Entscheidungsstichwort (Thema)

Beteiligungsrecht am Beschlussverfahren. Informationsrecht des Betriebsrates nur gegenüber dem Arbeitgeber

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Betriebsrat hat keinen Anspruch Sachmittel - hier: Briefumschläge und Porto - zwecks eigeninitiativer Versendung allgemeiner Informationen zur Sicht des Betriebsrats zu diesen Themen an Aufsichtsratsmitglieder oder Genossenschaftsvertreter. Eine allgemeine und eigeninitiative Information des Aufsichtsrats oder der Genossenschaftsvertreter zu aus Sicht des Betriebsrats für die Arbeitnehmer relevanten Themen gehört nicht zu den Aufgaben des Betriebsrats und begründet deshalb keinen Anspruch auf Sachmittel. Es bleibt offen, ob in besonderen Fällen wie drohenden Schäden und fehlenden bzw. ausgeschöpften anderweitigen internen Möglichkeiten für eine Information insbesondere des Aufsichtsrats oder im Falle einer vom Arbeitgeber initiierten 'öffentlichen' Erörterung der Betriebsratsarbeit im Rahmen der Vertreterversammlung im Einzelfall anderes gilt.

2. Ein Betriebsrat kann gem. § 78 BetrVG verlangen, dass der Arbeitgeber Post, die der Betriebsrat im Rahmen seiner Tätigkeit versendet, nicht durch Entnahme und Verwahrung vorübergehend dem Postlauf entzieht.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Beteiligungsrecht am Beschlussverfahren haben nur diejenigen, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen sind.

2. Der Informationsanspruch des Betriebsrates besteht nur gegen den Arbeitgeber und nicht gegen Mitglieder des Aufsichtsrates.

3. Ein Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG besteht nur bei einem groben Verstoß.

 

Normenkette

ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; BetrVG § 40 Abs. 2, § 42 Abs. 1 S. 2, §§ 78, 23 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 17.11.2017; Aktenzeichen 6 BV 2057/17)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. November 2017 - 6 BV 2057/17 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert.

Den Beteiligten zu 2. und 3. wird untersagt, den Beteiligten zu 1. in seiner Betriebsratsarbeit dadurch zu behindern, dass vom Beteiligten zu 1. in die Hauspost für den Versand gegebene Post entnommen und dem Versand vorübergehend entzogen wird, in dem die Post im Büro des Vorstands der Beteiligten zu 2. und 3. in Verwahrung genommen wird.

II. Den Beteiligten zu 2. und zu 3. wird für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtungen ein Zwangsgeld angedroht, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, höchstens jedoch EUR 10.000,00 beträgt.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über eine Information des Aufsichtsrats durch den Betriebsrat insbesondere in Form der Versendung eines vierteljährlichen Infobriefes, dafür entstehende Kosten und hiergegen gerichtete Maßnahmen.

Die Beteiligten zu 2) und zu 3) - im Folgenden: die Arbeitgeberin - unterhalten einen gemeinsamen Betrieb der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Bei der Beteiligten zu 2), einer Genossenschaft, bestehen neben dem Vorstand ein Aufsichtsrat mit neun Aufsichtsratsmitgliedern sowie eine aus derzeit 131 Vertretern bestehende Vertreterversammlung. Die Beteiligte zu 3) ist eine 100-prozentige Tochter der Beteiligten zu 3). Der Beteiligte zu 1) - im Folgenden: der Betriebsrat - ist der für diesen gemeinsamen Betrieb gebildete Betriebsrat.

Der Betriebsrat gibt vierteljährlich einen Infobrief heraus und versendet diesen teilweise per Mail, teilweise per Post an die Beschäftigten der Arbeitgeberin sowie an Mitglieder des Aufsichtsrates und der Vertreterversammlung.

Mit Schreiben vom 23. Juni 2016 teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit, man beurteile ergänzende Informationen zu den Abteilungsversammlungen grundsätzlich positiv, die Zuständigkeit des Betriebsrats erstrecke sich aber nur auf die Belegschaft. Eine Verpflichtung zur Übernahme von Kosten bestehe im Zusammenhang mit Belegschaftsinformationen, soweit diese sich auf Angelegenheiten beschränke, die Gegenstand der Rechte und Pflichten des Betriebsrats seien. Die Beurteilung und Kommentierung der unternehmerischen Ausrichtung, von Gewinnverwendungsbeschlüssen, von Vorgaben der Satzung zur Gremienzuständigkeit, der Tätigkeit des Aufsichtsrats, des Geschäftsumfangs oder der Wohnungsvergabe gehöre nicht hierzu. Personen, die verschiedene Ämter bekleideten, müssten im Sinne der Verschwiegenheit zwischen diesen unterscheiden.

Unter dem 18. August 2016 teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat Bezug nehmend auf eine Anfrage des Betriebsrats zur Übernahme von Sachkosten betreffend den Infobrief mit:

"Um die Erforderlichkeit einer Sachkostenübernahme weiterhin prüfen zu können, bitten wir Sie uns zu bestätigen, dass sich der Inhalt des zum Versand beabsichtigten Betriebsrats-Informationsblattes ausschließlich auf Angelegenheiten beschränkt, welche zum gesetzlichen Aufgabenbereich des Betriebsrats und damit zum Umfang Ihrer ehrenamtlichen Arbeit gehören. Selb...

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