Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfallklausel im Formulararbeitsvertragunangemessene Benachteiligung durch Intransparenz. Arbeitsentgelt. Regelung des Verfalls von Ansprüchen. Transparenzgebot

 

Leitsatz (amtlich)

Eine in einem Formulararbeitsvertrag enthaltene Klausel, wonach alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der jeweils anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden, benachteiligt den Arbeitnehmer nicht gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen. Eine solche Klausel wird nicht dadurch intransparent im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass es im Arbeitsvertrag weiter heißt, die Verfallfrist solle nicht gelten, soweit "die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung über den Ausschluss oder den Verfall von Ansprüchen enthalten".

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Wesel (Entscheidung vom 07.12.2011; Aktenzeichen 4 Ca 2561/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.02.2014; Aktenzeichen 5 AZR 700/12)

 

Tenor

1.Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 07.12.2011 - Az. 4 Ca 2561/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2.Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Entgeltdifferenzansprüche.

Der Kläger, geboren am 04.11.1979, war vom 02.08.2010 bis zum 30.11.2010 bei der Beklagten als Zerspannungsmechaniker/Hilfskraft zu einem Stundenlohn von EUR 11,43 brutto zzgl. EUR 2,57 brutto Aufwandsentschädigung pro Stunde beschäftigt.

Die Beklagte betreibt ein Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen.

Die arbeitsvertraglichen Beziehungen der Parteien bestimmen sich nach dem Arbeitsvertrag vom 14.07.2010 (Bl. 6 ff. d.A.). Der Arbeitsvertrag bestimmt in § 2 wörtlich Folgendes:

"1. Auf das Arbeitsverhältnis finden die zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) einerseits und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB), medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) andererseits abgeschlossenen Tarifverträge, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifverträge West und Ost sowie Beschäftigungssicherungstarifvertrag, in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung.

2. Die Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge gehen den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages vor. Dies gilt nicht, soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge eine Abweichung durch Arbeitsvertrag ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 TVG, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend."

§ 9 des Arbeitsvertrages bestimmt wörtlich Folgendes:

"1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder seiner Beendigung verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit gegenüber der jeweils anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden.

2. Der Fristablauf beginnt, sobald der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsberechtigte von den, den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.

3. Lehnt die jeweils andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der schriftlichen Geltendmachung, so verfällt der Anspruch, wenn er nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Ablehnung oder nach dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

4. Abs. 1 und Abs. 2 gelten nicht für Ansprüche, die sich aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit sowie aus vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzungen des Mitarbeiters oder A. bzw. eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen von A. ergeben.

5. Abs. 1 bis 3 gelten nicht, soweit die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung über den Ausschluss oder den Verfall von Ansprüchen enthalten."

Unter dem 14.07.2010 schlossen die Parteien zudem eine Zusatzvereinbarung zu dem Arbeitsvertrag vom 14.07.2010 (Bl. 9 d.A.). Hierin wird vor dem Hintergrund der Inbezugnahme der von dem AMP und der CGZP sowie weiterer Gewerkschaften geschlossenen Tarifverträge im Arbeitsvertrag darauf hingewiesen, dass zum Teil bestritten wird, dass die CGZP Tarifverträge abschließen kann bzw. tariffähig ist sowie dass dies durch Entscheidung des LAG Berlin vom 07.12.2009 bestätigt wurde. Es wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass dies zu einem höheren Anspruch auf Vergütung führen kann. Für den Fall der Unwirksamkeit der in Bezug genommenen Tarifverträge vereinbarten die Parteien daher die ...

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