Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwertfestsetzung bei 2 nachfolgenden Kündigungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Spricht der Arbeitgeber in einem zeitnahen Zusammenhang und wegen des gleichen Lebenssachverhaltes vorsorglich eine zweite Kündigung aus, dann kann der auf die zweite Kündigung bezogene Klageantrag wegen wirtschaftlicher Identität mit dem auf die erste Kündigung bezogenen Klageantrag nicht mit dem Regelwert des § 12 VII 1 ArbGG bewertet werden.

2. Unabhängig davon, ob durch die zweite Kündigung der beabsichtigte Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses um einige Monate verschoben werden könnte, ist der Wert des auf die nachfolgende vorsorglich ausgesprochene Kündigung bezogenen Klageantrags regelmäßig mit einem Monatsgehalt des Klägers anzusetzen.

3. Für die Wertfestsetzung hat es in der Regel keine Bedeutung, ob der Arbeitnehmer den auf die erste Kündigung bezogenen Klageantrag im gleichen Verfahren um einen auf die zweite Kündigung bezogenen Antrag erweitert oder ob er in Bezug auf die zweite Kündigung ein weiteres Kündigungsschutzverfahren einleitet.

 

Normenkette

ArbGG § 12

 

Verfahrensgang

ArbG Gera (Beschluss vom 24.04.1996; Aktenzeichen 2 Ca 4108/95)

 

Tenor

wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Gera vom 24.04.1996 abgeändert.

Der Kostenstreitwert für das arbeitsgerichtliche Verfahren wird gem. § 9 Abs. 2 BRAGO i. V. mit § 25 GKG auf DM 11.176,00 festgesetzt.

Im ÜbrigenIm übrigen wird die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I

In dem zugrundeliegenden Kündigungsschutzverfahren wendete sich der seit 1982 bei der Beschwerdegegnerin, einem Maschinenbaubetrieb, als Handwerker zu einer monatlichen Bruttovergütung von DM 2.794,00 beschäftigte Beschwerdeführer gegen eine am 30.11.1995 zum 30.04.1996 ausgesprochene ordentliche Kündigung, die „auf die äußerst unbefriedigende Auftragslage” gestützt wurde.

Mit Schriftsatz vom 18.03.1996 erweiterte er die Klage und wendete sich mit einem weiteren Feststellungsantrag gegen die am 04.03.1996 zugegangene zweite Kündigung, die die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 27.02.1996 zum 31.07.1996 ausgesprochen hatte. Diese Kündigung wurde auf die zum 31.03.1996 beabsichtigte Schließung des Betriebes wegen erheblicher Verluste gestützt.

Nachdem der Beschwerdeführer die Klage wegen einer außergerichtlichen Einigung zurückgenommen hatte, setzte das Arbeitsgericht den Streitwert gem. § 25 Abs. 2 GKG auf den 6-fachen Betrag der Bruttomonatsvergütung des Beschwerdeführers, also auf DM 16.764,00 fest.

Dagegen legte der ProzessbevollmächtigteProzeßbevollmächtigte des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 14.06.1996 Beschwerde ein, mit der er eine Herabsetzung des Streitwerts auf drei Bruttomonatsgehälter, also auf DM 8.383,00 begehrt. Auf Anfrage des Beschwerdegerichts stellte er mit Schriftsatz vom 02.10.1996 klar, dassdaß die Streitwertbeschwerde im Namen des Beschwerdeführers eingelegt werden sollte.

Die zuständige Richterin des Arbeitsgerichts Gera hat der Beschwerde mit begründetem Vermerk vom 24.06.1996 nicht abgeholfen und sie dem Beschwerdegericht vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II

Die gem. § 25 Abs. 3 GKG i. V. mit § 9 Abs. 1 BRAGO statthafte Beschwerde ist zulässig und insoweit begründet, als der Beschwerdeführer eine Herabsetzung des Kostenstreitwerts auf vier Bruttomonatsgehälter, also auf DM 11.176,00 begehrt. Soweit er eine weitere Herabsetzung beantragt hat, ist die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

1.

Die Frage, wie der Streitwert festzusetzen ist, wenn in einem oder mehreren Verfahren mehrere Kündigungen vom gleichen Kläger angegriffen werden, wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum außerordentlich kontrovers beurteilt (vgl. Wenzel in GK-ArbGG § 12 Rz 137 ff m. w. N.; KR-Friedrich 4. Aufl. § 4 KSchG Rz 279 ff m. w. N.).

Während das Bundesarbeitsgericht seit langer Zeit die Auffassung vertritt (vgl. BeschlussBeschluß vom 20.01.1967 AP 16 zu § 12 ArbGG 1953; BeschlussBeschluß vom 06.12.1984 EzA § 12 ArbGG Streitwert Entscheidung 34 mit ablehnender Anmerkung Schneider), dassdaß der in einem einheitlichen ProzessProzeß ausgetragene Streit über mehrere Kündigungen nach Sinn und Zweck des § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG höchstens mit dem Vierteljahresentgelt des Klägers bewertet werden könne (so auch u. a. Friedrich a. a. O.), wird etwa die entgegengesetzte Extremposition in einem neueren BeschlussBeschluß des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt (BeschlussBeschluß vom 20.09.1995 1 (3) Ta 93/95 LAGE § 12 ArbGG Streitwert Entscheidung 104 mit ablehnender Anmerkung Wenzel) dahingehend vertreten, dassdaß grundsätzlich jeder (weitere) Feststellungsantrag, der sich auf die Unwirksamkeit einer konkret abgrenzbaren und eigenständigen Kündigung bezieht, wertmäßig gesondert und mit dem Regelwert des § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG bewertet werden müsse.

Zwischen diesen beiden Extrempositionen werden die verschiedensten Privilegierungs-möglichkeiten für die nachfolgenden Beendigungsakte vertreten, die man mit Wenzel mit „korrektive 1:1-Differenzberechnung”, „add...

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