Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde. Verschlechterungsverbot. Gegenstandswert. Zwischenzeugnis. Zeugnis. Erledigungsklausel. Verschwiegenheitsklausel. Herausgabe von Gegenständen. Weiterbeschäftigung. Gerichtsgebühren

 

Leitsatz (amtlich)

Im Beschwerdeverfahren nach § 33 RVG gilt das Verschlechterungsverbot.

Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach § 33 RVG und nicht § 63 GKG, wenn im konkreten Fall feststeht, dass eine Gerichtsgebühr nicht anfällt.

Die Gebührenfreiheit nach § 33 IX RVG gilt nur für das Verfahren über den Festsetzungsantrag. Im Beschwerdeverfahren fällt eine Gebühr nach Nr. 1811 der Anlage zu § 2 II RVG an.

Ein allgemeiner Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO ist neben einer Kündigungsschutzklage gemäß § 4 KSchG grundsätzlich nicht werterhöhend zu berücksichtigen.

Der Gegenstandswert für einen Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung während eines anhängigen Kündigungsrechtsstreits beträgt ein Bruttomonatsgehalt.

Der Antrag auf ein Zwischenzeugnis ist bei der Festsetzung des Gegenstandswerts pauschal mit EUR 500,– zu bewerten, sofern keine Regelung zum Inhalt des Zeugnisses begehrt wird.

Eine allgemeine Erledigungsklausel in einem Vergleich ist bei der Festsetzung des Gegenstandswerts nicht werterhöhend zu berücksichtigen.

Eine Verschwiegenheitsklausel in einem Vergleich ist regelmäßig nicht werterhöhend zu berücksichtigen. Etwas anderes kann dann gelten, wenn konkrete Interessen eines Beteiligten erkennbar sind und diesen ein wirtschaftlicher Wert zugeordnet werden kann.

Eine Regelung über die Herausgabe von Gegenständen in einem Vergleich erhöht den Gegenstandswert nur dann, wenn über die Herausgabe der Gegenstände Streit bestand.

 

Normenkette

RVG § 33 Abs. 3, 9

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 01.02.2005; Aktenzeichen 1 Ca 590/04)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 1. 2. 2005 (1 Ca 590/04) wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführer haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

I. Die Beschwerde ist gemäß § 33 III RVG zulässig, sie ist insbesondere von einem Antragsberechtigten (§ 33 II 2 RVG) form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg, denn der angefochtene Beschluss lässt keine Fehler erkennen.

1. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, dem allgemeinen Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO neben dem Antrag gemäß § 4 KSchG keinen eigenen Gegenstandswert zuzuordnen, ist zutreffend. Sie entspricht der nahezu einhelligen Ansicht von Rechtsprechung und Literatur (BAG v. 6. 12.1984 – 2 AZR 754/79 – NZA 1985, 296, zu II 2 b der Gründe; LAG Hamburg v. 3. 6. 2002 – 7 Ta 11/02 – n. v.; LAG Bremen v. 29. 3. 2000 – 4 Ta 15/00 – JurBüro 2000, 418; LAG Köln v. 8. 9.1998 – 4 Ta 207/98 – MDR 99, 102; LAG Thüringen v. 3. 6.1996 – 8 Ta 76/96 – RAnB 96, 220; LAG Thüringen v. 14. 11. 2000 – 8 Ta 134/00 – MDR 01, 538; LAG Nürnberg v. 2. 12. 2003 – 9 Ta 190/03 – NZA-RR 04, 660; LAG Nürnberg v. 7. 2. 1992 – 4 Ta 144/91 – NZA 92, 617; GMP – Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl. 2002, § 12 Rz 103 a; KR-Friedrich, 7. Aufl. 2004, § 4 KSchG Rz 279; ErfK/Koch, 4. Aufl. 2004, § 12 ArbGG Rz 17).

Die von der Beschwerde zitierte Gegenansicht (LAG Hamm v. 2. 11. 1998 – 9 Ta 9/02) hat das LAG Hamm im Beschluss v. 3. 2. 2003 (9 Ta 520/02 – NZA-RR 03, 321) ausdrücklich aufgegeben und sich der herrschenden Auffassung angeschlossen. Aktuell nimmt soweit ersichtlich nur das LAG Hessen für den Antrag nach § 256 ZPO eine Erhöhung des Gegenstandswerts um ein Bruttomonatsgehalt vor, welches im Beschluss v. 7. 1. 2005 (15 Ta 688/04 – juris) seine bisherige Rechtsprechung (LAG Hessen v. 19. 11. 2001 – 15 Ta 85/01 – NZA-RR 02, 384; LAG Hessen v. 21. 1. 1999 – 15/6 Ta 630/98 – NZA-RR 99, 156) aufgegeben hat.

Die Gegenansicht überzeugt in der Sache nicht. Sie beruht allein auf dem Argument, der Antrag gemäß § 256 ZPO müsse deshalb den Gegenstandswert erhöhen, weil er auch in einem gesonderten Verfahren isoliert verfolgt werden könnte und ein solches Verfahren einen Gegenstandswert haben müsste. Letzteres ist zutreffend, nicht jedoch die Schlussfolgerung. Werden unterschiedliche Streitgegenstände verfolgt, die wirtschaftlich ganz oder teilweise identisch sind, fließt die wirtschaftliche Identität in die Bemessung des Gegenstandswertes regelmäßig nur dann ein, wenn die Streitgegenstände in einem Verfahren verfolgt werden. So ist weitgehend unstreitig, dass ein Auflösungsantrag nach § 9 KSchG den Gegenstandswert eines Kündigungsrechtsstreits nicht erhöht (BAG v. 25. 1. 1960 – 2 AZR 519/57 – BAGE 8, 240 = NJW 60, 884; LAG Hamburg v. 3. 9. 2003 – 4 Ta 11/03 – LAGE § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 13; LAG Hamburg v. 26. 6. 2001 – 2 Ta 12/02 – n. v.; LAG Brandenburg v. 17. 4. 2003 – 6 Ta 62/03 – RzK I 10l Nr 124; LAG Berlin v. 13. 3. 2001 – 17 Ta 6026/01 (Kost) – NZA-RR 01, 436; LAG München v. 14. 9. 2001 – 4 Ta 200/01 – NZA-RR 02, 493; LAG Düsseldorf v. 20. 7. 1987 – 7 Ta 198/87 – LAGE ArbGG 1979 § 12 Streitwert 66...

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