Leitsatz (amtlich)

1. Wird eine zeitnah (bis zu sechs Monaten) zur ersten Kündigung ausgesprochene zweite Kündigung auf einen verschiedenartigen Lebenssachverhalt gestützt, erfordern die Gesichtspunkte der fehlenden wirtschaftlichen Identität beider Streitgegenstände und des erhöhten Arbeitsaufwandes für Gericht und Prozessvertreter, dass für diese zweite Kündigung ein gesonderter Regelwert nach § 12 Abs. 7 ArbGG angesetzt wird, der mit dem Regelwert für die erste Kündigung nach § 5 ZPO zusammenzurechnen ist (Ergänzung zum Beschluss der Beschwerdekammer vom 23.10.1996, 8 Ta 109/96, LAGE § 12 ArbGG, Streitwert, Entscheidung 107).

2. Im Beschwerdeverfahren nach § 25 Abs. 3 GKG besteht weder eine Bindung an den gestellten Antrag i. S. des § 308 ZPO noch greift das sog. Verschlechterungsverbot ein.

3. Ist weder die Ausstellung noch der Inhalt eines noch zu erteilenden Zwischenzeugnisses streitig, beschränkt sich das Interesse des Klägers am Obsiegen mit einem – formularmäßig gestellten – Antrag auf das sog. Titularinteresse. Ein solcher Antrag erscheint mit DM 500,00 angemessen bewertet zu sein.

 

Verfahrensgang

ArbG Gera (Beschluss vom 21.08.2000; Aktenzeichen 7 Ca 201/2000)

 

Tenor

wird der Festsetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Gera vom 21.08.2000 – 7 Ca 201/2000 – in der Fassung des Abänderungsbeschlusses vom 17.10.2000 teilweise abgeändert.

Der Verfahrenswert wird auf DM 18.364,00 festgesetzt.

 

Tatbestand

I

In dem zugrundeliegenden Rechtsstreit wandte sich der Kläger mit der am 27.01.2000 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage gegen eine ihm gegenüber am 06.01.2000 zum 09.01.2000 aus witterungsbedingten Gründen ausgesprochene ordentliche Kündigung und beantragte die Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis der klägerischen Partei durch die schriftliche Kündigung der Beklagtenpartei vom 06.01.2000, zugegangen am 08.01.2000, zum 09.01.2000 nicht aufgelöst worden sei. Desweiteren beantragte er die Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände ende, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 09.01.2000 hinaus fortbestehe, und begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Ausstellung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses, hilfsweise eines qualifizierten Zeugnisses.

Mit Schriftsatz vom 23.02.2000 wandte sich der Kläger zusätzlich gegen eine am 07.02.2000 von der Beklagten ausgesprochene außerordentliche Kündigung, die auf Arbeitsverweigerung gestützt wurde, und begehrte festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der klägerischen Partei durch die schriftliche Kündigung der Beklagtenpartei vom 07.02.2000, zugegangen am 10.02.2000, nicht aufgelöst worden sei. Darüber hinaus begehrte er erneut die Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände ende, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 10.02.2000 hinaus fortbestehe, sowie die Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe von zwei ordnungsgemäß ausgefüllten Papieren, nämlich der Arbeitgeberbescheinigung zum Erziehungsgeldantrag und der Arbeitgeberbescheinigung zur Einkommenssteuererkärung 1999.

Angesichts der Dauer der Beschäftigung des Klägers bei der Beklagten und angesichts der Zahl der dort Beschäftigten war auf das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz anwendbar; der Kläger erhielt zuletzt einen monatlichen Bruttoverdienst von DM 2.854,00.

Nachdem im Termin zur Güteverhandlung vom 29.03.2000 wegen anscheinend erfolgreicher Vergleichsgespräche keine Partei erschienen war, ordnete der Kammervorsitzende gem. § 54 Abs. 5 ArbGG das Ruhen des Verfahrens an.

Mit Beschluß vom 21.08.2000 setzte er nach Anhörung der Beteiligten den Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren nach § 15 Abs. 2 GKG auf DM 11.556,40 fest, wobei er für beide Kündigungen drei Bruttomonatsgehälter und für den Zeugnisanspruch ein Bruttomonatsgehalt ansetzte und von einer monatlichen Bruttovergütung von DM 2.889,10 ausging.

Mit Schriftsatz vom 05.09.2000 legte die Klägervertreterin gegen den Beschluß Beschwerde ein und begehrte die Festsetzung auf insgesamt sechs Monatsgehälter, nämlich auf drei Gehälter für den Feststellungsantrag gegen die witterungsbedingte Kündigung, auf zwei Gehälter für den Feststellungsantrag gegen die außerordentliche Kündigung und auf ein Gehalt für den Zeugnisantrag.

Die Beschwerdeführerin beantragte,

den Streitwert auf DM 17.367,00 festzusetzen.

Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten beantragte,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Mit Abänderungsbeschluß vom 17.10.2000 änderte das Arbeitsgericht den Wertfestsetzungsbeschluß vom 21.08.2000 teilweise ab und setzte den Wert des Streitgegenstandes auf DM 12.078,67 fest. Dabei ging das Arbeitsgericht weiterhin von drei Monatsgehältern in Höhe von DM 2.894,67 für die Kündigungsschutzanträge und von einem Monatsgehalt für den Zeugnisanspruch aus und setzte zusätzlich für den Antrag auf Herausgabe der Arbeitspapiere DM 500,00 an.

Im übrigen half es der Beschwerde nicht ab und legte sie dem Beschwerdegericht vor.

 

Entscheidungsgründe

II

Die nach § 25 Abs. 3 GKG...

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