Verfahrensgang

ArbG Hamm (Urteil vom 04.11.1994; Aktenzeichen 4 Ca 222/94)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 04.11.1994 – 4 Ca 222/94 – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen teilweise in Satz 2 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Hilfsarbeiter weiterzubeschäftigen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten.

Die Beklagte beschäftigt in ihrem Schlachtbetrieb 21 Arbeitnehmer. Sie führt Lohnschlachtungen im Rahmen eines Werkvertrages für die Firma W. e.G. durch.

Der am 19.06.1955 geborene Kläger ist verheiratet und drei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Seit September 1993 ist er im Betrieb der Beklagten tätig. Er arbeitet am Band hinter der Kratzmaschine.

Am 10.01.1994 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten D. und dem Kläger an dessen Arbeitsplatz.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 17.01.1994. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:

Betr.: Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses

Hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch außerordentliche, fristlose Kündigung mit sofortiger Wirkung.

Dazu veranlassen uns im wesentlichen folgende Gründe:

U.a. Gründe in Ihrem Verhalten gegenüber Herrn D. am 10.1.1994, das uns eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit Ihnen unzumutbar macht; nachhaltige Störungen des Betriebsfriedens.

Vorsorglich sprechen wir Ihnen aus denselben Gründen auch gleichzeitig eine ordentliche, fristgerechte Kündigung zum nächstzulässigen Kündigungstermin aus, da wir uns auf jeden Fall von Ihnen trennen wollen. Soweit Ihnen noch Urlaub zusteht, ordnen wir vorsorglich an, daß dieser in der evtl. Kündigungsfrist abzuwickeln ist.

Der Betriebsrat ist vor Ausspruch der Kündigungen angehört worden und hat den Kündigungen/der vorsorglichen ordentlichen Kündigung widersprochen. Eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats finden Sie als Anlage beigefügt.

gez. Unterschriften

Zuvor hatte der Betriebsrat der Kündigung am 12.01.1994 widersprochen.

Mit der vorliegenden, am 26.01.1994 erhobenen Klage wehrt sich der Kläger gegen die Kündigung. Das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger – Staatsanwaltschaft Dortmund 43 Js 369/94 – ist zwischenzeitlich eingestellt worden.

Der Kläger hat vorgetragen:

Die fristlose Kündigung sei nicht wirksam, auch nicht die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung. Es fehle eine Abmahnung. Im übrigen sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört.

Am 10.01.1994 sei er verbal zu Unrecht durch den Geschäftsführer D. angegriffen worden. Aus Verärgerung habe er sodann das Messer, mit dem er gearbeitet habe, auf die vor ihm befindliche Tischplatte geworfen. Er habe das Messer nicht in Richtung des Geschäftsführers geworfen und diesem auch keine Schläge angedroht.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 17.01.1994, zugegangen am 17.01.1994, zum 17.01.1994 nicht aufgelöst ist, sondern darüber hinaus fortbesteht;

die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 17.01.1994 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Kopfschlächter weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

Der Kläger hat beantragt,

den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Die fristlose Kündigung sei gerechtfertigt. Am 10.01.1994 habe der Geschäftsführer D. eine nicht korrekte Arbeitsweise des Klägers bemängelt. Dieser habe damit reagiert, daß er sein Arbeitswerkzeug, ein sehr scharfes Messer, gezielt in Richtung des Oberkörpers/Gesichts des Geschäftsführers geworfen habe. Nach dem gezielten Wurf sei der Kläger vom Arbeitspodest heruntergekommen und habe dem Geschäftsführer Schläge angedroht. Nur durch Einwirken des Mitarbeiters S. sei der Kläger zu bewegen gewesen, wieder an seinen Arbeitsplatz weiterzuarbeiten.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen A. B. und A. S.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 04.11.1994 (Blatt 34 – 39 d.A.) verwiesen. Weiter hat das Arbeitsgericht Aufnahmen vom Arbeitsplatz des Klägers in Augenschein genommen.

Durch Urteil vom 04.11.1994 hat das Arbeitsgericht unter Zurückweisung des Auflösungsantrags der Klage stattgegeben. Den Streitwert hat es auf 18.000,– DM festgesetzt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat das Arbeitsgericht die Behauptungen der Beklagten, der Kläger habe gezielt in Richtung des Geschäftsführers D. ein Messer geworfen und dem Geschäftsführer D. Schläge angedroht, nicht als bewiesen angesehen. Die verbale Auseinandersetzung sei als einmaliger Vorfall anzusehen, der eventuell eine Abmahnung gerechtfertigt hätte.

Der Auflösungsantrag sei nicht gere...

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