Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Arbeitgeberverbands. RVG-Gebühren als Grenze für erstattungsfähige Kosten. Angemessenheit von Stundensätzen bei erstattungsfähigen Kosten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Kosten eines Arbeitgeberverbands können solche der notwendigen Rechtsverteidigung sein.

2. Die Zugrundelegung angemessener Stundensätze ist zulässig.

3. Die Kosten eines Verbands sind bis maximal der Höhe der RVG-Gebühren erstattungsfähig.

4. Die Geltendmachung von 0,4 Stunden für die Durchsicht der Nichtzulassungsbeschwerde ist angemessen.

 

Normenkette

ArbGG § 12a; RPflG § 11 Abs. 1; ZPO §§ 91, 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 14.08.2018; Aktenzeichen 6 Ca 4912/15)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 02.09.2020; Aktenzeichen 9 AZB 41/20)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 07.09.2018 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 14.08.2018 (Kosten III. Instanz) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig. Sie ist nach §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO statthaft und auch form- und fristgerecht (§ 569 Abs. 1 und 2 ZPO) eingelegt worden.

2. Die sofortige Beschwerde bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten nach Grund und Höhe zutreffend festgesetzt. Die der Beklagten durch die Beauftragung des Arbeitgeberverbandes agv:comunity entstandenen Kosten stellen notwendige Kosten der Rechtsverteidigung im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO dar.

a) Im Berufungs- und Revisionsrechtszug vor den Gerichten für Arbeitssachen gilt §91 ZPO uneingeschränkt (BAG 18. 11.2015-10 AZB 43/15 - RN 23). Maßgeblich ist zunächst also allein die Frage, ob die Hinzuziehung eines Verbandsvertreters als zweckentsprechende Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung anzusehen ist. Das ist nach Auffassung der Beschwerdekammer zu bejahen (so auch LAG Köln 29.08.2019 - 7 Ta 72/19 - n.v.; a. A. - möglicherweise aber auch lediglich für Gebühren nach dem RVG - BAG 18.11.2015 - 10 AZB 43/15 - NZA 2016, 188 RN 25).

(1) Allein für die I. Instanz schließt § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG den Anspruch auf Erstattung für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten aus. Ginge der Gesetzgeber davon aus, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren Kosten für die Hinzuziehung von Verbandsvertretern (iSv. § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und Nr. 5 ArbGG) ohnehin nicht ersatzfähig wären, hätte er in § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG nicht den in Absatz 2 der Vorschrift definierten Oberbegriff des Prozessbevollmächtigten, sondern den des Rechtsanwalts gewählt. Auch § 12a Abs. 2 Satz 2 ArbGG geht davon aus, dass eine im Rechtsmittelzug durch einen Verbandsvertreter vertretene Partei Ansprüche auf Kostenerstattung haben kann. In Anbetracht der in § 11 Abs. 4 Satz 2 ArbGG zum Ausdruck kommenden Gleichwertigkeit einer Vertretung durch Verbandsvertreter mit einer solchen durch Rechtsanwälte ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb jeweils entstehende Kosten grundsätzlich nicht in gleichem Maße notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO sein sollen. Die Kosten durch anwaltliche Vertretung aber sind gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ZPO stets zu erstatten, sofern die einzelne Maßnahme des Prozessbevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -Verteidigung notwendig war. Die durch § 11 Abs. 4 Satz 2 ArbGG eröffnete Möglichkeit, sich auch im Rechtsmittelzug durch einen Verbandsvertreter anstatt durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, stellt keineswegs eine gesetzliche Kostendämpfungsmaßnahme zugunsten der anderen Partei dar (LAG Köln 29.08.2019 aaO). Entsprechend sieht das Bundesarbeitsgericht die durch die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts entstehenden Kosten zutreffend selbst dann als festsetzungsfähig an, wenn eine Vereinigung von Arbeitnehmern oder Arbeitgebern iSv. § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und Nr. 5 ArbGG bereit gewesen wäre, die Vertretung unentgeltlich zu übernehmen (BAG 18.11.2015 aaO RN 24 mwN).

(2) Entgegen der Ansicht des Klägers lassen § 91 ZPO und das Verfahren der Kostenfestsetzung nach § 103 f. ZPO auch eine Abrechnung auf Stundenbasis zu. Insoweit schließt sich die Beschwerdekammer den überzeugenden Ausführungen in der oben zitierten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 29.08.2019 an (vgl. auch OVG NRW 18.06.2019 - 1 E 685/18 -juris), welche den Parteien bekannt sind. Im Ergebnis ist es danach für eine Festsetzung der angemeldeten Kosten ausreichend, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des Kostentatbestands mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben sind; die gerichtliche Prüfung beschränkt sich auf eine "typisierende Betrachtungsweise" bzw. eine "typisierende Plausibilitätskontrolle".

(3) Allerdings muss der für die Tätigkeit eines Verbandsvertreters berechnete Stundensatz angemessen sein. Bei der vorzunehmenden Bewertung spielen mehrere Faktoren eine Rolle: die Qualifikation des mit der...

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