Entscheidungsstichwort (Thema)

Wegezeitvergütung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Dachdeckerhandwerk beginnt und endet die Arbeitszeit regelmäßig auf der Baustelle. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer zuvor auf dem Betriebshof „stempelt” und in Vorbereitungsarbeiten einbezogen wird. „Vereinbarte Arbeitszeit” i. S. von § 5 RTV Dachdecker (vom 27.11.1990) ist dann der Betriebshof.

2. Die Klagefrist als 2. Stufe der Ausschlussfristenregelung des § 54 RTV Dachdecker wird durch eine unzulässige Feststellungsklage nicht gewahrt.

 

Normenkette

BGB § 611; RTV Dachdecker §§ 5, 54

 

Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Urteil vom 12.03.1999; Aktenzeichen 7 Ca 1438/98)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 12.03.1999 –7 Ca 1438/98 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen – teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.098,75 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich aus 502,50 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.12.1998 und aus dem sich aus 596,25 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.01.1999 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 13/14 und die Beklagte zu 1/14.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers aus den Monaten Februar 1996 bis November 1998. Der Kläger fordert von der Beklagten die Wegezeiten als Arbeitszeit zu vergüten, die er in dieser Zeit jeweils vom Betriebssitz in R. zu den einzelnen Arbeitsplätzen/Baustellen aufgewandt hat. Die Beklagte ist der Auffassung, vergütungspflichtige Zeiten lägen erst ab Arbeitsaufnahme an der jeweiligen Baustelle vor. Zum weitaus überwiegenden Teil seien zudem die vermeintlichen Ansprüche des Klägers nach Maßgabe der einschlägigen tariflichen Regelungen verfallen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 12.03.1999 abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er begehrt weiterhin insgesamt 16.276,25 DM brutto nebst Verzugszinsen an Wegezeitvergütung.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes sieht die Berufungskammer gemäß § 543 Abs. 1 ZPO ab.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 12.03.1999 – 4 Ca 5342/98 – ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 800,– DM übersteigt (§ 64 Abs. 2 ArbGG). Die Berufung ist auch in der vorgeschriebenen Form und Frist eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden, so weit der Kläger Zahlungsansprüche aus den Monaten August 1996 bis November 1998 mit insgesamt 13.912,50 DM brutto nebst Verzugszinsen verfolgt. Zulässigkeitsbedenken bestehen insoweit gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 518, 519 ZPO nicht.

Anders verhält es sich mit den vom Kläger verfolgten Vergütungsansprüchen für die Monate Februar bis Juli 1996 mit insgesamt 2.363,75 DM brutto nebst Verzugszinsen. Das Arbeitsgericht hat die Klage bezüglich dieser Anspruchspositionen als unzulässig abgewiesen; die selben Ansprüche seien bereits im Verfahren 7 Ca 1438/98 Arbeitsgericht Wuppertal geltend gemacht und mit Urteil vom 04.08.1998 rechtskräftig aberkannt worden – die Rechtskraft des Urteils stehe gemäß § 322 ZPO der erneuten Einforderung entgegen.

Dem ist der Kläger nicht, wie gemäß § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO geboten, entgegen getreten.

Die Rechtsmittelbegründung muss – im Falle ihrer Berechtigung – geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen. Bei einem teilbaren Streitgegenstand muss sie sich auf alle Teile des Urteils erstrecken, hinsichtlich deren eine Abänderung beantragt ist; anderenfalls ist das Rechtsmittel für den nicht begründeten Teil unzulässig (BGHZ 22, 272, 278 = NJW 1957, 424; BGH, Beschluss vom 25.01.1990 – IX ZB 89/89 (Karlsruhe) – NJW 1990, 1184, jeweils m.w.N.).

Im Streitfalle hat sich der Kläger in der Berufungsbegründung allein mit den Fragen der sachlichen Begründung der geltend gemachten Wegezeitvergütungsansprüche und des Durchgreifens möglicher tarifvertraglicher Ausschlussfristen befasst. Es fehlt jegliche Berufungsbegründung zu den prozessualen Erwägungen des Arbeitsgerichts, mit denen die Klage hinsichtlich der vermeintlichen Ansprüche aus den Monaten Februar bis Juli 1996 abgewiesen wurde. Hinsichtlich dieser Ansprüche ist die Berufung des Klägers deshalb unzulässig.

II.

Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keine Ansprüche auf Vergütung der Wegezeiten in den Monaten August 1996 bis September 1998.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis richtig gesehen, dass Ansprüche des Klägers (12.813,75 DM) insoweit nach Maßgabe von § 54 Abs. 2 des allgemein verbindlichen Rahmentarifvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer im Dachdeckerhandwerk vom 27.11.1990 (RTV) verfallen sind.

1. Die zweistufige Ausschlussfrist des § 54 RTV sieht vor, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden müssen. Wird dies versäumt, verfallen die Ansprüche. Gleiches gilt dann, wenn sie nicht überdies innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablau...

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