Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Erhöhung der Arbeitszeit im Geltungsbereich des MTV Einzelhandel NRW

 

Leitsatz (amtlich)

1. Haben die Parteien arbeitsvertraglich eine monatliche Arbeitszeit vereinbart, richtet sich der Anspruch auf Erhöhung der Arbeitszeit aus § 3 Abs. 7 MTV Einzelhandel NRW auf eine höhere monatliche Arbeitszeit und nicht auf eine höhere wöchentliche Arbeitszeit.

2. Zeiten, die in die Monate November und Dezember fallen, verlängern ebenso wie die in § 3 Abs. 7 Satz 3 MTV Einzelhandel NRW genannten Zeiten von Urlaub und Krankheit bis zu 6 Wochen den maßgeblichen Referenzzeitraum in § 3 Abs. 7 Satz 1 MTV Einzelhandel von 17 Wochen nicht (entgegen LAG Hamm 13.04.2016 - 3 Sa 1645/15, juris).

3. Zu den Anforderungen an die rechtzeitige Geltendmachung des tariflichen Anspruchs auf Arbeitszeiterhöhung gemäß § 3 Abs. 7 Satz 6 MTV Einzelhandel NRW.

 

Normenkette

BGB § 311a; TzBfG § 8; ZPO §§ 259, 533, 894 S. 1; MTV Einzelhandel NRW § 3 Abs. 7

 

Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 14.08.2018; Aktenzeichen 7 Ca 1146/18)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 03.12.2019; Aktenzeichen 9 AZR 95/19)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 14.08.2018 - 7 Ca 1146/18 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, das Angebot des Klägers auf eine Vertragsänderung mit einer monatlichen Arbeitszeit von 83,54 Stunden mit Wirkung vom 01.03.2018 anzunehmen.
  2. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
  3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger und der Beklagten je zur Hälfte auferlegt. Die Kosten erster Instanz werden dem Kläger auferlegt.
  4. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen. Für den Kläger wird die Revision zugelassen, soweit er mit dem Hauptantrag unterlegen ist. Im Übrigen wird die Revision für den Kläger nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Arbeitszeiterhöhung.

Der Kläger war seit dem 15.07.2016 zunächst befristet und nachfolgend unbefristet als Verkäufer mit einer monatlichen Vergütung von zuletzt 648,73 Euro brutto bei der Beklagten, einem Möbeleinkaufshaus, beschäftigt. Grundlage der Beschäftigung war der Arbeitsvertrag vom 08.07.2016, der zunächst befristet vom 15.07.2016 bis zum 31.01.2017 geschlossen wurde. In diesem hieß es u.a.:

"§ 2 Arbeitszeit

1. Die Arbeitszeit kann unregelmäßig verteilt werden. Sie beträgt durchschnittlich 52 Stunden monatlich.

2. Die Verteilung der Arbeitszeit ergibt sich aus den tariflichen Bestimmungen und betrieblichen Regelungen.

§ 13 Allgemeine Vereinbarungen

1.Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Betrieb einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Derzeit sind dies die Tarifverträge des Einzelhandels.

…"

Die Verlängerungsvereinbarungen vom 29.12.2016 und vom 14.07.2017 ließen jeweils gemäß § 3 die Vereinbarungen aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag unverändert bestehen. In der Entfristungsvereinbarung vom 29.01.2018 hieß es u.a.:

"L. N. wird ab dem 01.03.2018 unbefristet beschäftigt.

L. N. wird als Mitarbeiter in der Abteilung Verkauf eingesetzt.

Die monatliche Arbeitszeit beträgt 52 Stunden.

Alle weiteren Vereinbarungen aus dem Arbeitsvertrag vom 08.07.2018 bleiben unverändert bestehen."

In dem Manteltarifvertrag, abgeschlossen zwischen dem Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen, dem Handelsverband BAG Nordrhein-Westfalen und ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft vertreten durch die Landesbezirksleitung Nordrhein-Westfalen (im Folgenden MTV) hieß es u.a.:

"§1 Geltungsbereich

(1) Dieser Tarifvertrag gilt im Lande Nordrhein-Westfalen.

(2) Der Tarifvertrag gilt für alle Unternehmen des Einzelhandels einschließlich ihrer Hilfs- und Nebenbetriebe sowie für die von diesen Betrieben beschäftigten Arbeitnehmer. Die Mitglieder der vertragsschließenden Parteien sind tarifgebunden.

§ 2 Arbeitszeit

(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 37,5 Stunden ausschließlich der Pausen. Im Übrigen richtet sich die Arbeitszeit nach den Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes, der Gewerbeordnung, des Jugendarbeitsschutzgesetzes sowie des Mutterschutzgesetzes.

§ 3 Teilzeitarbeit

(1) Teilzeitbeschäftigte sind Arbeitnehmer, deren vertraglich vereinbarte Arbeitszeit die tariflich vereinbarte regelmäßige Wochenarbeitszeit unterschreitet.

(2) Arbeitszeitanfang, Arbeitszeitende und Lage der Arbeitszeit für Teilzeitbeschäftigte sind in den Betrieben mit Betriebsrat durch Betriebsvereinbarungen oder in Betrieben ohne Betriebsrat durch einzelvertragliche Vereinbarungen zu regeln.

(3) Die Arbeitszeit soll wöchentlich mindestens 20 Stunden und am Tag mindestens 4 Stunden betragen und auf höchstens 5 Tage pro Woche verteilt werden. Hiervon kann abgewichen werden, wenn der Arbeitnehmer dies wünscht oder betriebliche Belange (z.B. Schließdienst, Hausreinigung, Inventuren...) dies erfordern. Mit Zustimmung des Betriebsrats sowie einzelvertraglich in Betrieben ohne Betriebsrat kann die Arbeitszeit auf 6 Tage verteilt werden.

(4) Die Teilzeitbeschäft...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge