Leitsatz (amtlich)

Im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren unterliegt der Einstellungsbeschluß des Vorsitzenden nach § 81 Abs. 2 Satz 2 und § 83 a Abs. 2 ArbGG der Verfahrensbeschwerde nach § 83 Abs. 5 i.V.m. § 78 ArbGG, nicht aber der Beschwerde nach § 87 ArbGG (Anschluß an den Beschluß des LAG Hamm vom 26. Mai 1989 – 8 TaBV 34/89 –).

 

Normenkette

ArbGG § 81 Abs. 2 S. 2, § 83a Abs. 2, § 87

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Urteil vom 11.12.1998; Aktenzeichen 4 (3) BV 23/97)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 11.12.1998 – 4 (3) BV 23/97 – aufgehoben.

 

Gründe

I

Der antragstellende Betriebsrat will mit seinem Beschlußverfahren dem am Verfahren beteiligten Arbeitgeber untersagen lassen, Mitarbeiter einzustellen und Überstunden anzuordnen, ohne das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu beachten. Weiter begehrt der Betriebsrat die Einhaltung von Betriebsvereinbarungen, er will ferner dem Arbeitgeber untersagen lassen, Betriebsratsmitgliedern wegen ihrer ordnungsgemäßen Amtsausübung Abmahnungen zu erteilen und will dem Arbeitgeber verbieten lassen, die Durchführung von Betriebsversammlungen zu behindern und auf Betriebsversammlungen unwahre und herabwürdigende Behauptungen über Betriebsratsmitglieder zu verbreiten.

Mit Schriftsatz vom 08.06.1998 teilte der Betriebsrat dem Arbeitsgericht mit, seine Amtszeit sei abgelaufen, ohne daß zuvor ein neuer Betriebsrat gewählt worden sei. Der Betriebsrat regte an, das Verfahren bis zur Neuwahl auszusetzen. Der Arbeitgeber teilte dem Arbeitsgericht mit Schreiben vom 08.06.1998 mit, der Betriebsrat sei nicht mehr aktivlegitimiert, da seine Amtszeit abgelaufen und ein neuer Betriebsrat nicht gewählt worden sei. Der Arbeitgeber teilte weiter mit, der Rechtsstreit sei „daher in der Hauptsache für erledigt zu erklären”. Das Verfahren sei einzustellen. Weiter teilte der Arbeitgeber mit, einer Aussetzung des Verfahrens werde nach Rücksprache mit dem Vertreter des Betriebsrats ausdrücklich zugestimmt.

Durch Beschluß vom 11.12.1998 stellte der Vorsitzende das Verfahren ein. Dagegen richtete sich die Beschwerde des Betriebsrats.

II

Das Rechtsmittel ist nach § 83 Abs. 5 i.V.m. § 78 ArbGG als einfache Beschwerde statthaft (LAG Hamm, Beschluß v. 26.05.1989 – 8 TaBV 34/89 – LAGE § 81 ArbGG 1979 Nr. 1; LAG Frankfurt, Beschluß v. 24.01.1984 – 4 TaBV 82/83 – NZA 1984, 269; LAG Hamburg, Beschluß v. 27.08.1990 – 5 TaBV 3/90 – LAGE § 92 ArbGG 1979 Nr. 2; Weth, Das arbeitsgerichtliche Beschlußverfahren, S. 325 ff.; Grunsky, ArbGG, § 81 Rz. 9).

Nach anderer Auffassung ist nicht die einfache Beschwerde gegeben, sondern das Rechtsmittel der Beschwerde nach § 87 ArbGG (Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 3. Aufl., § 81 Rn. 80; Ascheid, Urteils- und Beschlußverfahren im Arbeitsrecht. 2. Aufl., Rn. 1772; Hauck, ArbGG, § 81 Rn. 11).

Der ersten Auffassung ist zu folgen. Der Einstellungsbeschluß des Vorsitzenden, der gemäß § 81 Abs. 2 Satz 2 ArbGG bei der Antragsrücknahme und gemäß § 83 a Abs. 2 ArbGG bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten zu erfolgen hat, ist kein „das Verfahren beendender Beschluß”, gegen den allein gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht stattfindet, die im Beschlußverfahren die Funktion der Berufung im Urteilsverfahren hat. Verfahrensbeendende Beschlüsse sind vielmehr nur die Beschlüsse gemäß § 84 ArbGG, die dem Urteil im Urteilsverfahren entsprechen, die Beschlüsse über Anträge auf Erlaß von einstweiligen Verfügungen gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG und die Beschlüsse über die Besetzung von Einigungsstellen gemäß § 98 ArbGG. Alle diese Beschlüsse ergehen durch die Kammer, während die Beschlüsse über die Einstellung des Verfahrens gemäß § 81 Abs. 2 und § 83 a Abs. 2 ArbGG durch den Vorsitzenden allein erlassen werden. Die Beschwerde gegen einen das Verfahren beendenden Beschluß läßt den gesamten Streitstoff in zweiter Instanz anfallen, ohne die Möglichkeit der Zurückverweisung (§ 91 Abs. 1 Satz 2 ArbGG). Demgegenüber betrifft die einfache Verfahrensbeschwerde nach § 83 Abs. 5 i.V.m. § 78 ArbGG die Handhabung des erstinstanzlichen Verfahrens. Hierzu gehört auch die Beschwerde gegen Einstellungsbeschlüsse des Vorsitzenden gemäß § 81 Abs. 2 Satz 2 und § 83 a Abs. 2 ArbGG. Denn bei der Entscheidung über die Einstellung hat der Vorsitzende keinen Entscheidungsspielraum; er muß einstellen, wenn der Antrag zurückgenommen ist oder wenn die Beteiligten das Verfahren für erledigt erklärt haben (Weth, aaO, S. 326). Es handelt sich um einen gerichtlichen Formalakt, der ohne nähere Sachprüfung vorgenommen werden muß (LAG Hamm, Beschluß v. 26.05.1989 – 8 TaBV 34/89 – aaO). Der Einstellungsbeschluß hat nur deklaratorische Bedeutung. Auch die Tatsache, daß der Einstellungsbeschluß den Beteiligten nicht förmlich zuzustellen ist, sondern den Beteiligten gemäß § 81 Abs. 2 Satz 3 ArbGG nur zur Kenntnis zu geben ist, zeigt, daß der Einstellungsbeschluß kein das Verfahren beendender Beschluß ist, der nur innerhalb einer ...

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