Entscheidungsstichwort (Thema)

Fälligkeit der Vergütung des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats hinsichtlich Ruhens des Verfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 8 Absatz 1 Satz 2 RVG sollen die in einem gerichtlichen Verfahren tätigen Anwältinnen und Anwälte ihre Vergütung nicht nur und erst dann geltend machen können, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist, sondern unter anderem auch dann, wenn das Verfahren mehr als drei Monate geruht hat.

Die Kammer schließt sich der Auffassung an, nach der insoweit auch ein drei Monate andauernder Stillstand des Verfahrens genügt. Entscheidend ist dabei aber, dass das Gericht zu erkennen gegeben hat, dass es das Verfahren von sich aus bis auf Weiteres nicht weiter betreiben will (vgl. LAG Köln 17. November 2011 - 7 Ta 30/11, Rn. 11; OLG Karlsruhe 22. November 2007 - 5 U 147/05, NJW-Spezial 2008, 92 f.).

Einer förmlichen Ruhensanordnung im Sinne von § 251 ZPO bedarf es nicht. (Rn. 5)

2. Der Streit der Betriebsparteien über die Untersagung von Verstößen gegen § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG stellt eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit dar. Je nach Umfang und Bedeutung der Maßnahme sind der Hilfswert, ein Vielfaches oder ein Bruchteil davon anzusetzen.

Aspekte, die zur Erhöhung oder Verminderung des Wertes führen können, sind insoweit die Dauer und Bedeutung der Maßnahme sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen und die Anzahl der von der Maßnahme betroffenen Belegschaftsmitglieder (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 5. November 2020 - 26 Ta (Kost) 6053/20). (Rn. 8)

 

Normenkette

RVG § 8 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 28.09.2023; Aktenzeichen 51 BV 1287/22)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Konzernbetriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. September 2023 - 51 BV 1287/22 - abgeändert und der Gesamtgegenstandswert auf 60.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Betriebsrat hat die Untersagung der Nutzung von Analyse- und Sicherheitssystemen beantragt. Zum Einsatz sollten sechs unterschiedliche Security-Systeme mit verschiedenen Regelungszwecken gelangen. Nach anfänglicher Duldung und zahlreichen Einigungsversuchen ist der Einsatz der Systeme abgelehnt worden.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 28. September 2023, welcher den Beschwerdeführern am 6. Oktober 2022 zugestellt worden ist, für die Anträge des Konzernbetriebsrats insgesamt 30.000 Euro festgesetzt. Mit der am 20. Oktober 2023 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Beschwerde vertreten die Verfahrensbevollmächtigten des Konzernbetriebsrats, ein Betrag in Höhe von insgesamt zwölf Hilfswerten sei gerechtfertigt, da es im Rahmen des Verfahrens um Software gegangen sei, die von erheblicher Bedeutung sei, und ca. 7.000 Belegschaftsmitglieder im Konzern der Beteiligten zu 2) betreffe. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23. Oktober 2023 nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

1) Der Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts ist zulässig. Die Vergütung der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist fällig.

a) Nach § 8 Absatz 1 Satz 2 RVG soll der in einem gerichtlichen Verfahren tätige Anwalt seine Vergütung nicht nur und erst dann geltend machen können, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist, sondern unter anderem auch dann, wenn das Verfahren mehr als drei Monate geruht hat. Die Kammer schließt sich der Auffassung an, nach der insoweit auch ein drei Monate andauernder Stillstand des Verfahrens genügt. Entscheidend ist dabei aber, dass das Gericht zu erkennen gegeben hat, dass es das Verfahren von sich aus bis auf Weiteres nicht weiter betreiben will (vgl. LAG Köln 17. November 2011 - 7 Ta 30/11, Rn. 11; OLG Karlsruhe 22. November 2007 - 5 U 147/05, NJW-Spezial 2008, 92 f.). Einer förmlichen Ruhensanordnung im Sinne von § 251 ZPO bedarf es nicht.

b) Dem ist hier dadurch genügt, dass beantragt worden ist, das Verfahren terminlos zu stellen sowie den angesetzten Gerichtsterm in aufzuheben und das Arbeitsgericht dem nachgekommen ist. Hintergrund war die Fortsetzung einer eingerichteten Einigungsstelle. Die Beteiligten haben das Verfahren auch nach über einem Jahr nicht wieder aufgerufen.

2) Der Gegenstandswert beträgt 60.000 Euro.

a) Der Streit der Betriebsparteien über die Untersagung von Verstößen gegen § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG stellt eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit dar. Je nach Umfang und Bedeutung der Maßnahme sind der Hilfswert, ein Vielfaches oder ein Bruchteil davon anzusetzen. Aspekte, die zur Erhöhung oder Verminderung des Wertes führen können, sind insoweit die Dauer und Bedeutung der Maßnahme sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen und die Anzahl der von der Maßnahme betroffenen Belegschaftsmitglieder (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 5. November 2020 - 26 Ta (Kost) 6053/20).

b) Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze ist hier ein Gegenstandswert von insgesamt 60.000 Euro gerechtfertigt. Das zu sichernde Mitbestimmungsrecht dient verschiedenen Rechten der Belegscha...

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