Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Ruhegeld nach dem hamburgischen Ruhegeldgesetz. Ruhegeld. Ausscheiden wegen Erwerbsunfähigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Ausscheiden wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 62 Abs. 1 Ziff. 1 1 RGG liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer auf Grund eines Abfindungsvergleichs, ausscheidet und danach die Erwerbsunfähigkeit des Arbeitnehmers zu einem Zeitpunkt vor Vergleichsabschluss festgestellt wird.

 

Normenkette

RGG § 2 Abs. 1 Ziff. 1 1; MTArb § 62 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 28.02.2001; Aktenzeichen 27 Ca 462/00)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.10.2002; Aktenzeichen 3 AZR 629/01)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 28.02.2001 – 27 Ca 462/00 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Ruhegeld nach dem Gesetz über die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg (Erstes Ruhegeldgesetz – 1. RGG) zu zahlen.

Die am 23. September 1951 geborene Klägerin war bei der Beklagten seit dem 10. Juli 1977 als Stationsfrau in dem Universitätskrankenhaus Eppendorf beschäftigt. Kraft einzelvertraglicher Vereinbarung galt für das Arbeitsverhältnis der Parteien der Manteltarifvertrag für Arbeiter der Länder (MTArb). Seit dem 21. Dezember 1992 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Sie ist als Schwerbehinderte anerkannt.

Mit Bescheid vom 10. März 1995 lehnte die Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt Hamburg (LVA) die Bewilligung einer Rente wegen einer Erwerbsunfähigkeit der Klägerin ab. Durch Widerspruchsbescheid der LVA vom 8. Dezember 1995 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Die dagegen von der Klägerin am 3. Januar 1996 erhobene Klage wies das Sozialgericht Hamburg durch Urteil vom 17. Juli 1997 – 18 J 14/96 – ab. Gegen das am 21. August 1997 zugestellte Urteil legte die Klägerin am 18. September 1997 Berufung bei dem Landessozialgericht Hamburg ein.

Mit Zustimmung der Hauptfürsorgestelle kündigte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 15. Juni 1999 (Anl. K 1, Bl. 4 der Beiakte – 27 Ca 268/99) außerordentlich mit einer Auslauffrist zum 31. Dezember 1999, weil die Klägerin nach Auffassung der Beklagten aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr in der Lage gewesen sei, die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Gegen diese Kündigung erhob die Klägerin am 22. Juni 1999 Kündigungsschutzklage (Beiakte 27 Ca 268/99). In diesem Verfahren schlossen die Parteien am 11. Oktober 1999 folgenden Vergleich:

  1. „Das Arbeitsverhältnis wird aufgrund außerordentlicher Kündigung mit Auslauffrist am 31. Dezember 1999 enden.
  2. Die Beklagte verpflichtet sich, an die Klägerin als Abfindung wegen Verlust des Arbeitsplatzes gemäß §§ 9, 10 KSchG in Verbindung mit § 3 Ziffer 9 EStG DM 9.000,00 (i.W.: Deutsche Mark neuntausend) brutto = netto zu zahlen. Dieser Abfindungsanspruch ist unabhängig davon, ob der Klägerin bis zum 31. Dezember 1999 eine Erwerbsunfähigkeitsrente zusteht. Diese Abfindung ist vererblich.”

Am 9. Dezember 1999 schloss die Klägerin mit der LVA in dem Termin in dem Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Hamburg folgenden Vergleich:

„Die Beklagte erklärt sich bereit, unter Annahme des Eintritts des Versicherungsfalles der Erwerbsunfähigkeit am 4. Dezember 1997 der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Januar 1998 zu gewähren und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren zu übernehmen.”

Der entsprechende Rentenbescheid der LVA vom 1. Januar 2000 (Anl. B 2, Bl. 38 d. A.) ist der Klägerin am 7. Februar 2000 zugestellt worden.

Seitens der Beklagten wird der Klägerin rückwirkend ab dem 1. Februar 1998 eine monatliche Betriebsrente nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) in Verbindung mit dem 1. RGG gezahlt, und zwar bis Ende 2000 in Höhe von DM 191,27 monatlich. Nach vorläufigen Berechnungen der Beklagten würde sich das Ruhegeld für die Klägerin auf DM 731,21 monatlich ab dem 1. Januar 1998 errechnen.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Zahlung eines Ruhegeldes gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 1. RGG.

Sie hat geltend gemacht, dass sie nicht aufgrund des Abfindungsvergleiches aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei, sondern wegen Erwerbsunfähigkeit bereits im Dezember 1999. Die ausschließlich auf die Zustellung des Rentenbescheids abstellende Regelung des § 62 Abs. 1 MTArb sei gleichheitssatzwidrig, weil der Arbeitnehmer keinen Einfluss darauf habe, wann der Rentenbescheid zugestellt werde.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr Ruhegeld wegen eines Versorgungsfalles gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 1. RGG zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf die Rechtslage nach dem 1. RGG und dem MTArb verwiesen und geltend gemacht, dass die Klägerin vor Eintritt de...

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