Entscheidungsstichwort (Thema)

Schulungsveranstaltung für Betriebsräte. Erforderlichkeit der Teilnahme an einer Grundlagenschulung über Betriebsverfassungsrecht. Erforderlichkeit der Schulung im letzten Jahr der Amtszeit. Anforderungen an Darlegungslast des Betriebsrats

 

Leitsatz (amtlich)

Auch wenn im allgemeinen die Teilnahme von erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern an einer Grundlagenschulung im Betriebsverfassungsrecht ohne nähere Darlegung eines aktuellen betriebsbezogenen Anlasses als erforderlich angesehen werden kann, kann bei einer Schulungsmaßnahme, die im letzten Halbjahr der Amtszeit stattfindet, auf eine konkretere Darlegung der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme nicht verzichtet werden.

 

Normenkette

BetrVG § 37 Abs. 2, 6, § 40 Abs. 1; BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Urteil vom 11.05.2006; Aktenzeichen 3 Ca 238/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 07.05.2008; Aktenzeichen 7 AZR 90/07)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 11.05.2006 – 3 Ca 238/06 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche des Klägers für die Zeit der Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung.

Der am xx.xx.xxxx geborene Kläger ist seit dem 15.07.1990 bei der Beklagten als technischer Angestellter mit einem Stundenlohn von 18,08 EUR brutto und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden beschäftigt. Das monatliche Durchschnittsentgelt des Klägers liegt bei 2.752,66 EUR brutto.

Seit der Betriebsratswahl vom 14.03.2002 ist der Kläger Mitglied des neu gewählten, neunköpfigen Betriebsrates bei der Beklagten. Die konstituierende Sitzung des Betriebsrats fand am 20.03.2002 statt.

In der Zeit vom 05.10. bis zum 10.10.2003 nahm der Kläger an einem Seminar mit dem Thema „Interessenvertretung und Handlungsmöglichkeiten gemäß Betriebsverfassungsgesetz (BR I)” teil. Auf den Themenplan des Seminars vom 05.10. bis 10.10.2003 (Bl. 104 d.A.) wird Bezug genommen.

Am 08.01.2004 nahm der Kläger an einem vom DGB NRW Bildungswerk e.V. veranstalteten Tagesseminar „Aktuelle Rechtsprechung zum Kündigungsschutz” teil. Auf diesem Seminar wurde u.a. auch das Thema „Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei Kündigungen gemäß § 102 BetrVG” besprochen (Bl. 96 ff.d.A.).

Aufgrund eines Betriebsratsbeschlusses vom 19.11.2003 wurde der Kläger in der Zeit vom 15.02. bis zum 20.02.2004 zu einem Wochenseminar „Organisation und Planung der Betriebsratsarbeit – Grundstufe” entsandt (Bl. 93 ff., 99 f.d.A.).

Schließlich nahm der Kläger am 16.06.2004 aufgrund eines Betriebsratsbeschlusses vom 04.06.2004 an einem Tagesseminar „Überblick über die aktuelle Gesetzgebung im Kündigungs-, Befristungs- und Abfindungsrecht ab dem 01. Januar 2004” (Bl. 86 ff.d.A.) teil.

Am 03.02.2005 fasste der Betriebsrat den Beschluss, den Kläger und das weitere Betriebsratsmitglied Kolb zu dem Wochenseminar „BR II (Teil 1)” vom 10.04.2005 bis zum 15.04.2005 und zu dem Wochenseminar „BR II (Teil 2)” vom 16.10. bis 21.10.2005 zu entsenden. Ob der Betriebsratsbeschluss vom 03.02.2005 ordnungsgemäß zustande gekommen ist, ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Schreiben vom 17.02.2005 (Bl. 27 d.A.) wurde die Beklagte über den Entsendebeschluss vom 03.02.2005 unterrichtet.

Neben dem Betriebsratsmitglied K4xx nahm auch der Kläger an der Schulungsmaßnahme „BR II (Teil 1)” vom 10.04. bis 15.04.2005, die sich im Wesentlichen mit Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates in sozialen Angelegenheiten (Themenplan Bl. 81 d.A.) befasste, teil. Die Beklagte übernahm insoweit die entstehenden Seminarkosten und zahlte auch das Arbeitsentgelt für den Kläger in der Zeit vom 10.04. bis 15.04.2005.

Nachdem der Betriebsrat die Beklagte mit Schreiben vom 16.08.2005 (Bl. 26 d.A.) erneut über den Betriebsratsbeschluss vom 03.02.2005 unterrichtet und die Teilnahmedaten des Klägers für das Seminar vom 16.10. bis zum 21.10.2005 mitgeteilt hatte, machte die Beklagte, die inzwischen über eine neue Geschäftsführung verfügte, mit Schreiben vom 26.08.2005 (Bl. 23 d.A.) geltend, die Teilnahme des Klägers an der Schulungsveranstaltung vom 16.10. bis 21.10.2005 sei aufgrund der erneuten Betriebsratswahl im März 2006 nicht mehr erforderlich. Auf seiner Betriebsratssitzung vom 15.09.2005 bestätigte daraufhin der Betriebsrat den bereits am 03.02.2005 gefassten Beschluss über die Seminarteilnahme des Klägers und des Betriebsratsmitglieds K4xx. Mit Schreiben vom 22.09.2005 (Bl. 22 d.A.) teilte der Betriebsrat der Beklagten ferner mit, dass die Seminare vom 10.04. bis zum 15.04.2005 und vom 16.10. bis 21.10.2005 als Einheit anzusehen seien, es handele sich um Aufbauseminare; es werde als sehr sinnvoll angesehen, beide Betriebsratsmitglieder an dem Aufbauseminar teilnehmen zu lassen, um vorhandene Kenntnisse entsprechend vertiefen zu können und auszuweiten.

Die Beklagte bat den Betriebsrat daraufhin mit Schreiben vom 10.10.2005 (Bl. 21 d.A.) um Zusendung der Seminarpläne, um die Erforderlichkeit der Seminarteilnah...

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