Entscheidungsstichwort (Thema)

verhaltensbedingte Kündigung. sog. Druckkündigung. Auflösungsantrag des Arbeitgebers. Anforderungen an die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht erwarten lassen. Voraussetzungen für eine Druckkündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Einem Auflösungsantrag des Arbeitgebers ist stattzugeben, wenn das persönliche Verhältnis des Klägers zu der Beklagten sowie die Wertung seiner Persönlichkeit eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit der Parteien nicht erwarten lassen.

 

Normenkette

KSchG §§ 1, 9-10

 

Verfahrensgang

ArbG Hagen (Westfalen) (Entscheidung vom 08.11.2012; Aktenzeichen 4 Ca 1127/12)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 08.11.2012 - 4 Ca 1127/12 - und die Anschlussberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 1/4, die Beklagte zu 3/4.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit zweier fristgemäßer Kündigungen sowie die Begründetheit eines hilfsweise gestellten Auflösungsantrags.

Der 1965 geborene, ledige Kläger war bei der Beklagten, die im Auftrag des zentralen Logistikunternehmens "W1 Mediengruppe" Tageszeitungen an deren Abonnenten zustellt, seit März 1996 im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses als Zeitungszusteller tätig. Zuletzt erzielte der Kläger ein durchschnittliches monatliches Bruttoentgelt von etwa 300,00 €.

Seit etwa 2005 richtete der Kläger Beschwerden an den Leseservice der Beklagten bzw. die für ihn zuständige Teamleitung über Verhaltensweisen von ihm belieferter Abonnenten sowie beliebiger Passanten. Die Beschwerden waren zahlreich und erfolgten im Abstand von wenigen Tagen, aber auch mehrmals täglich. In den schriftlichen bzw. telefonischen Beschwerden schilderte der Kläger, er werde von Abonnenten beobachtet, verfolgt und angestarrt; die Abonnenten lauerten ihm auf. Für Einzelheiten des Inhalts von Beschwerdebriefen wird verwiesen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, dort S. 3 (Bl. 113 d. A.). Für die Auflistung weiterer Beschwerdebriefe des Klägers aus dem Zeitraum 2009 bis 2011 wird verwiesen auf Bl. 73 - 84 d. A.

Unter dem 01.02.2007 erteilte die Beklagte dem Kläger eine schriftliche Abmahnung, für deren Inhalt auf Bl. 85 d. A. verwiesen wird.

Im März 2011 beschwerte sich eine Abonnentin bei der Beklagten darüber, dass der Kläger während der Zustellung der Zeitung den Motor seines Mofas nicht ausschaltete. Die Beklagte leitete diese Beschwerde an den Kläger weiter, was diesen veranlasste, unter dem 08.03.2011 an die Abonnentin ein Schreiben zu richten. Für die Einzelheiten dieses Schreibens und die Antwort-Email der Abonnentin vom 09.03.2011 an die Beklagte wird verwiesen auf S. 5 des Tatbestands des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 115 f. d. A.).

Dieses Verhalten nahm die Beklagte zum Anlass, das Arbeitsverhältnis des Klägers unter dem 10.03.2011 außerordentlich fristlos und unter dem 26.04.2011 hilfsweise ordentlich zu kündigen. Der daraus resultierende Kündigungsrechtsstreit ist zwischenzeitlich vollumfänglich zu Gunsten des Klägers, der seit der fristlosen Kündigung für die Beklagte nicht mehr tätig geworden ist, rechtskräftig entschieden worden (vgl. für die weiteren Einzelheiten das Verfahren 4 Ca 660/11 Arbeitsgericht Hagen = 16 Sa 349/12 Landesarbeitsgericht Hamm).

Mit Schreiben vom 18.04.2012 hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat zu einer weiteren beabsichtigten Kündigung an (vgl. für die Einzelheiten der Anhörung Bl. 90 - 96 d. A.). Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 25.04.2012 der beabsichtigten Kündigung.

Unter dem 30.04.2012 erklärte die Beklagte dem Kläger gegenüber die ordentliche, verhaltensbedingte Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.10.2012.

Zuvor bereits hatten drei Teamleiter/innen und ein Sachbearbeiter der Beklagten schriftlich zu verstehen gegeben, dass ihnen eine Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht zumutbar sei. Die als Teamleitung W2-Nord tätige Arbeitnehmerin U1 führte in ihrem Schreiben o. a. aus:

"Sollte der Zusteller meinem Zustellbezirk zugeordnet werden, würde dieses bei mir zur Überlegung der Kündigung meines Arbeitsplatzes führen."

Für die Einzelheiten der vier Schreiben wird verwiesen auf Bl. 66 - 69 d. A.

Diese Schreiben begriff die Beklagte als weitere Rechtsgrundlage für eine Kündigung. Sie hörte unter dem 23.05.2012 den Betriebsrat zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers zum 30.11.2012, nunmehr mit der Begründung des Drucks durch andere Mitarbeiter, an. Für die Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird auf Bl. 70, 71 d. A. verwiesen.

Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 30.05.2012 der Kündigungsabsicht mit der Begründung, die Beklagte müsse zunächst ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchführen.

Mit Schreiben vom 31.05.2012 erklärte die Beklagte sodann die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.11.2012.

Der Kläger hat sich mit seiner am 21.0...

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