Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Verlust des tariflichen Freistellungsanspruchs wegen Erkrankung. Keine Erfüllungswirkung durch Freistellung bei gleichzeitiger Arbeitsunfähigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ist ein Arbeitnehmer an einem Tag, für den ihm der Arbeitgeber eine Freistellung gemäß § 25 MTV gewährt hat, arbeitsunfähig erkrankt, so geht der Anspruch auf Freistellung nicht durch Erfüllung unter. Der Freistellungstag ist grundsätzlich nachzugewähren.

 

Normenkette

TV T-ZUG § 2 Nr. 2 Buchst. a); MTV Metall- und Elektroindustrie NRW § 25; BGB § 362 Abs. 1; ZPO § 92 Abs. 1, § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 25.09.2020; Aktenzeichen 2 Ca 863/20)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 25.09.2020 - Az.: 2 Ca 863/20 - teilweise abgeändert.

    Es wird festgestellt, dass dem Kläger aus dem Jahr 2019 noch Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung für einen Tag gemäß § 25 MTV für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 08.11.2018 zusteht.

  2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
  3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/3, die Beklagte zu 2/3.
  4. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung eines tariflichen Zusatzgeldes nach § 2 Nr. 2 a des Tarifvertrages Tarifliches Zusatzgeld für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 14.02.2018 (TV T-ZUG).

Der am 29.11.1965 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.09.1982 als Mitarbeiter in Vollzeit gegen eine Bruttomonatsvergütung von 5.723,00 € beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der Einheitliche Manteltarifvertrag für die Eisen- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 18.12.2003 (EMTV) Anwendung, der mit Wirkung zum 01.01.2019 durch den Manteltarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 08.11.2018 (MTV) ersetzt wurde. Weiterhin anwendbar sind das Entgeltrahmenabkommen vom 18.12.2003 (ERA) und der TV T-ZUG.

Nach § 2 TV T-ZUG erhalten Beschäftigte, die jeweils am 31.07. eines Kalenderjahres in einem Arbeitsverhältnis stehen und zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb ununterbrochen 6 Monate angehört haben, ein tarifliches Zusatzgeld. Weiter ist in § 25 MTV - wie zuvor inhaltsgleich in § 3d EMTV in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 14.02.2018 - geregelt:

"§ 25 Freistellungstage statt T-ZUG (A)

Beschäftigte können nach Maßgabe nachfolgender Bestimmungen verlangen, statt des tariflichen Zusatzgeldes nach § 2 Nr. 2 a) TV T-ZUG eine Freistellung in Anspruch zu nehmen.

25.1 Anspruchsberechtigte

Die Möglichkeit, eine bezahlte Freistellung in Anspruch zu nehmen, besteht für folgende Beschäftigtengruppen:

a) Beschäftigte mit einer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 35 Stunden, die

in drei oder mehr als drei Schichten oder nur in der Nachtschicht arbeiten (nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 5 Jahren und nachdem sie mindestens 3 Jahre beim derzeitigen Arbeitgeber üblicherweise in Schicht gearbeitet haben), und voraussichtlich im Folgejahr in einem der vorgenannten Schichtmodelle beschäftigt sein werden.

25.2 Geltendmachung

Beschäftigte können bis zum 31. Oktober eines Jahres den Anspruch für das Folgejahr geltend machen.

25.3 Freistellungsumfang

Der Freistellungsanspruch beträgt acht Tage für Beschäftigte, bei denen sich die Arbeitszeit regelmäßig auf fünf Tage pro Woche verteilt. Grundsätzlich erfolgt die Inanspruchnahme in Form von ganzen freien Tagen, vergleichbar dem Verfahren bei der Urlaubsnahme. ...

Bei der zeitlichen Festlegung der Freistellung sind die Wünsche des Beschäftigten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten zu berücksichtigen.

Kann der Freistellungsanspruch aus personenbedingten Gründen nicht oder nicht vollständig im Kalenderjahr genommen werden, geht der Freistellungsanspruch unter. Im Umfang der nicht realisierten Freistellungstage besteht der Anspruch auf das tarifliche Zusatzgeld nach § 2 Nr. 2 a) TV T-ZUG.

25.5 Kompensation des entfallenden Arbeitsvolumens

Betriebsrat und Arbeitgeber haben bis zum 31. Dezember eines Kalenderjahres anhand der vorliegenden Anträge zu erörtern, wie das entfallende Arbeitsvolumen betriebsintern ausgeglichen werden kann. Dabei ist die Nutzung der vorhandenen betrieblichen und tariflichen Instrumente zu erörtern, insbesondere:

Stellen die Betriebsparteien fest, dass der Anspruch nicht für alle Antragsteller realisiert werden kann, können sie eine Reihenfolge festlegen. Dabei sollen folgende Kriterien berücksichtigt werden:

Die Betriebsparteien können darüber hinaus weitere Kriterien festlegen. Kommt keine Einigung zustande und kann das entfallende Arbeitsvolumen nicht mit der entsprechenden Qualifikation betriebsintern kompensiert werden, kann der Arbeitgeber solche Anträge ablehnen.

Für das Jahr 2019 beantragte der Kläger anstelle des tariflichen Zusatzgeldes nach § 2 Nr. 2 a TV T-ZUG gemäß § 25.3 MTV f...

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