Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitteilung der Nichtverlängerung als Kündigung. Schriftform der Befristung. Schriftform bei Arbeitsvertrag mit Anlagen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Besteht ein Anstellungsvertrag aus einem Hauptteil, der die Befristung enthält, und vier Anlagen, so wahrt die alleinige Unterschrift des Arbeitnehmers unter der letzten Anlage - der Dienstwagenvereinbarung - nicht die Schriftform des § 14 Abs. 4 TzBfG. Die vorhandenen Verknüpfungen zwischen Anlage und Hauptteil ließen nicht den zweifelsfreien Schluss zu, dass die Unterschrift unter der letzten Anlage auch die Befristungsabrede im Hauptteil deckte (Abgrenzung zu KG Berlin 25.01.1999 - 8 U 2822/97, [...]).

2. Die Berufung auf den Formverstoß verstieß nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). 3.Die Mitteilung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis nicht zu verlängern, kann im Regelfall nicht als Kündigung ausgelegt werden (Anschluss an BAG 26.04.1979 - 2 AZR 431/77, DB 1979, 1991).

 

Normenkette

BGB § 615; GVG § 17 a; TzBfG § 14 Abs. 4, §§ 16-17; BGB § 126 Abs. 2, §§ 139, 242, 293-295

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Entscheidung vom 27.03.2013; Aktenzeichen 4 Ca 95/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 04.11.2015; Aktenzeichen 7 AZR 933/13)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 27.03.2013 - 4 Ca 95/13 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt gefasst:

    • 1.

      Es wird festgestellt, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten begründete Arbeitsverhältnis nicht durch die in § 2 des Anstellungsvertrages enthaltene Befristungsabrede zum 31.12.2012 geendet hat.

    • 2.

      Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie auf Führung und Leistung erstreckt.

    • 3.

      Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 30.966,66 Euro brutto abzüglich 4.113,60 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Teilbetrag von 15.483,33 Euro brutto seit dem 01.02.2013 sowie auf einen Teilbetrag von 15.483,33 Euro seit dem 01.03.2013 zu zahlen.

    • 4.

      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    • 5.

      Die Kosten erster Instanz werden dem Kläger zu 25 % und der Beklagten zu 75 % auferlegt.

  • II.

    Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

  • III.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 40 % und der Beklagten zu 60 % auferlegt.

  • IV.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung sowie über Zahlungsansprüche.

Die Beklagte war eine Gesellschaft des Konzerns der "d.-Gruppe", die ausgehend von Österreich auch in Deutschland, Tschechien, Ungarn, der Slowakei, Luxemburg und der Ukraine im Immobilienbereich tätig war. Muttergesellschaft auch der Beklagten war die "d. Immobilien J. T." (im Folgenden "d. T.") mit Sitz in Wien. Es gab bei dieser als Organe den Verwaltungsrat, das geschäftsführende Direktorium und die Hauptversammlung. Zu Beginn des Jahres 2011 war auch der damalige Geschäftsführer der Beklagten L. Mitglied des geschäftsführenden Direktoriums. Deren D. war zu Beginn des Jahres 2011 Dr. S.. Der Kläger war ursprünglich bei einem Wettbewerber der Beklagten, der "Deutschen B." aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrags als Bereichsleiter Konzerneinkauf beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis bestand bis zum 30.06.2011. Dr. S. war ursprünglich ebenfalls Mitarbeiter der "Deutschen B.". Er war zum 01.01.2011 zur d. T. gewechselt und hatte den Kläger empfohlen. Zum schriftlichen Abschluss eines Arbeitsvertrags zwischen der D. T. und dem Kläger kam es nicht. Es existierte ein auf den 17.01.2011 datierter Rohentwurf eines Werkvertrags zwischen der d. T. und dem Kläger über Beratungsleistungen, der ein Honorar von insgesamt 50.000 Euro (40.000,00 Euro für das Procurement-Konzept und 10.000,00 Euro für die Compliance-Richtlinien) vorsah. Die darin vorgesehene österreichische Gewerbeberechtigung hatte der Kläger nie inne oder beantragt. In einem vertraulich bezeichneten "sideletter" war vorgesehen, dass weder das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses noch eines freien Dienstverhältnisses gewünscht sei. Sollte gleichwohl ein (freies) Dienstverhältnis vorliegen, werde ein monatliches überkollektivvertragliches Bruttogehalt von 3.000,00 Euro zu Grunde gelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Werkvertrag nebst "sideletter" Bezug genommen. Mit E-Mail vom 27.01.2011 teilte der Kläger mit, dass der Werkvertrag keine Diskussionsgrundlage sei. Eine andere schriftliche Vereinbarung kam in der Folge zwischen der d. T. und dem Kläger nicht zustande. Auch zwischen der Beklagten und dem Kläger gab es zunächst keine schriftliche Vereinbarung.

Am 22.02.2011 versandte der Kläger eine E-Mail an Dr. S. mit Ausarbeitungen zu den im Betreff genannten Themen "Budgetstruktur, Kennzahlen Technik/Einkauf und Vergaberichtlinie". Hierfür dankte ihm Dr. S. per E-Mail. Am 13.03.2011 erhielt Dr. S. von dem Kläger eine E-Mail mit dem Entwurf eines Organigramms "Procu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge