Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 18.04.1985; Aktenzeichen 12 Bv 1/85)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 18. April 1985 – 12 Bv 1/85 – wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten in erster Linie darüber, ob der Antrag des Beteiligten zu 1) auf Bestellung eines Vorsitzenden einer Einigungsstelle wegen offensichtlicher Unzuständigkeit der Einigungsstelle zurückzuweisen ist.

Von der Darstellung des Sach- und Streit Standes im einzelnen wird analog § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist nach § 98 Abs. 2 Satz 1 ArbGG statthaft und, weil sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 98 Abs. 2 Satz 2, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG), auch im übrigen zulässig.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht Hamburg hat zutreffend festgestellt, daß die Einigungsstelle, deren Bildung der Beteiligte zu 1) mit seinem Antrag anstrebt, nicht offensichtlich unzuständig ist im Sinne von § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG.

Im einzelnen ergibt sich folgendes:

1 a) Im summarischen Bestellungsverfahren nach § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 BetrVG ist die Zuständigkeit der Einigungsstelle nicht zu prüfen. Das müßte erforderlichenfalls in einem gesonderten Beschlußverfahren geschehen. Die Arbeitsgerichte, üben lediglich eine Mißbrauchskontrolle aus, denn der Antrag auf Bestellung eines Einigungsstellen-Vorsitzenden kann nur bei offensichtlicher Unzuständigkeit der Einigungsstelle zurückgewiesen werden (vgl. Grunsky, ArbGG 4. Aufl. 1981 RN 1 zu § 98 und LAG Frankfurt vom 15.6.1984, NZA 1985 S. 35 f m.w.Nachw.). Eine offensichtliche Unzuständigkeit ist aber nur dann anzunehmen, wenn sich die beizulegende Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar nicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand des BetrVG subsumieren läßt (LAG Frankfurt a.a.O. sowie LAG Berlin v. 18.2.1980, AP Nr. 1 zu § 98 ArbGG; ferner Fitting/Auffarth/Kaiser, BetrVG 14. Aufl. 1984 RN 11 zu § 76). Der danach vom Gericht anzulegende Prüfungsmaßstab gilt auch beispielsweise hinsichtlich der Frage, ob das Mitbestimmungsrecht, um das es im konkreten Fall geht, dem Betriebsrat des einzelnen Betriebes oder dem Gesamtbetriebsrat zusteht (vgl. LAG Frankfurt a.a.O.). Für die Frage, ob Gegenstand der Beschwerde eines Arbeitnehmers ein Rechtsanspruch ist (in welchem Fall die Einigungsstelle nicht zuständig wäre, vgl. § 85 Abs. 2 Satz 3 BetrVG), kommt kein anderer Maßstab in Betracht (vgl. auch LAG Köln v. 16.11.1984, NZA 1985, S. 191 aE). Die Klärung streitiger Rechtsfragen ist nicht Aufgabe des Gerichts im Bestellungsverfahren, wie sich aus dem Zweck des Verfahrens ergibt. Dieser liegt darin, beim Auftreten von Meinungsverschiedenheiten möglichst schnell eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung zu haben. Das Verfahren soll unkompliziert sein und darf nicht mit der zeitraubenden Prüfung schwieriger Rechtsfragen belastet werden (vgl. BAG v. 24.11.1981, AP Nr. 11 zu § 76 BetrVG 1972 sowie LAG Frankfurt a.a.O.).

b) Bei Anwendung dieser Maßstäbe ergibt sich für den Streitfall, daß die Einigungsstelle, deren Bildung der Beteiligte zu 1) anstrebt, nicht offensichtlich unzuständig im Sinne von § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG ist. Die Tatsache, daß der Arbeitnehmer, der sich mit seiner Beschwerde an den Beteiligten zu 1) gewandt hat, beim Arbeitsgericht Hamburg Klage auf Herausnahme der ihm mit Schreiben vom 30. Januar 1984 erteilten Abmahnung erhoben hat (AZ.: 8 Ca 89/84 – 2 Sa 13/85), rechtfertigt für sich allein nicht die Annahme der offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle.

In Rechtsprechung und Fachliteratur ist allerdings die Frage sehr umstritten, ob im Falle der Beschwerde eines Arbeitnehmers beim Betriebsrat wegen einer ihm erteilten und zu den Personalakten genommenen Abmahnung die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist, wenn der Arbeitgeber der Beschwerde nicht abhilft. So geht das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluß vom 17. Januar 1985 (NZA 1985, S. 190) in Fällen dieser Art von der offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle i.S. von § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG aus (vgl. auch Stege/Weinspach, BetrVG 5. Aufl. 1984 RN 19 zu §§ 84–86; ferner Fitting/Auffarth/Kaiser a.a.O. RN 4 aE zu § 85 unter Berufung auf das ArbG Kiel, Betriebs-Berater 1981, S. 1894 f). Demgegenüber kommt nach Auffassung des LAG Köln, Beschluß vom 16. November 1984 (NZA 1985, S. 191), auch im Falle einer Beschwerde eines Arbeitnehmers gegen eine Abmahnung, der der Arbeitgeber nicht abhilft, durchaus die Zuständigkeit der Einigungsstelle nach § 85 Abs. 2 BetrVG in Betracht. Das LAG Köln a.a.O. gelangt zwar im Bestellungsverfahren (zutreffenderweise) nicht zu der Feststellung, daß die Einigungststelle zuständig sei. Das Gericht argumentiert aber, daß immer dann, wenn erst eingehend erörtert müßte, ob oder gegebenenfalls in we...

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