Entscheidungsstichwort (Thema)

Weihnachtsgeld. Freiwilligkeitsvorbehalt. betriebliche Übung

 

Leitsatz (amtlich)

War ein sog. Freiwilligkeitsvorbehalt nach der bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes maßgeblichen Rechtslage wirksam und stand er daher dem Entstehen einer betrieblichen Übung entgegen, reicht die mehrmalige Weiterzahlung eines Weihnachtsgeldes jedenfalls dann nicht für die Begründung eines Anspruchs aus betrieblicher Übung aus, wenn der Arbeitgeber das Unwirksamwerden der Klausel offenbar selbst nicht erkannt und daher eine Anpassung der Klausel nicht vorgenommen hat.

 

Normenkette

BGB § 305 ff.

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 19.04.2007; Aktenzeichen 18 Ca 1770/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.01.2009; Aktenzeichen 10 AZR 221/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19.04.2007 – 18 Ca 1770/07 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte aufgrund einer betrieblichen Übung zur Zahlung eines Weihnachtsgeldes für das Jahr 2006 verpflichtet war.

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 1999 als Service-Assistentin mit einem Bruttoeinkommen von zuletzt 1.790 Euro beschäftigt. Sie erhielt seither Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld in Höhe von jeweils einem halben Bruttoeinkommen. Das Weihnachtsgeld wurde bis zum Jahr 2005 regelmäßig mit der Novemberabrechnung ausgezahlt.

Nachdem die vorläufigen Berechnungen für das Geschäftsjahr 2006 Verluste in Höhe von 500.000 Euro ergaben und der Gesellschafter der Beklagten zur Abwendung einer Insolvenz rund 400.000 Euro aus seinem Privatvermögen in die Gesellschaft investiert hatte, erhielt die Klägerin mit der Gehaltsabrechnung für den Monat November 2006 unter Hinweis auf die wirtschaftliche Situation der Beklagten die Information, dass ein Weihnachtsgeld nicht ausgezahlt werde.

In dem Arbeitsvertrag der Parteien heißt es dazu unter § 3 – Vergütung und Urlaub:

”Der Arbeitnehmer erhält ein monatliches Gehalt von 3.250,– DM brutto. Die Vergütung wird dem Arbeitnehmer jeweils zum 5. des Folgemonats ausgezahlt.

Die Gewährung sonstiger Leistungen (z.B. Weihnachts- und Urlaubsgeld, 13. Gehalt etc.) durch den Arbeitgeber erfolgen freiwillig und mit der Maßgabe, dass auch mit einer wiederholten Zahlung kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet wird.

…”

§ 12 des Arbeitsvertrages lautet:

”Nebenabreden außerhalb dieses Vertrages bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen sowie die Verlängerung des Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dieses gilt auch für die Aufhebung des Schriftformerfordernisses. …”

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe für das Jahr 2006 wieder ein Weihnachtsgeld aufgrund betrieblicher Übung zu. Diese sei durch den Freiwilligkeitsvorbehalt unter § 3 Abs. 2 des Arbeitsvertrages nicht ausgeschlossen. Die Klausel sei missverständlich. Der Formulierung sei nicht zu entnehmen, dass unter den Freiwilligkeitsvorbehalt nicht auch Leistungen vielen, die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Das erst mit Fälligkeit übersandte Informationsschreiben stehe dem Anspruch nicht entgegen. Es sei zumindest ein Widerruf erforderlich gewesen, spätestens zum Zeitpunkt der Auszahlung des Urlaubsgeldes.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 895 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, aufgrund der Regelung unter § 3 Abs. 2 des Arbeitsvertrages habe eine betriebliche Übung nicht entstehen können. Durch die Formulierungen der Absätze 1 und 2 werde deutlich zwischen Vergütung und sonstigen Leistungen unterschieden. Mangels Begründung eines Anspruchs scheide eine Anwendung des § 308 Nr. 4 BGB aus. Im Übrigen müsse auch bei Fehlerhaftigkeit der Klausel danach geurteilt werden, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Klausel bekannt gewesen wäre.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, die Regelung sei weder nach § 307 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BGB noch nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam. Der Freiwilligkeitsvorbehalt sei unmissverständlich. § 308 Nr. 4 BGB finde auf die Klausel keine Anwendung. Der Freiwilligkeitsvorbehalt sei auch nicht unangemessen, weil die dem Vorbehalt unterliegenden Leistungen die Grenze von 25 vH. des Gesamtverdienstes der Klägerin nicht überschritten habe. Es gebe auch keine Anhaltspunkte für ein Unterschreiten des Tariflohns.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 7. Mai 2007 zugestellte Urteil am 5. Juni 2007 Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30. Juli 2007 – am 30. Juli 2007 begründet.

Zur Begründung der Berufung vertritt sie die Ansicht, es liege eine wesentliche Benachteiligung vor, die besonders deshalb ins Gewicht falle, weil die Mitteilung über d...

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