Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Anspruch des Betriebsrats auf Durchführung einer Betriebsvereinbarung

 

Orientierungssatz

Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber im Wege der einstweiligen Verfügung die Rückgängigmachung der einseitigen Ernennung eines Datenschutzbeauftragten verlangen, wenn dessen Bestellung nach einer Betriebsvereinbarung einvernehmlich mit dem Betriebsrat zu erfolgen hat. Hierbei entfaltet eine Betriebsvereinbarung auch nach ihrem Ablauf noch Nachwirkung, wenn die Betriebspartner die Nachwirkung vereinbart haben.

 

Verfahrensgang

ArbG Krefeld (Beschluss vom 13.01.1988; Aktenzeichen 1 BV 1/88)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Krefeld vom 13.01.1988 – 1 BVGa 1/88 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten haben unter dem 10.01.1986 eine Gesamtbetriebsvereinbarung für die maschinelle Verarbeitung personenbezogener oder personenbeziehbarer Arbeitnehmerdaten abgeschlossen. In Nr. 13 der Gesamtbetriebsvereinbarung heißt es u.a.:

„Die Bestellung und Abberufung des Datenschutzbeauftragten wird einvernehmlich mit dem Gesamtbetriebsrat geregelt.”

In Nr. 20 der Gesamtbetriebsvereinbarung haben die Beteiligten festgelegt:

„Diese Gesamtbetriebsvereinbarung tritt mit Wirkung vom … in Kraft. Sie kann von beiden Seiten mit einer Frist von drei Monaten erstmals zum … gekündigt werden. Bis zum Abschluß einer neuen Vereinbarung hat diese Gesamtbetriebsvereinbarung noch Gültigkeit.”

Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 30.09.1986 die Gesamtbetriebsvereinbarung zum 31.12.1986 gekündigt.

Der von den Beteiligten einvernehmlich Bestellte Datenschutzbeauftragte W. legte am 14.12.1987 sein Amt nieder. Daraufhin bestellte die Antragsgegnerin, ohne das Einvernehmen mit dem Antragsteller herbeizuführen, unter dem 17.12.1987 Herrn G. zum kommissarischen Datenschutzbeauftragten bis zur endgültigen Klärung der zwischen den Beteiligten bestehenden unterschiedlichen Rechtsauffassungen über die Einleitung eines Anhörungsverfahrens zur Bestellung von Herrn G. als externen Datenschutzbeauftragten.

Der Antragsteller sieht in der einseitigen Bestellung des kommissarischen Datenschutzbeauftragten einen Verstoß gegen die Gesamtbetriebsvereinbarung. Das Arbeitsgericht hat seinem im einstweiligen Verfügungsverfahren gestellten Antrag,

1) der Antragsgegnerin aufzugeben, die kommissarische Ernennung von Herrn G. zum Datenschutzbeauftragten rückgängig zu machen,

2) für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die gerichtliche Anordnung zu Ziffer 1) der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld in Höhe von DM 20.000,– anzudrohen,

stattgegeben. Wegen der Einzelheiten der Entscheidung wird auf Bl. 51–58 d.A. Bezug genommen.

Gegen den ihr am 26.01.1988 zugestellten erstinstanzlichen Beschluß hat die Antragsgenerin am 05.02.1988 Beschwerde eingelegt, die am selben Tag begründet worden ist. Sie trägt vor, der arbeitsgerichtliche Beschluß führe zur Befriedigung des Antragstellers. Das sei mit dem Sinn und Zweck des vorläufigen Rechtsschutzes unvereinbar. Aufgabe des Arbeitsgerichts sei es gewesen, die ausgesprochene Verpflichtung mit einer Befristung oder auflösenden Bedingung zu versehen. Die in Nr. 20 der Gesamtbetriebsvereinbarung geregelte Nachwirkung erstrecke sich nicht auf die Teile der Gesamtbetriebsvereinbarung, die nicht der erzwingbaren Mitbestimmung unterlägen. Ansonsten bestände die Möglichkeit, die einmal getroffene, mit vereinbarter Nachwirkung ausgestattete nicht mitbestimmungspflichltige Regelung zu perpetuieren. Im übrigen sei ein Verfügungsanspruch nicht gegeben, weil dem Betriebsrat nach höchstrichterlicher, wenn auch umstrittener Rechtsprechung kein allgemeiner Unterlassungsanspruch zur Sicherung von Mitbestimmungsrechten zustände.

Weiterhin trägt die Antragsgegnerin von, es fehle an einem Verfügungsgrund. Durch die Bestellung eines nur dem Gesetz verantwortlicher Datenschutzbeauftragten ergäben sich für den Antragsteller oder die von ihm repräsentierten Arbeitnehmer keine Nachteile. Die kommissarische Bestellung eines Datenschutzbeauftragten sei lediglich eine Notmaßnahme, um den Erfordernissen des Bundesdatenschutzgesetzes gerecht zu werden.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1) unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Antrag zurückzuweisen,

2) dem Antragsteller aufzugeben, binnen einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Frist in der Hauptsache Klage zu erheben.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde und den Antrag zu 2) zurückzuweisen.

Er verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vertrags den angefochten in Beschluß.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Beteiligten im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1) Die Beschwerde ist zwar zulässig, weil sie statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 89 Abs. 1 und 2, 87 Abs. 1 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 518, 519 Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

2) I...

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