Leitsatz (amtlich)

1. Bezieht ein Arbeitnehmer bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit auf seinen Antrag hin nach Aussteuerung durch die Krankenkasse Arbeitslosengeld nach den §§ 105 a, 101 AFG, ist davon auszugehen, daß die Parteien stillschweigend das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vereinbart haben (wie BAG/Urteil vom 09.08.1995 – 10 AZR 539/94 – EzA § 611 BGB Gratifikation, Prämie Nr. 130).

2. Am Fortbestand dieser stillschweigenden Ruhensvereinbarung ändert die rückwirkende Bewilligung einer Berufsunfähigkeitsrente auf Zeit nichts (im Anschluß an BAG/Urteil vom 09.08.1995 – 10 AZR 939/94 – EEK I/1172).

3. Zwar mag der Bezug von Arbeitslosengeld nach den §§ 105 a, 101 AFG das fortbestehende Arbeitsverhältnis so lockern, daß ein Arbeitsverhältnis i. S. der tariflichen Sonderzahlungsbestimmung nicht mehr anzunehmen ist und der Arbeitnehmer deshalb, weil die Gleichstellung dieses Falles mit demjenigen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses u.a. wegen Zuerkennung der Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit geboten ist, die hierfür vorgesehene volle Jahressonderzahlung beanspruchen kann (hierzu BAG vom 10.04.1996 – 10 AZR 600/95 – EzA § 611 BGB Gratifikation, Prämie Nr. 142). Das kann jedoch dann nicht gelten, wenn der Tarifvertrag über eine Sonderzahlung ausdrücklich einen Anspruchsausschluß bzw. eine -kürzung für Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis ruht, vorsieht.

 

Normenkette

BGB § 611; AFG §§ 101, 105a

 

Verfahrensgang

ArbG Duisburg (Urteil vom 03.06.1997; Aktenzeichen 2 Ca 973/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.01.1999; Aktenzeichen 10 AZR 3/98)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 03.06.1997 – 2 Ca 973/97 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung einer tariflichen Jahressonderzuwendung.

Der am 03.01.1950 geborene Kläger war seit dem 29.09.1989 bei der Beklagten als Steuermann zu einem Grundlohn von zuletzt DM 3.203,– brutto pro Monat beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien, das aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs mit Wirkung zum 30.09.1997 beendet wurde, fanden die Tarifverträge für die Arbeitnehmer der Binnenschiffahrt Anwendung. In dem „Tarifvertrag über eine besondere Zahlung” (künftig: TV besondere Zahlung) vom 12.09.1996, der gemäß seinem § 6 rückwirkend zum 01.05.1996 in Kraft trat, heißt es u.a.:

㤠2

Voraussetzung und Höhe der besonderen Zahlung

  1. Arbeitnehmer, die jeweils am Auszahlungstag in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen und zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb ununterbrochen mindestens 6 Monate angehören, haben einen Anspruch auf eine besondere Zahlung nach diesem Tarifvertrag (1/12 je vollem Beschäftigungsmonat).
  2. Die besondere Zahlung beträgt 100 % eines tariflichen Monatsgrundgehaltes/Monatsgrundlohnes.
  3. Die besondere Zahlung gilt als Einmalleistung im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften.
  4. Anspruchsberechtigte Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr kraft Gesetzes oder Vereinbarung ruht, erhalten keine Leistungen. Ruht das Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr teilweise, so erhalten sie eine anteilige Leistung. Anspruchsberechtigte Arbeitnehmer, die wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit, wegen Erreichens der Altersgrenze oder aufgrund Kündigung zwecks Inanspruchnahme eines vorgezogenen Altersruhegeldes aus dem Beruf ausscheiden, erhalten die volle Leistung.

§ 3

Zeitpunkt der Auszahlung

  1. Die Auszahlung erfolgt mit der Novemberabrechnung.
  2. In Betrieben mit Betriebsrat kann in diesem Rahmen durch eine Betriebsvereinbarung eine andere Verteilung erfolgen.”

Der Kläger war infolge eines Bandscheibenvorfalls seit dem 07.10.1994 arbeitsunfähig krank. Bis zum 05.04.1996 bezog er Krankengeld. Einen Tag später beantragte er beim zuständigen Arbeitsamt Arbeitslosengeld nach § 105 a AFG. Die Beklagte teilte im Hinblick auf diesen Antrag dem Arbeitsamt mit, daß sie auf ihr Direktionsrecht gegenüber dem Kläger verzichte.

Seit dem 06.04.1996 erhält der Kläger Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 31.01.1997 wurde ihm für die Zeit vom 01.05.1995 bis zum 31.05.1997 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit bewilligt. Mit Bescheid vom 26.06.1997 wurde dem Kläger Berufsunfähigkeitsrente weiter bis zum 31.05.1998 bewilligt.

Mit seiner der Beklagten am 20.03.1997 zugestellten Klage verlangt der Kläger von ihr die Zahlung der tariflichen Sonderzuwendung für das Jahr 1996.

Der Kläger hat im wesentlichen die Auffassung vertreten:

Nach § 2 Nr. 4 Satz 1 TV besondere Zahlung scheide die Leistung der Sonderzuwendung nur aus, wenn das Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr „kraft Gesetzes oder Vereinbarung” ruhe. Eine Ruhensvereinbarung habe es weder ausdrücklich noch stillschweigend im Jahre 1996 gegeben. Selbst wenn man im Hinblick auf den seit dem 06.04.1996 erfolgenden Bezug von Arbeitslosengeld trotz fortbestehenden Arbeitsverhältnisses anderer Meinung sei, habe er zumindest Anspruch auf eine anteilige Sonderzuwendung bis zum 05.04.1996.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagt...

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