Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Verfügung auf Feststellung der Erforderlichkeit einer Schulung?

 

Leitsatz (amtlich)

Hat der Betriebsrat die Entsendung eines Mitglieds zu einer Schulung gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG beschlossen und bestreitet der Arbeitgeber die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme, kann nicht im Wege der einstweiligen Verfügung das Teilnahmerecht des Betriebsratsmitglieds abgesichert werden. Für eine solche Verfügung, die auf keine „Regelung”, sondern lediglich auf eine „Feststellung” gerichtet wäre, fehlt es am Verfügungsgrund.

 

Normenkette

BetrVG § 37 Abs. 6; ZPO § 940; ArbGG § 85 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 01.09.1995; Aktenzeichen 2 BVGa 13/95)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen denBeschluß des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 01.09.1995 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Der Betriebsrat (Antragsteller) will im Wege der einstweiligen Verfügung den Arbeitgeber verpflichtet wissen, die Teilnahme seines Vorsitzenden an einer Schulungsveranstaltung vom 11.09.–15.09.1995 zum Thema „Diskussion und Verhandlungsführung” zu dulden.

Der Betriebsrat beschloß Anfang Juli 1995 die Entsendung seines Vorsitzenden zu der Schulungsveranstaltung. Der Arbeitgeber wandte zunächst ein, daß bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Schulungsteilnahme betriebliche Notwendigkeiten nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Später rügte er, daß die Erforderlichkeit der Schulung weder hinreichend dargetan noch nachgewiesen sei.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat ohne mündliche Verhandlung durch Kammerbeschluß vom 01.09.1995 den Verfügungsantrag des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Beschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Antrag weiter. Er meint, daß die Verfügung erforderlich sei, um Rechtssicherheit zu schaffen: den Betriebsratsvorsitzenden treffe ein nicht hinnehmbares persönliches Risiko, wenn erst im nachhinein die Erforderlichkeit der Schulungsmaßnahme geklärt werde. Im übrigen macht der Betriebsrat Ausführungen dazu, daß angesichts der aktuellen betrieblichen Situation die thematische Schulung erforderlich sei.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist zulässig.

Das Arbeitsgericht konnte durch Beschluß der Kammer den Verfügungsantrag ohne Anhörung der Beteiligten zurückweisen (§ 937 Abs. 2 ZPO, § 85 Abs. 2 ArbGG). Gegen den Beschluß findet die Beschwerde statt (§ 87 Abs. 1 ArbGG), über die das Landesarbeitsgericht durch die Kammer zu entscheiden hat (§ 87 Abs. 2 Satz 1, § 91 ArbGG), wobei sowohl bei Zurückweisung des mit der Beschwerde weiterverfolgten Antrags als auch in dringenden Fällen bei Stattgabe des Antrags von der vorherigen Zustellung der Beschwerdeschrift und von der Anhörung der Beteiligten abgesehen werden kann. Soweit man als zulässigen Rechtsbehelf gegen den zurückweisenden Beschluß ohne mündliche Verhandlung die einfache Beschwerde nach § 567 ZPO ansieht (Germelmann/Matthes, ArbGG, 2. Aufl., § 85 Rz. 47), ergibt sich, weil das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen hat, die Entscheidungskompetenz des Landesarbeitsgerichts aus § 78 Abs. 1 ArbGG, § 568 Abs. 1 ZPO. Auch hier entscheidet, wenn keine mündliche Anhörung erfolgt, die Kammer und nicht der Vorsitzende allein (a.A. Grunsky, ArbGG, 6. Aufl., § 78 Rz. 4).

III. Die Beschwerde ist hingegen unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen.

1. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Für die Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 6 BetrVG bedürfe es keiner Zustimmung des die Erforderlichkeit der Schulung bestreitenden Arbeitgebers. Der Betriebsrat bzw. das Betriebsratsmitglied könnten einfach selbst tun, was sie angeordnet haben wollten. Für eine Feststellung fehle es am Verfügungsgrund, weil die vorläufige gerichtliche Entscheidung dem Antragsteller, der letztendlich nur eine gutachterliche Stellungnahme des Gerichts verlange, das Risiko eines falschen persönlichen Verhaltens nicht abnehmen könne.

Soweit der Arbeitgeber anfangs die Nichtberücksichtigung betrieblicher Notwendigkeiten gerügt habe, habe er es versäumt, die Einigungsstelle anzurufen. Danach dürfe der Betriebsrat davon ausgehen, daß betriebliche Notwendigkeiten der Schulungsteilnahme nicht entgegenstehen, so daß es auch unter diesem Aspekt an einem Verfügungsgrund fehle.

Die Rechtsausführungen des Arbeitsgerichts sind zutreffend. Die Einwände der Beschwerde greifen nicht durch.

2. Nach ganz herrschender Meinung (BAG, Beschluß vom 30.01.1973, AP Nr. 3 zu § 40 BetrVG 1972, Urteil vom 27.06.1990, 7 AZR 348/89, JURIS 360995, zu I 3 c, LAG Baden-Württemberg vom 17.12.1987, AiB 1988, 282 ff m. Anm. Schoof, Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 37 Rz. 149, Blanke, DKKS-BetrVG, 4. Aufl., § 37 Rz. 134, Stege/Weinspach, BetrVG, 7. Auf 1, § 37 Rz. 53 a), der die erkennende Kammer gefolgt ist (Urteil vom 15.10.1992, LAGE Nr. 33 zu § 611 BGB Abmahnung = BB 1993, 581 Ls.), bedarf das Betriebsratsmitglied nicht der Zustimmung des Arbeitgebers zur Teilnahme an de...

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