, Beschluss vom 01.03.2006 – 10 Ta 21/06 – EzA-SD 2006, Nr. 7, 18 (Leitsatz 1)).

In Anwendung dieser Grundsätze ist ausgehend vom anderthalbfachen Hilfswert bei einem einköpfigen Betriebsrat für jede weitere Staffel des § 9 BetrVG eine Anhebung um jeweils den einfachen Hilfswert, d. h. für jedes weitere Betriebsratsmitglied um den halben Hilfswert, vorzunehmen (LAG Hamm, Beschluss vom 01.03.2006 – 10 Ta 21/06 – EzA-SD 2006, Nr. 7, 18 (Leitsatz 1); LAG Köln, Beschluss vom 19.05.2004 – 10 Ta 79/04 –).

 

Normenkette

RVG § 23 Abs. 3 S. 2; BetrVG § 18 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Beschluss vom 31.08.2007; Aktenzeichen 3 BV 112/06)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beteiligten zu 2) wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 31.08.2007 – 3 BV 112/06 – abgeändert:

Der Gegenstandswert wird auf 22.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Streitwertbeschwerde des Beteiligten zu 1. vom 31.08.2007 richtet sich gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 31.08.2007 durch den das Arbeitsgericht für das auf Feststellung eines Gemeinschaftsbetriebes der Beteiligten zu 2.und 3. gerichtete Begehren des Beteiligten zu 1. den Gegenstandswert zur Berechnung der Anwaltsgebühren 14.000,00 EUR festgesetzt hat.

Die Beschwerde macht geltend, dass der Beschluss des Arbeitsgerichts nicht hinreichend die Betriebsgröße nach Staffelung der Grundsätze in § 9 BetrVG berücksichtige und die Problematik der Entfernung der Betriebsstätten außer acht lasse.

Eine zutreffende Bewertung führe zu einem Gegenstandswert von 28.800,00 EUR.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde ist nur zum Teil begründet. Der Gegenstandswert für das vorliegende Beschlussverfahren war auf 22.000,00 EUR festzusetzen.

1. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das vorliegende Beschlussverfahren richtet sich nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, wonach der Gegenstandswert in diesen Fällen nach billigem Ermessen zu bestimmen ist.

§ 23 Abs. 3 Satz 2 RVG stellt eine Auffangnorm für Angelegenheiten dar, für die Wertvorschriften fehlen.

Der Auffangtatbestand des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG ist ebenso wie früher § 8 Abs. 2 BRAGO insbesondere für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten bedeutsam, deren Wert auf anderem Wege nicht bestimmt werden kann. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG aber immer erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt bereits hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstandes vielfach im Vordergrund stehen muss (LAG Hamm, Beschluss vom 24.11.1994 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 27; LAG Hamm, Beschluss vom 12.06.2001 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 50; LAG Hamm, Beschluss vom 28.04.2005 – NZA-RR 2005, 435; GK-ArbGG/Wenzel, § 12 Rz. 194, 441 ff.).

2. Zutreffend gehen die Beteiligten wie auch das Arbeitsgericht für den vorliegenden Fall davon aus, dass es sich bei dem Ausgangsverfahren um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG handelt.

Die im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anfallenden Streitsachen sind typischerweise nichtvermögensrechtlicher Natur (Wenzel, a.a.O., § 12 Rz. 445).

Vermögensrechtliche Ansprüche sind nur solche, die auf Geld oder geldwerte Leistung gerichtet sind, gleichgültig, ob sie aus einem vermögensrechtlichen oder nichtvermögensrechtlichen Grundverhältnis entspringen (LAG Hamburg, Beschluss vom 04.08.1992 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 18; Wenzel, a.a.O., § 12 Rz. 313; Vetter, NZA 1996, 122).

Eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn es vornehmlich um Fragen der Teilhabe des Betriebsrates an der Gestaltung des betrieblichen Geschehens geht. So liegt der vorliegende Fall.

Der Beteiligte zu 1. macht im Ausgangsverfahren das Vorlie...

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