rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Anfechtung einer Betriebsratswahl

 

Leitsatz (amtlich)

Die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts folgt dem Bundesarbeitsgericht (vgl. BAG 10.07.2001 – 7 ABR 42/99) bei der Festsetzung des Streitswerts für arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren, in denen es um die Anfechtung einer Betriebsratswahl geht. Es ist zunächst vom 2-fachen Ausgangsstreitwert bei der Anfechtung eines aus einer Person bestehenden Betriebsrats auszugehen. Mit wachsender Betriebsratsgröße orientiert sich die Erhöhung des Streitwerts an der Staffel des § 9 BetrVG, wobei der Streitwert für jede Stufe um den halben Ausgangswert des § 23 Abs. 3 RVG erhöht wird.

 

Normenkette

BetrVG §§ 9, 18; RVG § 23 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen (Beschluss vom 28.12.2006; Aktenzeichen 8 BV 75/06)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 28.12.2006 – Az.: 8 BV 75/06 – abgeändert.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nicht gegeben.

 

Tatbestand

I.

Der Arbeitgeber hat mit Antrag vom 31. Mai 2006 die Betriebsratswahl vom 24.05.2006 angefochten. Zur Begründung hat der Arbeitgeber angeführt, dass nur eine Person als Betriebsrat hätte gewählt werden dürfen, da weniger als 20 Arbeitnehmer im Betrieb tätig seien. Gewählt worden sind aber drei Mitglieder.

In der Güteverhandlung wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Vor der Anhörung in der streitigen Verhandlung nahm der Arbeitgeber den Antrag zurück.

Das Arbeitsgericht setzte den Wert des Streitgegenstandes gemäß § 33 RVG auf 8.000,00 EUR fest. Gegen den am 2. Januar 2007 zugestellten Beschluss wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Betriebsrats mit einer am 8. Januar 2007 beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven eingegangenen Beschwerde mit dem Begehren, den Wert des Streitgegenstandes auf 10.000,00 EUR festzusetzen.

Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven half der Beschwerde nicht ab und legte sie dem Landesarbeitsgericht Bremen zur Entscheidung vor.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven eingereicht worden.

Auch der Beschwerdewert des § 33 Abs. 3 RVG ist erreicht. Bei einem Gebührenanspruch nach Ziffer 3100 von 1,3 und nach Ziffer 3104 von 1,2 des Gebührenverzeichnisses beträgt die Differenz der zu erwartenden Gebühren des Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats bei einem Wert von EUR 8.000,00 zu einem Wert von EUR 10.000,00 214,60 EUR.

2. Die Beschwerde ist begründet.

a) Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren werden keine Gerichtsgebühren erhoben. Streitwertbemessungsvorschriften auf die im anwaltlichen Gebühreninteresse gemäß § 32 RVG zurückgegriffen werden könnte, fehlen aus diesem Grunde. Für derartige Rechtsmaterien enthält § 23 Abs. 3 RVG eine Auffangvorschrift um die Streitwertfestsetzung für die Anwaltsgebührenberechnung sicher zu stellen. Sie gilt auch für die Streitwertfestsetzung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren (vgl. GK-Wenzel, § 12 ArbGG, Rz 441). Die Vorschrift des § 23 Abs. 3 RVG enthält einen Hilfs- bzw. Auffangwert, der nur dann zur Anwendung kommt, wenn keine anderen Tatsachen für die Festsetzung des Gegenstandswertes vorliegen (vgl. Hessisches LAG LAGE § 8 BRAGO Nr. 57; LAG Hamm LAGE § 8 BRAGO Nr. 50). Die Höhe des Streitwertes in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten im Sinne des § 23 Abs. 3 RVG richtet sich nach dem Schwierigkeitsgrad und dem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit (vgl. LAG Berlin Entscheidung vom 16.10.2001 – 17 Ta 6150/01 – AE 2004, Seite 92). Die trotz des ungewöhnlich weitreichenden Streitwertrahmens (von 4.000,00 EUR bis 500.000,00 EUR) gänzlich undifferenzierte Streitwertgrundnorm stellt Wissenschaft und Rechtsprechung vor die Aufgabe, die im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren in Frage kommenden Streitgegenstände innerhalb des vorgegebenen Bewertungsrahmens in ein Bewertungssystem einzubinden, das falladäquate Abstufungen zulässt und zugleich tragenden Grundsätzen des Arbeitsgerichtsprozesses ausreichend Rechnung trägt (vgl. LAG Bremen – 4 Ta 81/84 – AnwBl. 1985, Seite 101; LAG Hamm LAGE § 12 ArbGG 1979, Streitwert Nr. 17).

b) Bei der Anfechtung einer Betriebsratswahl ist zu berücksichtigen, dass es um die Legitimation zur Wahrnehmung bedeutender Mitbestimmungsrechte geht (vgl. Wenzel DB 1977, Seite 722 (723 f.)). Aus diesem Grunde ist es nicht angemessen, die Bewertung auch bei kleineren Betrieben am Ausgangswert des § 23 Abs. 3 RVG von 4.000,00 EUR zu orientieren. Wenzel (vgl. GK-Wenzel, § 12 ArbGG, Rz 462) weist zu Recht darauf hin, dass andernfalls keine angemessene Relation zum Wert des Ausschlussverfahrens, das mit zwei bis drei Monatsgehältern des auszuschließenden Betriebsratsmitglieds angenommen wird, bestehen würde. In den letzten Jahren haben sich zwar keine ganz einheitlichen Bewertungsgrundsätze für derartige Fälle in der Rechtspr...

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